Das einflußreichste Werk von Georg Lukács (1885-1971) ist zweifellos "Geschichte und Klassenbewusstsein", der Grundlagentext des westlichen Marxismus und der kritischen Theorie. Starke Beachtung fand aber auch "Die Theorie des Romans".
Zentral für Lukács ist gerade die Pluralität der Diskurse; Lukács' Denken ist stets das des - manchmal paradoxen - Miteinanders von mindestens fünf Diskursen: 1. dem manifesten Diskurs des zunächst neukantianisch, dann hegelmarxistisch operierenden Methodologen, 2. dem des Ästhetikers der geschlossenen Kunstwerke, 3. dem des paradigmenstiftenden Theoretikers des Prinzips Verdinglichung, 4. dem des politischen Philiosophen bzw. Revlutionärs und 5. dem Diskurs einer radikalen Ethik.
Habe das Buch in einem Antiquariat gefunden und zuvor lediglich kleinere Schriften von Lukács gelesen, wollte also ehe ich zu "größeren" Schriften überging (Zerstörung der Vernunft, Probleme des Realismus) eine kleine Einführung lesen. Zunächst ist die schwere Verständlichkeit zu kritisieren, für Menschen, die sich mit Literaturwissenschaft und Philosophie bestens auskennen wahrscheinlich kein Problem; für mich als Einsteiger gerade im ersten Fall jedoch furchtbar und nicht hilfreich. Hinzu kommt, was häufig kommt, wenn bürgerliche Philosophen sich Marxisten zuwenden: Komische Gegenüberstellungen von "Faschismus und Stalinismus" oder, personalisiert, von Heidegger und Lukács; der Autor scheint sich mit einigen Aspekten von Lukács' Theorie anfreunden zu können; der revolutionäre Marxismus gehört nicht dazu. (Wäre halb so schlimm, wenn wenigstens eine verständliche Einführung gegeben werden würde.) Folgerichtig endet das Buch auch mit einem Kapitel über die Ex-Marxistin Agnes Heller und ihrer Lukács-Interpretation, der Autor wird nicht müde zu betonen, dass ihre liberale, postmoderne Philosophie "erwachsener" sei, als die Philosophie des Marxismus.