Im Frühsommer 2021 half Tobias Schlegl für mehrere Wochen als Notfallsanitäter bei der Seenotrettung Geflüchteter vor der Küste Libyens – und es wurden dramatische Wochen für die Crew und ihn. Erst Schwierigkeiten bei Übungseinsätzen und das bange Warten auf den ersten Einsatz, dann: Notrufe, Verfolgungsjagden mit der libyschen »Küstenwache«, Menschen im Wasser, Menschen, die an Bord bewusstlos zusammenbrechen. Schließlich die quälende Suche nach einem sicheren Hafen für die mehr als 400 Geretteten. Über Verzweiflung und Angst, aber auch über Momente der Hoffnung schreibt Tobias Schlegl in einem Tagebuch, das sie bezeugt – die alltägliche Tragödie vor den Küsten des Mittelmeers.
Tobias Schlegl is a German TV and radio moderator, reporter, author, and musician. In 2016, he decided to mostly abandon his media career and train to become a paramedic instead.
Im knapp gehaltenen Tagebuchstil erzählt Tobias Schlegl von seiner dreiwöchigen Zeit als ehrenamtlicher Notfallsanitäter auf dem Sea-Eye 4.
Leser erhalten tolle, hautnahe Einblicke nicht nur in den Alltag auf dem Schiff, sondern auch wie es bei einer Rettung (oder besser 4 Rettungen nacheinander) zugeht und wie zermürbend und problematisch eine Irrfahrt, um einen sicheren Hafen für 400 Geretteten zu finden, sein kann.
Sea-Eye 4 und andere NGOs, die mit der Seenotrettung beschäftigen, leisten große Hilfe, wo die EU mit ihrer Abschottungspolitik schändlich versagt. Von daher leistet auch dieses Buch etwas großes - nämlich die unfassbare Situation ein menschliches, begreifliches Gesicht zu geben.
Also, warum denn nur 4 Sterne? Weil ich leider immer wieder das Gefühl hatte, in einem Werbeprospekt zu lesen.
Sea-Eye 4 ist ausschließlich durch Spenden finanziert. Sie müssen dafür irgendwie werben, um ihre Arbeit fortzusetzen, keine Frage.
Ich habe absolut nichts dagegen, wenn am Ende Spendenkontos angegeben sind, aber ein Buch als Augenzeugenbericht zu vermarkten, was sich hin und wieder als Dauerwerbesendung liest, ist etwas irritierend. (Vielleicht weil Schlegel im früheren Leben Fernsehsternchen war und es so aus dem Showbiz gelernt hat.)
Deswegen 4 Sterne und nicht 5.
Was ich aus dem Buch gelernt habe (folgendes ist alles laut Schlegl):
- Nicht nur Afrikaner versuchen von Libyen aus zu fliehen. Es gibt eine bunte Mischung aus Nationalitäten und Gründe für die Flucht.
- Viele fliehen, besonders Frauen mit Kleinkindern, weil sie irgendwo gefangen genommen waren, um als Sklavinnen an Libyer verkauft zu werden, wo sie mit Hunger, Folter und ständige Vergewaltigungen leben mussten. Viele würden erst dann schwanger, bevor sie entkommen können und auf dem Meer ihr Glück versuchen.
- Fast alle Flüchtlinge wissen, dass sie höchstwahrscheinlich im Mittelmeer umkommen werden. Sie nehmen den Tod in Kauf. Aussagen von Politikern, von wegen Migranten nur die Überfahrt wagen, weil sie wissen, ein Rettungsschiff sei in der Nähe, sind vollkommen falsch. Die Fliehenden haben keine Ahnung, wo oder ob Rettungsschiffe da sind und es ist denen auch egal. Sie werden es trotzdem wagen, mit oder ohne NGOs.
- Flüchtlingslager in Libyen sind eigentlich KZ Lager mit einem sehr hohen Todeszahl. Niemand will (wieder) dorthin, aber Frontex - und daher auch die EU - arbeitet in der Praxis so halbe-halbe mit der Küstenwache, um Flüchtlingsboote auf zu greifen und wieder dorthin zu verfrachten.
Wie Schlegl, frage ich mich auch, ob es auch so gehandhabt wäre, wenn wir von fliehenden *weißen* Menschen sprechen würden und nicht von dunkelhäutigen.
Ich habe die rote Pille aus Matrix geschluckt - das hatte ich auch schon vor dem Buch „See.Not.Rettung. - Meine Tage an Bord der Sea-Eye 4“ von Tobias Schlegl - aber diese rote Pille war noch einmal stärker.
Menschen sterben auf der Flucht im Mittelmeer - Europa steht am Rand und schaut zu. Zum Glück gibt es zivile Seenotrettung und zum Glück haben noch nicht alle diese Organisationen ihre Arbeit eingestellt, auch wenn die Behörden alles daran setzen, es den Crews und Organisationen möglichst schwer zu machen.
Tobias Schlegl beschreibt in seinem Buch schonungslos seinen Einsatz auf der Sea-Eye 4 und wie er daran beteiligt ist, das Leben von 409 Personen vor dem wahrscheinlich sicheren Ertrinkungstod oder der Rückführung nach Libyen zu retten.
Danke für den Einsatz aller Menschen in der zivilen Seenotrettung. Danke an Tobias Schlegl für dieses Buch.
Tobias Schlegl berichtet in seinem Tagebuch emotional und hautnah über jeden Tag im Einsatz auf der Sea-Eye 4 und zeigt dabei nicht nur die harten Aufgaben des Ehrenamtes, sondern auch die schier endlose Ungerechtigkeit, die einige Kilometer vor Lybiens Küste auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wird. Man kann sich nicht wirklich vorstellen wie das Leben an Board ist, durch Lesen dieses Buches kriegt man jedoch zumindest einen bleibenden Eindruck.
Schlegl schildert seine Erlebnisse mit allen Höhen und Tiefen, inklusive des Behördenirrsinns innerhalb der EU und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten für alle Beteiligten!
Durch dieses Buch wird einem erst mal wieder klar, wie gut es einem geht und dass es anderen noch viel schlechter geht und diese Leute jede Hilfe benötigen!
Von mir gibt es das Prädikat "Sehr lesenswert", das gilt auch schon für seinen Debütroman 'Schockraum', der meiner Meinung nach ziemlich authentisch ist...
Lieber Tobi, Danke für beide Bücher und deinen Einsatz dort, wo es erforderlich ist...
Ich habe lange nicht so ein spannendes und interessantes Buch gelesen.
Ich kenne Tobias Schlegl nur aus seiner VIVA-Zeit und man merkt er ist erwachsen geworden. Er schreibt hier über seine Eindrücke auf der Sea Eye 4, seine Ängste und seine Zweifel. Man erfährt einiges über die Gründe der Flüchtenden.
Sehr beeindruckend und hoffentlich für manche auch aufrüttelnd.
Oh. Mein. Gott. Dieses Buch hatte mich. Von Inhalt über Vermittlung bis Sprache. Manchmal wollte ich es weglegen, weil ich es eigentlich nicht ausgehalten habe, aber irgendwas hat mich immer wieder zurückgezogen und zum Weiterlesen gezwungen. Alter. Das war intensiv.
Ich habe das Buch richtig „genossen“. Natürlich nicht das Thema, sondern weil es richtig gut geschrieben war. Es hat einen mitgenommen, gedanklich in das Thema versetzt und einen weiter beschäftigt.
ich hab rotz und wasser geheult. soooo ein gutes buch. man fühlt sich sehr gut in die lage hineinversetzt durch die tagebuchschreibweise. jeder mensch sollte es lesen.