Eine erzählerische Zeitreise in den Alltag der NS-DiktaturDer Feldzug für eine gesunde Lebensweise, der Kult um den Körper, der Ruf nach der Gemeinschaft – so manches, was den Alltag im »Dritten Reich« prägte, erscheint uns heute erschreckend vertraut, wie Tillmann Bendikowski in diesem Buch zeigt. Aber konnte es damals überhaupt so etwas wie ein »normales« Leben inmitten der Diktatur geben? Der Autor begibt sich auf eine erzählerische Zeitreise in die (auch zeitliche) Mitte der NS-Herrschaft, indem er das Alltagsleben der Deutschen während einer Spanne von zwölf Monaten zwischen Dezember 1938 und November 1939, als schon der Zweite Weltkrieg tobte und auch das missglückte Attentat im Münchener Bürgerbräukeller das Regime nicht mehr stürzen konnte. Ein neuer, ungewöhnlicher Blick auf das Leben der Deutschen im Alltag der Diktatur.
Tillmann Bendikowskis Buch war ein Spontankauf. Der Titel hatte mich sofort angesprochen und ich war neugierig, wie der Autor, der ja laut Klappentext über Friedrich den Großen, den Ersten Weltkrieg und das Mittelalter geschrieben hat, mit der Sozialgeschichte im NS umgehen würde. Bendikowski greift sich aus jedem Monat des Jahres 1939 ein Ereignis heraus, das er dann thematisch auffächert, z.B. den Muttertag, von dem ausgehend er die Geschlechterverhältnisse und die NS-Frauenpolitik, sowie den Einfluss der Jugendorganisationen beschreibt. Für mein Empfinden übrigens eines der besten Kapitel, weil es dem Anliegen im Titel am ehesten gerecht wird, "Das ganz normale Leben in der Diktatur" zu beleuchten. Auch die Kapitel über den Kriegsbeginn und über die (schwindenden) Möglichkeiten des Exils haben mir gut gefallen. So war mir z.B. nicht bewusst, dass Schanghai einer der letzten Orte war, in den Deutsche bis Mitte 1939 noch ohne Visum einreisen konnten. Insgesamt hat diese Struktur für mich gut funktioniert, weil ich am Ende eine Idee davon hatte, was im Jahr 1939 in Deutschland passiert ist und wie die Menschen gelebt haben. Die vielen gut gewählten Fotos haben den Eindruck hervorragend ergänzt. Bendikowski geht in den Kapiteln immer auch auf die Verfolgten des NS ein und arbeitet den Unrechtscharakter des Regimes heraus. Es gibt allerdings auch Formulierungen, bei denen ich gestutzt habe, wenn er z.B. von "Deutschen mit jüdischer Religion" redet, die verfolgt werden, oder wenn er statt "Einsatzgruppen" von "-truppen" schreibt. Mit Bendikowskis Stil bin ich nur mäßig zurechtgekommen. Historische Situationen beschreibt er z.T. lebhaft, fast reportagenhaft. Es ist verständlich, dass er für ein breites Publikum keinen staubtrockenen Ton anschlagen will, für mich waren seine Ausführungen an einigen Stellen zu weitschweifig und ich hätte mir gewünscht, dass er schneller auf den Punkt kommt.
Aufgrund der Vorstellung dieses Buchs im Eat Read Sleep-Podcast (Folge 58) habe ich es mir gekauft. Wie haben die Deutschen im Dritten Reich gelebt in der Zeit zwischen Dezember 1938 - November 1939?
Jedem Monat ist ein Thema gewidmet, z.B. wie wurde das Weihnachtsfest 1938 verbracht, welche Geschenke wurden empfohlen, welche Lieder wurden gesungen, um das Fest vom christlichen Ursprung zu entfernen? Für April war das Thema der 50. Geburtstag Hitlers, dass dieser Tag zum Feiertag erklärt wurde, die Deutschen ihm Geschenke oder Briefe geschickt haben und ihn wie von Gott gesandt verehrt haben. Oder auch wie der Muttertag im Mai 1939 begangen wurde im Zusammenhang mit dem Mutterverdienstkreuz und der Wahrnehmung der Mütter. Interessant, dass die Gesundheit und Bildung der Deutschen bei weitem nicht so gut war, wie erwartet, schließlich ist der Deutsche ja da, um dem Volk zu dienen, der individuelle zählt nicht mehr. Spannend auch die "Kraft durch Freude" Bewegung, die z.B. den KdF-Wagen (der nie ausgeliefert wurde) oder Erholungsreisen (als Pauschaltouristen zweiter Klasse) versprach.
Mir hat die Schilderung sehr gefallen, weil eben auch viel aus dem Alltag berichtet wurde, wie z.B. die Straßensammlungen zugunsten der Soldaten, die Eintopf-Sonntage der Solidarität. Vielfach auch die Sicht von Betroffenen, die ins Exil gehen mussten und ins Ungewisse aufbrachen, teilweise nicht aufgenommen wurden.
Ich habe vieles neues aus dem Buch entnommen, es war interessant beschrieben und erschreckend, wie blind die Deutschen dem selbsternannten "Führer" gefolgt sind. Natürlich gab es auch die anderen wie Georg Elser, der als Alleingänger am 8.11.1939 im Bürgerbräukeller München ein Attentat auf Hitler verübt hat, dieser aber knappe 20 Minuten vorher den Saal verlassen hat. Woraufhin der Wahn der Deutschen zunahm, die Hitler unter dem Schutz Gottes wähnten, weil er überlebt hat... Oder auch Kriegsdienstverweigerer, die ihre Überzeugung mit dem Leben bezahlt haben.
Vielseitige Darstellung, die mir den Alltag im Hitlerdeutschland nochmal näher gebracht hat.
Die Kapitel sind mit zahlreichen Zitaten versehen aus der damaligen Zeit und etlichen Fotos.
Gut zu lesen, mit einem umfassenden Quellenanhang, tatsächlich sind es nur 481 Seiten Text, der Rest sind Anhänge.
Dezember 1938 bis November 1939: 12 Kapitel werfen jeweils einen genaueren Blick auf den Alltag im Dritten Reich - von politischen Organisationen, Erziehung, Religion, Gesundheitsversorgung bis hin zum Start des Krieges. Die Organisation des täglichen Lebens in der Gemeinschaft - sei es als unauffälliger Mitläufer oder begeisterter Unterstützer - wird spürbar. Ein äußerst lesenswerter Eindruck
In „Hitlerwetter“ geht es um das letzte Jahre relativer Normalität im Dritten Reich das für viele Menschen schon lange nicht mehr normal war. Der Autor startet mit der letzten Friedens-Weihnacht 1938 und erzählt sich bis ein Jahe später durch. In diesem Jahr, in dem der Krieg ausbricht, beschreibt er die Deutschen zwischen Normalität, Denunziation, zwischen Sonntagsspaziergängen, Sportveranstaltungen, Urlaub, KZ und Exil. Ein zerrissenes Land, in dem sich die Mehrheit schon längst über die Minderheit erhoben hat und man sich an den Alltag im Totalitarismus zu klammern versucht, soweit das 1938/39 noch möglich ist.
Ich „mochte“ das Buch weil es dieses letzte Jahr relativen Friedens für die Mehrheit der „braven Deutschen“ in seiner Komplexität auch sehr detailliert darstellt. Friedlich ist da natürlich gar nichts mehr, während man „Heil“-rufend auf den Untergang zusteuerte. Oder anders ausgedrückt: die Wahrnehmung von Gewalt war sehr ungleich verteilt. Während sich brave Deutsche das Maul verbieten ließen und als mal gierige, mal ignorante und auch mal gesellige „Volksgemeinschaft“ ihren Alltag rumbrachte, war für die meisten Jüd:innen, Kommunist:innen oder Regimegegner:innen schon längst nichts mehr normal.
Wie sehr der Nationalsozialismus in den Alltag all dieser Deutscher übergriff und von den meisten von ihnen gestützt wurde, kann man hier sehr detailliert und gut erzählt nachverfolgen.
Not that it's bad, but it's too anecdotal. Happy people worshipping H. and doing H.-stuff page after page. I was expecting a little more depth. It might come later, with the start of the war, but I have no time to wait and see if books that I'm not really keen on reading start to get good at some point, with a few exceptions. This is not one of those. So to the dnf-pile it goes - in this case back to the library.
"Hitlerwetter" is a book, that describes the normal days of the civilization in the NS-Dictatorship. Tillmann Bendikowski explains in the captures different parts of the daily routine. From Christmas, religion, health, vacation till the beginning of the Second World War. It clarifies the influence of the NS-regime in every part of the life
Flüssig und flott geschrieben. Interessant da es das Alltagsleben 1938/39 beleuchtet! Was mir so grösstenteils nicht bewusst war. Und auch mal wieder belegt wie unfähig das Regime eigentlich in den meisten Belangen war. Sollte Pflichtlektüre, wie viele andere Bücher über 3. Reich für die Neo-Ewiggestrigen werden! Wird wohl nicht klappen