Für ihren Essay »Die Verteidigung der Poesie in Zeiten dauernden Exils« wird Volha Hapeyeva mit dem WORTMELDUNGEN Ulrike Crespo Literaturpreis für kritische Kurztexte 2022 ausgezeichnet. In ihrem herausragenden Text setzt Hapeyeva »despotischen Machtstrukturen ein poetisches, nomadisches Denken entgegen«, so die Jury. »Dabei zielt sie vor allem auf die Kraft der Sprache ab: Sie zeigt, dass Diktaturen Sprachpolitik für ihre Zwecke nutzen, dass sie ihre eigene Sprache etablieren, dass Worte töten können. Und dass Diktaturen Kunst und Poesie unterdrücken, weil sie Mittel des kritischen Denkens sind, die ihnen gefährlich werden können.«
In diesem Band ist Hapeyevas Essay zu finden, drei Gedichte von ihr (übersetzt von Matthias Göritz), ein Interview mit der Autorin, sowie ein Vorwort von Sandra Poppe und Christiane Riedel und eine Laudatio auf die WORTMELDUNGEN-Preisträgerin von Sighard Neckel.
Volha Hapeyeva hat mir mit ihrem Buch „Die Verteidigung der Poesie in Zeiten dauernden Exils“ sehr aus der Seele gesprochen. Das Gefühl, dass wir mit Sprache vorsichtig sein, sie behutsam und klug anwenden müssen, begleitet mich schon immer. Dass Worte verletzen können, wissen wir. Hapeyeva zeigt in ihrem Essay auf, dass Worte töten können. Diktatorische Systeme etablieren eine eigene Sprache, die prägend ist für die „Wirklichkeitserklärung“ und „Welterfassung“ ihrer Bevölkerung. Sprache als Mittel zur Ausgrenzung, Manipulation und Anwendung von Gewalt. Die Autorin gibt ein eindringliches Beispiel anhand von Euphemismen: „Die Worte, die ursprünglich dazu gedacht sind, das zu mildern, was unangenehm klingen könnte, werden oft dazu verwendet, schreckliche Ereignisse zu vertuschen und Verbrechen und Gräueltaten zu verschleiern. So nannten die Japaner während des Zweiten Weltkriegs die Sexsklavinnen in den Militärbordellen »comfort women« (»Trostfrauen«). Es ist müßig zu erklären, aus wessen Sicht sie als Trostfrauen dargestellt wurden (S.25).“ Hapeyeva glaubt an die Bedeutung der Poesie als ein Mittel, um Empathie auszudrücken und 'Herzens'-Bildung zu verbreiten. Poesie/Literatur und meiner Meinung nach alle vielfältigen Formen von Kunst und Kultur sind Mittel des kritischen Denkens und der Auseinandersetzung und lehren uns menschlich zu sein und im Gegenüber den Menschen zu sehen/zu erkennen.
Für dieses Pläydoyer, der Sprache und Poesie mehr Aufmerksamkeit zu schenken und stereotype Denkweisen zu zerschlagen, hat Volha Hapeyeva den Wortmeldungen Literaturpreis 2022 gewonnen. Gratulation an die Autorin für den so wichtigen und wundervollen Text❤️
Lest das bitte alle.
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