Annabel Wahba sitzt am Bett ihres schwer kranken Bruders André. Von einem Bild schaut der Totengott Anubis auf ihn herab. Sie erinnert sich an die gemeinsame Kindheit in der Kleinstadt, in der ihre deutsch-ägyptische Herkunft etwas Exotisches war. In Andrés letzten Stunden unternimmt die Erzählerin eine Reise in ihre Familiengeschichte.
Zu den Vorfahren im München des Zweiten Weltkriegs. Ins New York der Fünfzigerjahre, wo ihre Mutter einst arbeitete. Ins Nildelta, wo ihr Vater aufwuchs und die Eltern noch die Ehepartner für die Kinder aussuchten.
Sie kann ihren Bruder nicht festhalten, dafür aber, was sie beide und ihre Eltern vor ihnen erlebt haben als ägyptisch-deutsche Chamäleons.
Annabel Wahbas Roman "Chamäleon" war so ganz anders, als der Klappentext und die vermeintlichen Leserstimmen erahnen ließen.
Klappentext: Als ihr Bruder schwer erkrankt, kehrt Annabel in ihren Heimatort zurück. Von einem Bild über Andrés Bett schaut der ägyptische Totengott Anubis auf sie herab. Sie erinnert sich an die gemeinsame Kindheit in der bayerischen Kleinstadt, in der ihre Herkunft etwas Exotisches war. In Andrés letzten Stunden übernimmt die Erzählerin eine Reise in ihre Familiengeschichte. Zu den Vorfahren ins München des Zweiten Weltkriegs. Ins New York der Fünfzigerjahre, wo ihre Mutter einst arbeitete. Ins Nildelta, wo ihr Vater aufwuchs und die Eltern noch die Ehepartner für die Kinder aussuchten. Annabel kann ihren Bruder nicht festhalten, dafür aber das, was sie beide und vor ihnen ihre Eltern erlebt haben als Chamäleons zwischen den Welten.
Stimmen wie "Eine Tausendundeine-Nacht-Geschichte aus der bayerischen Provinz." und auch "Eine lebendige, vielfarbige und mitreißende Familiengeschichte.", ließen mich im Vorfeld an wunderschöne Anekdoten, fröhliche und traurige Momente voller Gefühl denken. Doch weit gefehlt: Im Endeffekt war der ganze Roman sehr nüchtern. Gespickt mit Unmengen an politischen und geschichtlichen Hintergrundinformationen, fehlte mir hier leider die Leidenschaft und Liebe, welche ich erwartet habe. Einfach das Gefühlvolle. Kurz gesagt, das Buch war mir persönlich zu glatt und beherrscht und die vermeintlichen Leserstimmen im Nachhinein viel zu überzogen. Mein Herz wurde wider erwarten überhaupt nicht angerührt und das obwohl ich mit Tränen und Schmerz meinerseits gerechnet hatte, da mich solche persönlichen Geschichten normalerweise absolut mitnehmen. Sehr positiv aufgefallen ist mir hingegen der Schreibstil von Wahba. Dieser ist sprachlich wirklich sehr angenehm zu lesen und war auch der Grund, warum ich dieses Buch überhaupt zu Ende gelesen habe. Ein anderer Grund war der Scharfsinn mit dem Wahba die Geschichte ihrer Familie erzählt, obwohl wahrscheinlich gerade diese Scharfsinnigkeit schuldig daran ist, dass dieses Buch so beherrscht wirkt.
Flüssig erzählte Familiengeschichte mit Besonderheiten. Die Autorin erzählt die Geschichte ihrer deutsch-ägyptischen Familie, wobei sie zwei Erzählstränge entrollt und mit der Heirat der Eltern im Jahr 1960 zusammenfügt.
Ich freue mich wirklich sehr, dass ich bei der Bloggeraktion gewonnen habe, aber ich fand das Buch höchstproblematisch und wirklich - ganz offen und ehrlich - schlecht. Die Autorin baut sich eine Identität auf, mit der ihre Familie eigentlich nichts zu tun hat. Deswegen hat es sich teilweise so gezwungen angefühlt. Die Tatsache, dass die ganze Familie mit einer Herkunft quasi den Kontakt abgebrochen hat nach ihrer Rückkehr zeigt eigentlich diese zwanghafte Aneignung der Idenität, die wirklich nur durch Blut, aber ganz sicher nicht durch Sprache, Herkunft, Traditionen, Kulturen, Werten, und so viel mehr vermittelt wird. Diese ständige Bestätigung, dass sie ja eh auch Halb-Europäerin seien, war so anstrengend zum Lesen.
Ich fand's auch krass, wie die Autorin ständig Vergleiche gezogen hat und dabei Deutschland bzw. deutsche oder nicht-religiöse Werte als fortgeschritten beschrieben hat: als sie erfahren haben, dass ihr Vater in den 60er Jahren doch Sex vor der Ehe als religiöser Mensch hatte, bezeichnet sie ihn als "nicht so weltfremd", als wäre das eine Schande, wenn er damit gewartet hätte. Wie judgy kann man sein?
Am allerschlimmsten in dem Buch fand ich aber die Art der Autorin Ägpten immer als. rückständiges Land zu bezeichnen: angefangen beim Erblicken einer Müllhalde, wenn sie das Fenster öffnen über die Beschreibung des Verkehrs bis hin zum Essen, fand ich das alles höchstproblematisch. Ägypten ist so viel mehr, als wie sie es beschreibt. Es war überhaupt nicht spannend zu lesen, es passieren wortwörtlich keine Highlights, ihre Lebensgeschichte unterscheidet sich kaum bis gar nicht von den Standard-Halb Ägypter*innen. Das größte Highlight war, wenn überhaupt, Jehan Sadat zu treffen. Es passieren absolut keine Handulungen, sondern nur eine chronologische Erzählung eines Lebens, das aber keinerlei Besonderheit hat. V
ielleicht wollte die Autorin eine emotionale Lücke füllen, die sie seit Jahrzehnten beschäftigt, aber unterhaltsam war das Buch (und ihr Leben) ganz sicher nicht.
Ein Nachsehen nach den Neuzugängen meiner Bibliothek zählt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Es gibt Wochen, in denen kein E-Book hochgeladen wird. Und dann gibt es Tage, an denen gleich mehrere Dutzend Bücher zugänglich gemacht werden. Leider habe ich nicht immer die Zeit jedes Buch einzeln nach dem Inhalt und Rezensionen für mich zu bewerten. Deswegen überprüfe ich die Neuzugänge meistens nur nach bekannt klingelnden Namen der Autorinnen und nach den Covers. Bei diesem Buch hat das Coverbild für mich entschieden. Was Marketing betrifft, bin ich eindeutig die Probandengruppe, die immer die Bücher interessant findet, auf denen Gebirge abgebildet sind. Und da ich auch relativ wenig über die moderne Geschichte Ägyptens wusste, musste ich nicht lange überlegen um auf „vormerken“ zu klicken.
Annabel Wahba verfolgt in ihrem Buch die Geschichte der Großeltern und Eltern der Hauptfiguren, die aus Bayern und Ägypten kamen. Dabei gelingt es ihr die mehreren Handlungslinien interessant zu gestalten. Obwohl nicht besonders viel los war (wenn man so etwas tatsächlich über das Ende von WWII sagen kann), war das „normale“ Leben der Familienmitglieder für mich spannend genug um in einem langsamen Lesetempo voranzukommen. Nach 40% des Buches musste ich dann die Entscheidung treffen, ob ich das Buch erneut vormerken will (die Lesefrist ist abgelaufen) oder nicht. Ich musste mir zugestehen, dass ich das Buch zwar interessant fand, dennoch war es nicht interessant genug um eine mehrwöchige Lesepause einzulegen und erst dann weiterzulesen.
Vor diesem Hintergrund – es war ein ganz nettes Buch, leider war (für mich) die Handlung nicht spannend genug um auf meine weitere Weihnachtslektüre zu verzichten.
"Viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Wenn ich nun ab deinem Bett sitze und dir die Geschichte unserer Familie erzähle, erzähle ich nicht um dein Leben, sondern gegen deinen Tod." S.16
Und so erzählt Annabel Wahba die Geschichte ihrer gemeinsamen Familie, die ihre eigene Identität und die ihrer bayrisch - ägyptischen Geschwister geprägt hat. Der Tod ihres Bruders führt sie zur Auseinandersetzung mit der Geschichte ihrer Vorfahren, sowohl in Deutschland als auch Ägypten, die mit ihrem Tun und ihrem Handeln das Leben der folgenden Generation beeinflusst haben.
"Das Chamäleon" ist ein Buch über den Abschied, aber auch über das, was bleibt, wenn wir gehen. Dabei ist es nicht traurig, sondern warmherzig, hoffnungsvoll und manchmal ein wenig melancholisch, eigentlich so wie das Leben selbst.
Denn was den Tod überdauert, sind die Erzählungen und die gemeinsamen Erinnerungen.
Annabel Wahba gelang es von der ersten Seite an mich zu fesseln. Ihr Schreibstil ist niveauvoll und ansprechend. Sie schaut direkt hin, richtet das Erzählte an ihren Bruder und ich hatte als Leserin das Gefühl in die intimen liebevollen Momente der gemeinsamen Erinnerung eingeweiht zu sein.
Von der ersten bis zur letzten Seite hat mich Annabel Wahbas Buch, ihr Geschichte, die ihrer Familie, ihres Bruders begeistert und berührt. Ihre Art zu schreiben hat mich mitten ins Geschehen hineingenommen. Es war ein Suchen, Aufbrechen, Zusammenfinden. Am Ende des Buches war ich traurig, weil ich wusste, was das bedeutet und weil ich so gerne noch mehr gehört hätte. All die kleinen Details und Erwähnungen von Erinnerungsstücken, Fotos und Schätzen im Keller habe ich aufgesogen. Das Buch hat die Tür hinaus in die Welt geöffnet.
Vielen Dank für dieses wunderbare Buch! Ich kann mich mit der Autorin sehr gut identifizieren und bin beeindruckt, wie sie ihre eigenen Erlebnisse und die Erinnerungen aus ihrer Familiengeschichte nüchtern wiedergibt und dennoch ein emotional tiefgründiges Bild malt. Ich war beim Lesen tief bewegt und bin dankbar, die Perspektive eines weiteren Chamäleons kennengelernt zu haben.
Schöne Familiengeschichte, das Zusammenführen zweier Welten von Vater und Mutter und trotz verschiedener Religion gleiches Werte und Normen Verständnis. Und was es bedeutet für die Kinder ein Chamäleon zu sein.
Annabel Wahba schreibt mit Chamäleon einen autofiktionalen Roman. Ihr Bruder liegt im Sterben und sie erzählt ihm ihre Familiengeschichte. Das Buch ist im gewissen Sinne eine Suche nach der Identität: Annabel ist das dritte Kind eines ägyptischen Vaters und einer deutschen Mutter. Ihre beiden älteren Geschwistern sind in Ägypten geboren, sie allerdings kennt ihre ägyptische Familie lange Zeit nur aus Geschichten. Es kommt so rüber, als ob sie sich sehr gerne als Ägypterin identifizieren will, allerdings hält sie auch krampfhaft fest, dass sie ja (Halb-)Europäerin ist und betrachtet Ägypten auch von dieser Identität aus. Ein Chamäleon halt, der seine Farbe an seine Umgebung anpasst. Der Roman fließt so dahin, es ist kein Spannungsbogen da. Es ist zwar schön geschrieben, aber bleibt nicht wirklich im Gedächtnis.