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Einmal noch sterben

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Februar 2003. Nach den Anschlägen von New York steht der Krieg gegen den Terror vor einem ersten Höhepunkt: Die USA und ihre Verbündeten bereiten sich darauf vor, in den Irak einzumarschieren. BND-Agent Frank Jaromin ist gerade von einem Einsatz in Bosnien zurückgekehrt und will sich eigentlich um seine zerstrittene Familie kümmern. Da kommt ein hochbrisanter Auftrag aus dem Kanzleramt: Eine irakische Regimegegnerin behauptet, die Vorwürfe, die den Krieg legitimieren, seien erfunden, es gebe im Irak nachweislich keine Massenvernichtungswaffen. »Curveball« – jener Informant, auf dessen Aussage die Vorwürfe basieren – lüge. Der BND schickt Frank Jaromin mit zwei Kollegen daher in geheimer Mission nach Bagdad, um die Beweise der Dissidentin zu sichern und den Krieg im letzten Moment zu verhindern. Das aber liegt nicht im Interesse einer Gruppe einflussreicher politischer Akteure – ganz im Gegenteil. Und schon bald kämpft Frank Jaromin um sein Leben …
Dem fünffachen Deutschen-Krimipreis-Träger Oliver Bottini gelingt mit seinem neuen Roman ein Meisterwerk des Spionagethrillers – politisch brisant und absolut mitreißend.

432 pages, Hardcover

Published August 16, 2022

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About the author

Oliver Bottini

32 books18 followers
Oliver Bottini, in Nürnberg geboren, studierte in München Neuere deutsche Literatur, Italianistik und Markt- und Werbepsychologie. Er erhielt für seine beiden Kriminalromane »Mord im Zeichen des Zen« und »Im Sommer der Mörder« jeweils den Deutschen Krimi Preis. Beide Romane standen monatelang auf der KrimiWelt-Bestenliste und wurden in mehrere Sprachen übersetzt. 2007 wurde er für den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte Roman nominiert. Sein dritter Roman, »Im Auftrag der Väter«, stand 2007 auf der Shortlist des Münchener Tukan-Preises. Auch der vierte Roman, »Jäger in der Nacht«, war sehr erfolgreich. Oliver Bottini lebt in Berlin.

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Displaying 1 - 12 of 12 reviews
Profile Image for Schubi.
103 reviews4 followers
December 7, 2024
Hab ich auf Verdacht als Mängelexemplar gekauft. Boah war das gut! Richtig spannender Spionagethriller im Umfeld der Vorboten des Irakkriegs 2003.
Profile Image for Jonas.
62 reviews1 follower
January 6, 2023
Mein erstes Buch von Bottini, und direkt ein Anwärter für eines der oberen 10% dieses Jahr. Auch wenn es gerade erst begonnen hat.

MIt ~450 Seiten hatte ich zunächst Sorge, dass sich ein Thriller, der sich mit dem Irak Krieg beschäftigt, nicht genug Zeit nimmt. Sicherlich hätte Bottini einigen Szenen, oder auch einigen Charakteren, mehr Raum geben können. Aber dass er das nicht tut, schadet dem Buch kaum.
Denn dadurch entsteht ein "fast paced" Thriller, den man nicht mehr aus der Hand legen möchte. Man liest sich selber in die Verschwörung weiter rein, spürt die selbe Ungläubigkeit - und hat selber Momente, in denen man sich nicht mehr sicher ist, nicht mehr weiß, wem man nun trauen kann, und wem nicht.

Nach dem, was ich von Bottini's anderen Büchern gelesen habe, scheint er abwechslungsreiche Themen aufzugreifen, und ich freue mich schon darauf, weitere Bücher von ihm zu lesen.

Klare Leseempfehlung für alle Fans von Intrigen, ein bisschen Action, und auch Drama.
Profile Image for Gunnar.
389 reviews14 followers
October 31, 2022
Sein Leben kann nur so enden. Hier, an diesem Tag, die Mündung seiner eigenen Pistole am Kopf. Weil er nichts versteht von dem Leben, das er sich ausgesucht hat.
Er wartet auf die Kraft der Verzweiflung, doch sie kommt nicht. Wie auch, er ist in diesem einen langen Krieg zu viele Tode gestorben.
Einmal noch sterben, denkt er fast erleichtert. Dann ist dieser lange Krieg endlich vorbei.
Er hört den Tod, spürt ihn nicht. (Auszug E-Book Pos. 2666)

Am 05. Februar 2003 hatte US-Außenminister Colin Powell einen großen Auftritt im UN-Sicherheitsrat. Anhand angeblicher Quellen und mit zahlreichen Fotos und Satellitenaufnahmen garniert, lieferte Powell vermeintlich die Beweise für ein Bio- und Chemiewaffenprogramm von Iraks Diktator Saddam Hussein. Damit war trotz Gegenmeinungen und Weigerung einiger Verbündeter (u.a. Deutschland) der Weg frei für den zweiten Irakkrieg und den Sturz des Saddam-Regimes. Stabilität und Demokratie hat dies nicht wirklich in die Region gebracht.

Die Hauptquelle für die Amerikaner war damals eine Quelle des BND, der irakische Asylbewerber Rafid Ahmed Alwan, genannt Curveball. Er lieferte aus Sicht des BND zunächst glaubhafte Aussagen, als Ingenieur am Bio- und Chemiewaffenprogramm des Irak beteiligt gewesen zu sein. Aussagen, die die Amerikaner mangels eigener Quellen gerne aufnahmen. Nach und nach wurde Curveballs Glaubwürdigkeit in Zweifel gezogen, zumal im Laufe des Irakkriegs keine entsprechenden B- und C-Waffenarsenale gefunden wurden. 2011 gab Alwan schließlich zu, hierüber gelogen zu haben. Soweit die historische Ausgangslage für Oliver Bottini, die er nun in seinem neuesten Politthriller verarbeitet hat und um eine interessante Variante ergänzt: Was, wenn BND und die Amerikaner schon früh von Curveballs Lügen wussten bzw. ihn bewusst zu einer falschen Quelle aufgebaut haben?

Im Frühjahr 2003 steckt die deutsche rot-grüne Regierung in einer ungünstigen Lage. Deutschland hat nach 9-11 am Feldzug gegen al-Qaida in Afghanistan teilgenommen, eine Beteiligung an einem Krieg im Irak aber auch aus wahltaktischen Gründen früh ausgeschlossen. Aber ausgerechnet eine Quelle des BND liefert den Amerikanern den Kriegsgrund. Das Kanzleramt und der Geheimdienstkoordinator möchten Curveball auf den Zahn fühlen und beauftragen die BKA-Beamtin Hanne Lay, Curveball zu befragen. Zeitgleich meldet sich der französische Geheimdienst: Eine Informantin in Bagdad kann angeblich Beweise gegen Curveball liefern. Die Deutschen sollen helfen, die Informantin und die Beweise zu sichern. Somit schickt der Geheimdienstkoordinator ein Team des BND nach Bagdad. Entwicklungen, die einigen Personen im deutschen Geheimdienstmilieu überhaupt nicht gefallen. Curveball als glaubwürdiger Zeuge muss unter allen Umständen geschützt werden. Dafür ist man auch bereit, eigene Leute zu opfern.

Drei Personen stellt Autor Oliver Bottini ins Zentrum der Geschichte, die sich vorwiegend in ihren Perspektiven abwechseln. Frank Jaromin ist BND-Agent, abkommandiert von der Bundeswehr und als Scharfschütze im Einsatz. Seine Familie weiß nichts von seinen Geheimoperationen, sie zerbricht so langsam unter den Heimlichkeiten und seinen Dämonen, die er mit Tabletten und Alkohol bekämpft. Jaromin ist vor allem von seiner Frau und seinem 14jährigen Sohn entfremdet, einzig seine 11jährige Tochter Alina hat noch eine enge Bindung zu ihm. Jaromin wird – so viel darf ich spoilern – zum Sündenbock für den verpatzten Einsatz in Bagdad. Hanne Lay ist Sonderermittlerin des BKA im Auftrag des Kanzleramts, muss sich aber der Täuschungs- und Tarnungsaktion des BND erwehren. Ihre Gegenmaßnahmen bringen sie selbst aber in hohe Gefahr. Persönlich leidet sich bis heute unter dem Trauma, dass als sie noch ein Kind war, ihre Eltern in ihrem Beisein von einem Einbrecher ermordet wurden und der Mörder nie gefasst wurde. Letztlich Hans Breuninger, ehemaliger Präsident des BND, immer noch gut vernetzt und Kopf einer Geheimgruppe, die eng mit konservativen Kräften in den USA zusammenarbeitet. Ein alter Mann, dem nicht viel bleibt außer seinem alten Hund und ein nicht zu unterschätzender Rest an Macht, und an dem der Tod seines Sohnes nagt, der beim Einsturz des World Trade Centers ums Leben kam.

Männer wie Sie, die gegen die Drachen kämpfen und dabei blind und taub geworden sind in ihrer vermeintlichen Unentbehrlichkeit. Blind tappen sie in schlichte Fallen, taub hören sie Wörter, die nicht gefallen sind, unfehlbar töten sie Menschen, die sie hätten beschützen müssen. Und damit sie bleiben, wie sie zu sein glauben, manipulieren sie ihren Körper mit Medikamenten, den Verstand mit Alkohol, die Seele mit ihren Legenden. (Auszug E-Book Pos. 3238)

Oliver Bottini ist neben seiner Reihe um die Freiburger Kommissarin Louise Boní (die auch immer sehr politisch war) als versierter Autor von Stand-Alone-Politthrillern bekannt, etwa „Ein paar Tage Licht“ über deutsche Waffenexporte ins instabile Algerien. Nun hat er sich des Falls „Curveball“ angenommen und präsentiert eine alternative fiktionale Version mit einer Geheimgruppe, einem Staat im Staate, der genug Macht besitzt, um offizielle Missionen des Kanzleramts und des BKA zu sabotieren und dabei den Tod deutscher Polizeibeamten oder Geheimdienstagenten in Kauf zu nehmen. Eine interessante Version, die man am Ende zumindest in Betracht zieht, wenn man die ganzen Lügen rund um den Irakkrieg im Nachhinein betrachtet.

Dabei entpuppt sich Bottini wieder einmal als begnadeter Autor, der die richtige Mischung aus spannenden und durchaus actionreichen Einsatzszenen, politisch-geheimdienstlichem Hintergrundplot und persönlichen Dramen der Betroffenen findet und auch mit literarischem Anspruch zu Papier bringt. „Einmal noch sterben“ beweist wieder einmal des Autors herausragender Stellung in diesem Genre.
Profile Image for Buchdoktor.
2,364 reviews188 followers
August 17, 2022
Der BND-Agent Frank Jaromin hat in Afghanistan, Somalia und im Irak gedient; seine Teamkollegen kennt er bereits seit der gemeinsamen Bundeswehrzeit. In der Gegenwart haben sie z. B. einen gesuchten Kriegsverbrecher aufgespürt und seinem Gerichtsverfahren in Den Haag zugeführt. Frank sollte sich längst ins Privatleben zurückgezogen haben, als er in Bagdad einen Bilderbuch-Auftrag für einen erfahrenen Veteranen wie ihn übernehmen muss. Er soll Dokumente übernehmen, die beweisen würden, dass die Begründung für den Irakkrieg von Anfang an falsch war, und die diesen Krieg noch verhindern könnten. „Curveball“, der Informant der westlichen Geheimdienste, wäre damit als Betrüger entlarvt; beachtliche finanzielle Investitionen in diese Figur wären in den Sand gesetzt. Ein Alptraum. Und eine heikle Mission für Jeromin, da der BND keine eigenen Informanten mehr in Bagdad hat und sich auf Informationen „befreundeter Dienste“ verlassen muss.

Franks Informantin „Abeer“ ist eine verwitwete Frau; aber auf wessen Seite sie steht, bleibt für ihn als Fremden lange ein Rätsel. Nebenbei steht die Frau für das hochaktuelle Thema der Ortskräfte, die von westlichen Armeen genutzt, aber letztendlich nicht geschützt werden. Auch wenn er mit der arabischen Kultur vertraut und in Bagdad noch bestens vernetzt ist, fragt sich, ob das für den heiklen Auftrag wirklich genügt. Sein Team tritt mit der hastigen Aktion mächtigen Seilschaften auf die Füße. Auf französischer Seite agiert als Analyst in Bagdad Claude Bitat, dessen Lebenslauf als Teilnehmer des Jugoslawienkriegs dem Jeromins erstaunlich ähnelt. Schließlich tritt noch mit Hans Breuninger in Berlin die ganz alte, längst pensionierte Garde „der Dienste“ auf; Breuninger hat dafür sehr spezielle Motive. Der Agent Curveball wird derweil in Deutschland durch Hanne Lay vom BKA verhört, die im Laufe dieser Aktion ihren Arbeitsplatz riskieren könnte.

Oliver Bottinis komplexer Spionage-Thriller „Einmal noch sterben“ erfordert zunächst, sich in die Phase des Irakkriegs (ab 2003) zu versetzen, der uns inzwischen erstaunlich fern zu liegen scheint. Die Lebensläufe der Figuren würden sich bereits zu einem komplexen Plot fügen, den gemeinsame Kriegserlebnisse nicht einfacher machen. Es geht u. a. um Seilschaften in Organisationen, Männerbünde, den obligatorischen Maulwurf, um Traumata, sowie Familienangehörige von Militär und Geheimdienstmitarbeitern. Das zeitlose Thema Kränkungen erhält seinen Platz (von Individuen und ganzen Nationen), aber auch Konflikte zwischen akademisch gebildeten Büromenschen und denen, die ihr Leben in fernen Staubwüsten aufs Spiel setzen.

Ein Nachwort löst auf, dass der Autor reale Figuren in einem fiktiven Szenario agieren lässt.

Bottini hat mich mit komplexen, absolut glaubwürdigen Figuren und deren sich überlappenden Vorgeschichten beeindruckt. Mit jeder gelesenen Seite wurden die Ereignisse zeitloser.
Profile Image for Annuschka.
221 reviews1 follower
August 17, 2024
Zwei Jahre nach 9/11 steht US-Außenminister im UN-Sicherheitsrat und legt vermeintliche Beweise offen, dass Saddam Hussein Bio- und Chemiewaffen in der irakischen Wüste entwickelt und lagert. Der Weg für den Krieg im Irak ist also frei. Die Quelle ist “Curveball”, ein BND-Informant - also ausgerechnet von dem Deutschland was sich damals aus wahlpolitischen Gründen recht früh von einer deutschen Beteiligung distanziert hat. Alle Seiten haben Zweifel an Curveballs Informationen, doch dieser gibt erst 2011 zu gelogen zu haben. So viel zum historisch-wahren Kern.

Bottini schickt in diesem Politthriller den BND-Agenten Frank Jaromin, ehemals Bundeswehrsoldat, nach Bagdad um die Übergabe von Dokumenten zu sichern, die diesen bevorstehenden Krieg im Nahen Osten verhindern könnten. Doch schnell wird klar, dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Wem kann Jaromin vertrauen? Kann er überhaupt sich selber trauen?

Wir werden zwischen München, Berlin, Amman und Bagdad hin und her geworfen, verfolgen aber einen einzigen Zeitstrahl und arbeiten uns so langsam hinter die Intrigen der westlichen Geheimdienste ohne, dass wir als Leser verloren gehen. Der Schreibstil ist recht nüchtern und gerade deswegen so imposant.

Neben Jaromin werden wir noch mit BKA-Ermittlerin Lay konfrontiert, die eigentlich für das Kanzleramt ermitteln soll, ob Curveball lügt oder nicht und mit Herrn Breuniger - Präsident des Bundesnachrichtendienst a.D, dessen Sohn im Zuge der Terroranschläge von 11. September 2001 ums Leben gekommen ist.

Eindrucksvoll und doch recht leise wird in diesem Roman Fiktion mit Realität verwoben. Historie mit “Was noch hätte sein können”. Das Leid der Menschen die auf der einen Seite unter einem Diktator und auf der anderen Seite unter den Sanktionen des Westen leiden wird ebenso beschrieben, wie die innere Zerrissenheit von Spezialagenten, die langsam zusehen müssen wie ihre Familie zerbricht, weil die nationale Sicherheit dies so erfordert. Ein politisch brisanter, unglaublich fesselnder Roman, der mich begeistert und wissbegierig zurücklässt.
84 reviews
June 21, 2024
Wieder mal ein grandioses Buch aus der Feder von Bottini. Die Erzählung von einer Intrige im BND und die involvierten "guten", aber am Ende doch tragischen Protagonisten ist hochspannend. Wie immer hat Bottini die Story in eine politische Gemengelage - den Angriff der USA auf den Irak - eingewoben und lässt viele interessante Informationen einfließen. Auch der Wechsel zwischen den Handlungsorten Pullach bzw. der bayerischen Provinz, Berlin, Bagdad und Amman trägt zum Lesevergnügen bei, denn dem Autor gelingt es stets eine eindrückliche und plastische Vorstellung von den Orten zu kreieren.
Profile Image for Ludwig Reicherstorfer.
202 reviews9 followers
November 10, 2024
Eine sehr interessante Story im Kontext des Irak-Kriegs, bei der es durchaus eine Herausforderung ist, am Ende den Überblick zu behalten. Bisweilen hat mir die stakkatoartige Sprache nicht ganz so gefallen, auch wenn sie stilistisch sicher zum Thema passt. Alles in allem aber ein sehr spannender Plot.
713 reviews1 follower
November 17, 2022
In den 90er Jahren stand der Irak unter Verdacht, Massenvernichtungswaffen zu besitzen. Nach den Anschlägen von New York steht der Krieg gegen den Terror vor einem weiteren Höhepunkt: Die USA und ihre Verbündeten bereiten sich im Februar 2003 darauf vor, in den Irak einzumarschieren. Das aufgrund der Informationen eines irakischen Flüchtlings mit dem Deckmantel «Curveball» – doch die vermeintliche Quelle entpuppte sich als Hochstapler des BND. Was ist damals passiert? Oliver Bottini spielt fiktiv die Geschehnisse von damals durch.

«‹Sie haben den Falschen›, sagt die Frau, ‹Ahmed Hassan ist nicht der, den Sie suchen. Er spielt ihn nur für Sie.›»

Scharfschütze des Geheimdienstes Frank Jaromin ist gerade von einem Einsatz in Bosnien zurückgekehrt, und er sucht Ruhe, will die verkorkste Beziehung zu seiner Frau klären. Doch unverzüglich sendet ihn ein Auftrag aus dem Kanzleramt nach Bagdad; das Team soll über Amman einreisen. Eine irakische Regimegegnerin behauptet, die Atom-Vorwürfe gegen den Irak seien erfunden. Sie will die Beweise übergeben, um den Krieg im letzten Moment zu verhindern. Frank soll bei der Übergabe die eigenen Leute absichern – Die Informantin könnte einen Anschlag planen. Doch bereits am Flughafen in Amman wird das Team von Frank abgefangen – er kann entkommen, soll allein weitermachen. Das alles ist dubios. Befehle sind widersprüchlich, er folgt dem, seines direkten Vorgesetzten. In Bagdad ist die Situation brenzlich, die Örtlichkeit unübersichtlich, das bereitgestellte Gewehr konnte er nicht ausprobieren. Die Situation läuft später aus dem Ruder, Frank bekommt per Funk den Schießbefehl.

Zurück in Deutschland wird Frank verantwortlich gemacht. Die Aufnahmen aus dem Funkverkehr sind manipuliert, der Schießbefehl ist herausgelöscht, eine andere Meldung eingefügt. Niemand glaubt ihm. Wer in den oberen Etagen spielt ein falsches Spiel? Niemand traut ihm – und Frank Jaromin traut niemandem. Er ermittelt auf eigene Faust. Die BKA-Polizistin Hanne Lay, die im Auftrag des Kanzleramts die Lage rund um den suspekten Curveball sondieren soll, lässt sich nicht abschrecken und kommt einigen Dingen auf die Spur, landet aber immer wieder in einer Sackgasse. Alle agierenden Personen schweben in Lebensgefahr, denn je mehr Informationen sie zusammentragen, umso gefährlicher werden sie für irgendwen. Doch wer sind die Strippenzieher? Niemand traut dem anderen über den Weg. Rafid Ahmed Alwan, der unter dem Decknamen Curveball agierte, wird namentlich erwähnt, seine Geschichte ist bekannt. Weder Schröder, Fischer, Bush und Powell werden beim Namen genannt. Denn die Story ist fiktiv.

Hintergrund der Geschichte ist die wahre Story um «Curveball», der Deckname eines irakischen Flüchtlings, der – 1999 vom BND befragt – genaue Angaben zu technischen Atom-Anlagen im Irak machte. Der BND gab der CIA und der Defence Intelligence Agency (DIA) (der militärische Nachrichtendienst der US-Streitkräfte) diese Ifos weiter, damit diese sie überprüfen. Vor dem ersten Golfkrieg 1991 betrieb der Irak ein Programm zur Herstellung von biologischen und chemischen Waffen, setzte 1988 Giftgas gegen irakische Kurden ein. Der Hinweis von Curveball schien stimmig; doch es war die einzige Quelle. Colin Powell behauptete damals, es gebe mehrere Quellen. Joschka Fischer traute dem nicht, sagte öffentlich auf der Münchner Sicherheitskonferenz dem US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld: «I’m not convinced!» Ich bin nicht überzeugt! Es gab keine sicheren Quellen – trotzdem marschierte man in den Irak ein. Oliver Bottini hat mit diesem hervorragenden Politthriller gezeigt, wie Geheimdienste instrumentalisiert werden. Verrat und Loyalität stehen eng nebeneinander. Ein vielschichtiger Plot durchleuchtet Strukturen, Seilschaften und Abhängigkeiten. Letztendlich geht es anhand dieses Beispiels darum, wie weit eine kleine Gruppe gehen würde, die Weltpolitik zu verändern, ob es möglich ist, wenn man an den richtigen Strippen zieht, Geheimdienste und Nachrichtendienste zu manipulieren.

«Da ist man, denkt er fast belustigt, ein Leben lang bemüht, das eigene Land zu retten und damit auch ein bisschen die Welt, das große Ganze also – und scheitert am Kleinen, auf den paar eigenen Quadratmetern. Über Jahrzehnte ist man es gewohnt, Heere von wechselnden Mitarbeiter, Konkurrenten, Neidern, Gegnern zu orchestrieren, und zerbricht an einer schmächtigen, fröhlichen Frau, weil sie die einzige ist, die man nie und nimmer ersetzen wollte.»

Exzellente Recherche und ein unaufgeregter Schreibstil, eine präzise Sprache, lassen es dem Leser eiskalt den Rücken hinunterlaufen. So oder ähnlich kann es gelaufen sein – oder in der Zukunft laufen. Dieser Roman liest sich spannend fast realistisch. Aber es ist auch die Geschichte von Frank Jaromin. Ein Elitesoldat, der zu Hause nicht über seine Einsätze reden darf – über das Grauen, das er sieht. Ein Mann, der täglich mit seiner Tochter telefoniert, ihr vorlügt, er sei im Kosovo, obwohl er sich in Bagdad aufhält. Ein Mann, der kaum zu Hause ist, der mit seinen Dämonen kämpft, dem die Familie zerbricht – der sich gleichzeitig nach dem Adrenalin im Feld sehnt. Wieder einmal schafft es Oliver Bottini, seine Figuren glaubhaft mit allen Ecken und Kanten aufzustellen, in eine aktuelle Geschichte einzuarbeiten, das mit Sprachgewalt und Spannung. Chapeau! Kriminalliteratur vom Feinsten!

Oliver Bottini wurde 1965 geboren. Für seine Romane erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem den Krimipreis von Radio Bremen, den Berliner ›Krimifuchs‹, den Stuttgarter Krimipreis und fünfmal den Deutschen Krimipreis, zuletzt 2018 für ›Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens‹. Bei DuMont erschienen außerdem ›Der kalte Traum‹ (2012) und ›Ein paar Tage Licht‹ (2014) – kürzlich von ARTE/ZDF unter dem Titel ›Algiers Confidential‹ verfilmt – sowie die Kriminalromane um die Freiburger Kommissarin Louise Bonì. Oliver Bottini lebt mit seiner Familie in Frankfurt am Main.
Profile Image for Ein_lesewesen.
83 reviews7 followers
September 28, 2023
Letztes Jahr bekam ich für den Autor eine große Empfehlung und habe mich nach über 20 Jahren mal wieder an einen Politikroman getraut. Ja, Bottini nennt es einen Roman, auch wenn die Spannung an vielen Stellen mit einem Thriller mithalten kann.

Nun ist es nicht gerade mein Wohlfühlgenre, aber schon nach ein paar Seiten fühlte es sich für mich an, als lese ich einen Carré.

Worum gehts?
2003 präsentiert der US-amerikanische Außenminister Powell angebliche Beweise für Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen. Seine Quelle ist »Curveball«, ein fragwürdiger Informant des BND. Obwohl berechtigte Zweifel an dessen Aussage existieren, nutzt die Bush-Regierung sie als Legitimation für den Krieg gegen den Irak. Deutschland unter der Schröder-Regierung wird sich nicht daran beteiligen. So viel zu den Fakten. Im Roman gibt es eine irakische Regierungsgegnerin, die beweisen kann, dass Curveball lügt. Der Krieg könnte also noch abgewendet werden. Doch nun beginnt ein fieses Intrigenspiel. Frank Jaromin, Agent beim BND, wird nach Bagdad geschickt, um die Übergabe der Gegenbeweise zu sichern, doch schon seine Reise verläuft nicht wie gewünscht. Seine Mission läuft gründlich schief.
Gleichzeitig versucht die BKA-Sonderermittlerin Hanne Lay, die Identität Curveballs zu überprüfen, auch ihr werden von verschiedenen Seiten Steine in den Weg gelegt.
Schnell wird klar, dass beiden ein Gegner aus den eigenen Reihen gegenübersteht, eine Seilschaft, die im Gegensatz zur deutschen Regierung Interesse an dem Krieg hat.
Bottini hält sich natürlich an den Lauf der Geschichte, aber er stellt die Frage, ob der Krieg nicht frühzeitig hätte verhindert werden können. Was wäre gewesen, wenn? Und so konstruiert er einen vielschichtigen Plot, in dem es um Loyalität und Vertrauen, Verrat und verborgene Wahrheit geht.

Denn auch wenn man im Nachhinein festgestellt hat, dass Curveball gelogen hat, so bleiben doch einige Fragezeichen – wie das immer so ist, wenn Geheimdienste ihre Finger im Spiel haben. Bottini nutzt die Lücken, um seine Fiktion anzusiedeln und neue Fragen aufzuwerfen. Wie weit kann man staatlichen Institutionen trauen? Inwieweit war Deutschland tatsächlich am Krieg beteiligt? Dabei driftet Bottini aber nie ins Reich der Verschwörungstheorien ab.
Aber auch seine Figuren widmet er eine tiefe Charakterzeichnung. Was macht es mit einem, wenn man jahrelang als Agent arbeitet, seine Familie, die nichts davon wissen darf, daran zerbricht?
Bottins Politthriller ist ein absolut lesenswertes Buch, hochkomplex und rasant geschrieben. Schauplätze und Kapitel lösen sich in rascher Folge ab, und ganz allmählich verknüpfen sich alle Handlungsfäden. Köpfe rollen, Fäden werden gesponnen, Kollateralschäden in Kauf genommen. Die Welt ist und bleibt ein Wirrwarr aus Machtinteressen, die wir wohl nie durchschauen werden.
Erst dachte ich ja, dass ich an dem Genre scheitere, aber dem war nicht so. Ich habe mich zwar kurz in den historischen Hintergrund eingelesen, aber mit seiner Geschichte hat er mich restlos gefesselt.
Absolut verdienter 2. Platz beim Deutschen Krimipreis 2022.
688 reviews10 followers
October 23, 2022
Es war die Rede von Colin Powell in der UN, die auch Skeptiker in die Koalition der Willigen brachte und den Irakkrieg ermöglichte: Die USA hätten Beweise dafür, dass der Irak im Besitz von Massenvernichtungswaffen sei, so Powell. Dem gemäßigten Republikaner, Berufsmilitär und Diplomaten, der international Ansehen und Glaubwürdigkeit genoss, wurde Glauben geschenkt. Heute weiß man: Die Angaben waren nicht wahr. Möglicherweise war Powell selbst getäuscht worden von der Falkenfraktion des Bush-Administtation.

Und wenn das alles früher bekannt gewesen wäre? Diese Idee steht im Mittelpunkt des Plots des Politthrillers "Einmal noch sterben" von Oliver Bottini um den ausgebrannten BND-Agenten und Präzisionsschützen Frank Jaromin. Ein französischer Geheimdienstoffizier erhält von einer irakischen Quelle eine brisante Nachricht: Die Angaben über irakische Massenvernichtungswaffen sind ein Fake, es gibt Beweise dafür, dass der Informant, der wiederum vom BND in Deutschland geführt wird, gelogen hat. Die Übergabe dieser Beweise geht nicht nur spektakulär daneben, Jaromin steht plötzlich im Verdacht, durch eigenmächtiges Handeln - womöglich gar Sabotage? - die Operation zum Scheitern gebracht zu haben.

Begleitumstände wie eine kriselnde Ehe, zittrige Hände, Medikamentenmissbrauch scheinen Jaromin weiter zu belasten. Selbst seine Teammitglieder, Männer, mit denen er brenzlige Situationen unter Lebensgefahr durchgestanden hatte, trauen ihm plötzlich nicht mehr. Zunehmend isoliert, fällt es dem Agenten schwer, Beweise für seine Unschuld ausfindig zu machen.

Eine BKA-Ermittlerin betreibt unterdessen eigene Nachforschungen im Auftrag des Sicherheitsberaters des Kanzlers, höchst inoffiziell und geheim. Gibt es innerhalb des BND und anderer Sicherheitsdienste eine geheime Gruppe von strengkonserativen Falken, die in Allianz mit den Amerikanern ihre eigene Agenda haben - für den Krieg, für militärische Stärke? eine anonyme Quelle weist die Polizistin auf eine Verschwörung hin, die bis in höchste Kreise reicht. Doch wie Beweise finden, zumal die Nachforschungen gefährlicher sind als zunächst angenommen?

Das "was wäre, wenn..." Szenario Bottinis ist reizvoll und nicht völlig aus der Luft gegriffen, während die persönlichen Krisen und schicksalhaften Vergangenheit seiner Protagonisten wieder einmal die Überfrachtung persönlichen Leidens sind, ohne die manche Autoren einfach nicht auszukommen scheinen. Da wäre dann weniger mehr, vor allem auch mehr Glaubwürdigkeit gewesen. Trotzdem spannend zu lesen, nicht nur für Anhänger von Verschwörungstheorien.

Profile Image for Agnieszka Hofmann.
Author 24 books56 followers
December 31, 2022
Świetny thriller. Bardzo ciekawe tło polityczne, jest napięcie, świeni bohaterowie. Takie to ja lubię.
Displaying 1 - 12 of 12 reviews

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