Von arbeitenden Frauen, Fallschirmmüttern und Mittelschichtsfeministinnen – Marlen Hobrack formuliert die Klassenfrage aus weiblicher Perspektive radikal neu.
Die Wäschekörbe waren immer voll – nicht mit Wäsche, sondern mit unbezahlten Rechnungen, die ihre Mutter trotz harter Arbeit nicht pünktlich bezahlen konnte. Wenn Marlen Hobrack an ihre Kindheit in Armut in einem bildungsfernen Haushalt denkt, stellt sie immer wieder fest, wie wenig ihr Aufwachsen mit den Herkunftserzählungen der Mittelschicht gemeinsam hat, zu der sie als erfolgreiche Journalistin zählt. Aber gehört sie als Grenzgängerin zwischen den Klassen wirklich dazu? Als alleinerziehende Ostdeutsche, die mit 19 Mutter wurde? Prägnant und erhellend räumt "Klassenbeste" mit Mittelklassemythen von Chancengleichheit und sozialem Aufstieg auf – und zeigt, dass jede identitätspolitische Debatte im Kern eine Klassenfrage ist.
Was wie ein Roman über einen Tag im Leben einer ostdeutschen, prekär lebenden Mutter beginnt, ist in Wahrheit ein Essay. Ein klug gebauter, politischer Text über die Arbeiterklasse und über die Rolle einer Frau darin. Diese Frau ist die Mutter der Autorin. Friese macht aus jeder Erinnerung eine präzise soziologische Analyse über Leistungsdruck, Armut, sozialer Abstieg und Klassenflucht, der sich immer anfühlen wird wie Verrat.
Ich habe noch nie ein Buch gelesen, das so gekonnt Klassenfragen, Mutterschaft, Identitätspolitik, Feminismus und auch kommunistische Ideale miteinander verwebt ohne Theoriegewalt oder Belehrung. Alles kommt aus konkreten Situationen. Keine Behauptung bleibt leer, alles ist gespürt, durchlebt und klar beobachtet.
„Klassenbeste“ schärfte meinen Blick für das, was oft fehlt: die Perspektive der Frau aus der Arbeiterklasse. Deshalb ist dieses Buch so wichtig, so bereichernd und obendrein exzellent geschrieben.
so ein tolles buch, ich werde es so lange empfehlen bis es hier jede:r gelesen hat!! die autorin formuliert ihre thesen sehr prägnant und leicht verständlich, trotzdem schafft sie es einen tiefgang in ihrer analyse zu erreichen, den ich sehr beeindruckend finde. die inhalte sind sorgfältig recherchiert und dem ganzen wird durch die biographien der autorin und ihrer mutter ein persönlicher touch gegeben. ich hatte vor allem das gefühl, endlich mal wieder wirklich neue und innovative thesen zu klasse und feminismus zu lesen, aus denen man für die generellen diskurse viel mitnehmen kann. der autorin ist es gelungen, viele verschiedene kritikpunkte und kontroversen rund um intersektionalität, klassenkampf und co. aufzuarbeiten und richtigzustellen. ein must read!!
(kleiner kritikpunkt: um ihren standpunkt zu stützen, hat die autorin häufig von "dem" feminismus gesprochen und dass dieser eben die geschlechterspezifischen klassenkämpfe nicht miteinbezieht, genauso wie der marxismus geschlecht nicht mit in den diskurs miteinbeziehe. ich verstehe, dass ihr standpunkt dadurch stärker wirkt, allerdings gibt es durchaus sehr verbreitete marxistisch-feministischen strömungen die sich auch genau mit diesen problemen befassen. diese mit dem neoliberalen feminismus gleichzustellen, finde ich nicht ganz fair.)
Im Spannungsfeld intersektionaler Diskurse macht die Autorin einen blinden Fleck aus, dem am Beispiel ihrer Mutter nachzugehen äußerst lohnenswert ist. Sie zeigt damit eine weitere, bisher kaum beachtete Ost-Perspektive auf und schafft es obendrein die Ideen der klassenkämpferischen („alten“) mit der identitätspolitischen („neuen“) Linken zu versöhnen.
Negativ könnte hier lediglich angemerkt werden, dass sie sich im Mittelteil des Textes stellenweise nicht zwischen Autobiografie und soziologischer Untersuchung zu entscheiden vermag. Herausragend ist dagegen auch das Kapitel „Arbeiterphantasien“ zur schwierigen Rollenfindung ostdeutscher Männer in einer postpatriarchalen Gesellschaft.
3.5/5, in Bezug auf klassenbezogene Themen und Diskriminierung wirklich sehr empfehlenswert! Ich mag das biografische Format sehr gerne und finde es gerade bei Klassenfragen sehr gut gewählt und vor allem wichtig. Aber ich fand die Verbindung zu Intersektionalität und Identitätspolitik teilweise schwammig bzw widersprüchlich.
Dieses Buch hat echt beliefs von mir gechallenged, das hab ich geliebt. Ich fand die Mittelschichts feminism call outs super hilfreich Honestly wars einfach richtig spannend & hab viel gelernt
Teilen von „Klassenbeste“ gäbe ich am liebsten 6 Sterne. Tatsächlich liefert Marlen Hobracks Perspektive einer erweiterten Intersektionalität viele richtig gute undogmatische Impulse, und das Wechselspiel zwischen Analysen und Beispielen aus ihrer Familie passt perfekt. Leseempfehlung!
Diese „quasi 6 Sterne-Highlights“ sind es auch, die mich bis zum Schluss bei der Stange gehalten haben, der Abzüge in der B-Note zum Trotz. Die fehlende Verortung der Form sorgt dafür, dass sie ständig irgendwo zwischen Essay, Auto-/Biographie, Analyse und subjektivem Kolumnenstil mäandert, hier mal dezidierte Verweise auf (durchaus passende, aber dann doch zu selektive) wissenschaftliche Hintergründe, dort Zahlen aus (selektiven) Studien, dann wieder hochsubjektive Lageeinschätzungen. Nichts davon schadet dem inhaltlichen Gehalt ihrer Aussagen, bei mir jedoch dem Lesevergnügen, weil es mich kritisch macht, wo ich eigentlich begeistert beipflichten möchte.
Marlen Hobrack schreibt prägnant und verständlich. Das Buch ist leicht zu lesen und eine Mischung aus Autobiographie und Sachbuch. Die Gedankengänge sind klar formuliert und gut nachvollziehbar. Die Autorin stellt viele Bezüge zu anderen Veröffentlichungen und Denker*innen her. So steht am Ende des Buches eine sehr spannende Liste mit weiterführender Literatur. Ein spannendes Buch, das meinen Denkhorizont erweitert hat. Gerne mehr davon!
Marlen Hobracks Schilderungen anhand der Arbeiter-Biografie ihrer Mutter sind klug und einleuchtend! Ich habe sehr viel neues gelernt. Die Leser:innenführung ist ausserdem sehr gut!
"Meine Mutter hatte einen Platz und einen Zweck in der Welt, die Arbeit. Ihre Klasse vermittelte ihr, dass Arbeit mehr als Wertschöpfung bedeutet: Sie gibt dem Leben Struktur, Ordnung, Sinn. [...] Das für die Gegenwart so wichtige Konzept der Selbstverwirklichung, das für gewöhnlich die Verwirklichung eigener Wünsche außerhalb der Sphäre schnöder Erwerbsarbeit meint, könnte meiner Mutter nicht ferner liegen." "Ich erlebe bei vielen westdeutschen Feministinnen ein Fremdeln gegenüber der Figur der Ostfrau, ihrer Emanzipation und Gleichberechtigung. [...] Die DDR war kein feministisches Wunderland, trotzdem galt hier: Frauen waren in höherem Maße ökonomisch unabhängig als in der BRD. Sie waren bereits als junge Frauen erwerbstätig und entwickelten ein anderes Selbstverständnis als viele Frauen in der Bundesrepublik."
Auf das Erscheinen von "Klassenbeste" hatte ich schon einige Zeit sehnsüchtig gewartet, weil ich die Haltung der Autorin aus ihrer Kolumne im "Freitag" kenne und schätze. Ihr Buch ist eine Mischung aus etwas (auto)-biografischem und viel gesellschaftskritischen Essay angereichert mit unglaublich viel soziologischem, philosophischen und politischem Hintergrundwissen. Was mir einerseits wahnsinnig Respekt eingeflößt und mich andererseits eingeschüchtert hat. Sofort habe ich alle wichtigen Titel, die die Quellenliste hergab, notiert, um möglichst schnell meine Wissenslücken zu schließen, aber wenn ich ehrlich bin, hätte ich mir noch mehr Verflechtung mit ihrer eigenen und der Biografie ihrer Mutter gewünscht - à la Eribon oder Ernaux.
Eine schlaue Verbindung zwischen persönlichen Erfahrungen und gesellschaftlicher Analyse. Besonders stark fand ich die Aussagen zur ostdeutschen Leistungsethik und der Abgrenzung nach der Wende. Das Buch hat mir einige neue Informationen mitgegeben und gleichzeitig geholfen, Bekanntes zu verbinden.
Arm trotz Arbeit. So erging es der Mutter der Autorin ein Leben lang. Hobrack nutzt die Geschichte ihrer Mutter für eine Analyse der Arbeiterklasse. Das gibt es natürlich auch schon in anderen Büchern zu lesen. Ihr großes Verdienst hier ist ihr Blick auf Ostdeutsche Frauen der Arbeiterklasse. Hervorzuheben ist zudem ihre Analyse der Arbeitermannes (am Beispiel ihres Vaters). Bei aller Rohheit und Gewalt spürt man die Liebe und Zugewandtheit zu ihrer Familie und zur Arbeiterklasse. Es ist kein distanzierter, akademischer Blick. Das macht es so lesenswert. Am Ende räumt sie mit einigen Missverständnissen über Identitätspolitik auf und verknüpft diese wieder mit dem Klassenkampf. Sehr lesenswert! Note to self: Vor diesem Hintergrund müsste man noch mal genauer ihren Roman „Schrödingers Grrrl“ lesen. Da lassen sich bestimmt neue Lesarten entdecken.
Großartiges Buch, das viele neue Denkanstöße und Perspektiven aufzeigt . Marlen erzählt nicht tragisch oder kitschig über das Leben ihrer Mutter, sondern ehrlich. Sie gibt mir einen Einblick in ein Leben, dass mir peinlicherweise bisher fremd war und Gesichter zu Statistiken und Fragen die ich mir zu selten stelle. Danke
Ich muss über einige Aspekte nochmal nachdenken! Den Anfang fand ich eine sehr scharfe (intersektionale) Analyse und ich mochte viele Punkte die zu Ostdeutschland und dem (Schein)widerspruch von alter/marxistischer und neuer Linker gemacht wurden, aber mit dem Kapitel über Männer habe ich mich seeeehr schwer getan
Marlen Hobrack = sächsische Eribon, so vieles begreife ich erst, wenn ich es in ihren klugen Worten lese. Ein gesundes bisschen Klassenbewusstsein, was so häufig in (feministischen) Diskursen fehlt. Die ostdeutsche Stimme auf die ich lang gewartet habe. Unbedingt lesen, jetzt !!!
super spannende neue intersektionale ansichten, viele impulse über sozialen status nachzudenken. kein kitsch, keine tragische beleuchtung - ehrlich, direkt und einfach auf den punkt gebracht!