Selten schien der Westen so geschlossen wie zu Beginn des Ukraine-Kriegs. Die Werte der Freiheit und Demokratie galt es gegen ein autokratisches System zu verteidigen. Doch hinter der vermeintlichen Geschlossenheit zeigten sich schnell die ersten Bruchstellen. Wie werden wirtschaftliche Zwänge mit politischen Zielen in Einklang gebracht? Wie viel sind dem Westen die eigenen Ideale wert? Dass sich dahinter ein tiefgreifendes strukturelles Problem des Westens verbirgt, zeigt die Ethnologin und Islamexpertin Susanne Schröter in ihrem neuen Buch. Angesichts der jüngsten Konflikte in der Ukraine, in Afghanistan und Mali sowie der Planlosigkeit westlicher Regierungen im Umgang mit Migrationsbewegungen, Islamismus und Cancel Culture diagnostiziert sie einen zwischen Hybris und Selbsthass gefangenen Westen, der unentwegt die Werte der Demokratie beschwört, sie aber gleichzeitig immer dann verrät, wenn es darauf ankommt. Befindet sich der Westen auf dem besten Weg, die eigene innen- wie außenpolitische Glaubwürdigkeit zu verspielen? In ihrem analytisch klugen und thesenstarken Buch gibt Susanne Schröter die Antwort.
Zum Großteil ist das Buch ein relativ willkürlich zusammengewürfelter Flickenteppich aus Wikipedia-Zeitgeschichte. Einige faktische Fehler oder irreführende Formulierungen sind hier dabei: ja, die Staaten, die 2003 im Irak Krieg führten waren zum Teil in der Nato; hier wird aber impliziert, dass es ein Nato Krieg wäre (nope). Interessant wird es bei der provokativen Polemik, die alle übrigen Seiten füllt. Hier wird mit Schaum vor dem Mund gegen pc Hetze gehetzt. Es wird, nicht unbegründet, herausgearbeitet, dass wokeness und post colonial Ideen problematische Auswüchse haben. Aber so dann gleich von "Rassismus gegen Weisse" zu schreien oder gar zu fabulieren, dass struktureller Rassismus ja gar nicht soo dramatisch sei, scheint, gelinde gesagt, etwas über Ziel hinaus. Außerdem wird hier mit ähnlicher Polemik argumtiert wie es der kritisierten Seite vorgeworfen wird. Besonders perfide ist die Schlussfolgerung: Putin und AFD wären am besten bekämpft, wenn sie zumindest zum Teil emuliert werden.
Manche Prozesse sehr gut beschrieben, allerdings in Teilen wenig differenziert. Die Hymne auf das westliche Freihheitsverständnis mit libertär gefärbten Einschlagen ist deutlich zu kurz gesprungen. Denn, der größte Feind der Freiheit ist zu viel Freiheit.