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Ethik der Appropriation

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Die Rede von kultureller Aneignung ist allgegenwärtig. Infrage steht mit ihr gerade für eine progressive politische Position die Legitimität kultureller Produktion, die sich an den Beständen anderer, ihr »fremder« Traditionen bedient. Während viele diese als eine Form des Diebstahls an marginalisierten Gruppen kritisieren, weisen andere den Vorwurf zurück: Er drücke eine Vorstellung von Identität aus, die Berührungspunkte mit der völkischen Rechten aufweise. Tatsächlich, so zeigt Jens Balzer, beruht jede Kultur auf Aneignung. Die Frage ist daher nicht, ob Appropriation berechtigt ist, sondern wie man richtig appropriiert. Kenntnisreich skizziert Balzer im Rückgriff auf die Entstehung des Hip Hop wie auf die erstaunliche Beliebtheit des Wunsches, »Indianer« zu sein, in der bundesdeutschen Nachkriegszeit eine Ethik der Appropriation. In ihr stellt er einer schlechten, weil naturalisierenden und festlegenden, eine gute, ihre eigene Gemachtheit bewusst einsetzende Aneignung entgegen. Ausgehend von dem Denken des Kreolischen Édouard Glissants und Paul Gilroys »Schwarzem Atlantik« sowie der Queer Theory Judith Butlers wird eine solche Aneignungsethik auch zur Grundlage eines aufgeklärten Verhältnisses zur eigenen Identität.

88 pages, Paperback

Published January 1, 2022

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About the author

Jens Balzer

19 books10 followers
Jens Balzer (Alemania, 1969) es escritor y periodista. Doctorado en la Universidad de Hamburgo, ahora enseña crítica pop en la Universidad de las Artes de Berlín. Ha trabajado como columnista y redactor en distintos medios de comunicación, entre los que se encuentran Die Zeit, Berliner Zeitung, Rolling Stone y radioeins. Además, codirige el Popsalon del Deutsches Theatre y es asesor artístico del Donaufestival Krems. Es autor de una extensa bibliografía sobre crítica pop.

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Displaying 1 - 22 of 22 reviews
Profile Image for Philemon Schott.
76 reviews11 followers
April 4, 2025
Starker Text. Statt wie die einen kulturelle Appropriation nur als Verbot oder Erlaubnis zu behandeln und wie die anderen sich dann über die aufzuregen, die alles verbieten wollen, geht Balzer einen dritten Weg. Appropriation als Ethik, d.h. es gibt gute und schlechte. Er entwickelt den Gedanken mit dafür sehr guten Beispielen für gute Appropriation (Sampling der Hip-Hop-Kultur und Drag), sowie schlechte (z.B. Blackfacing, der "Indianer" - Hype der Nachkriegsdeutschen). Das alles basiert auf der intuitiven Einsicht, dass Appropriation im Zentrum jeder Kultur steht, weil keine Kultur ohne sie existieren könnte. Somit kann aber auch jede Appropriation eine gute und schlechte Seite haben. Mit "Indianer"-Verkleidung identifiziert man sich mit einer vom Genozid bedrohten Gruppe und kann so die eigene geschichtsgegebene Schuld überdecken (oder die rassistischen Zuschreibungen eines naturverbunden Ur- und Edelmenschen affirmieren und damit unwidersprochen fortschreiben), aber gleichzeitig kann man(n) damit auch Geschlechternormen überschreiten (lange Haare, Schminke), eine von der deutschen Dominanzkultur hingenommene Form von Drag ausprobieren. Nicht einfach gut und böse also, es muss jede*r selbst in ihren*seinen Erinnerungen kramen und die gegenwärtigen Haltungen reflektieren. Gleichzeitig aber gilt "Wer wirklich zum Indianer werden will, muss den Indianer zugleich hinter sich lassen [...]. Erst am Ende dieser Desillusionierung [...] kann man zu der Erkenntnis gelangen, dass es in der menschlichen Kultur nichts gibt, was stabil oder natürlich ist. Es gibt nur eine unendliche Kette von Aneignungen von Aneignungen von Aneignungen [...]. Und wir kommen erst dann in der Realität an - wir sind erst dann, um den Begriff der 'Realness' der Drag Queen Sylvester zu zitieren, wirklich echt -, wenn wir dieses endlose Spiel der Appropriationen als unsere wahre Natur begreifen." (S. 73f)

Fand ich sehr schlüssig, wenn es dazu einen besseren oder anderen Take gibt, bitte her mit der Empfehlung.
Nur eine kleine Sache fand ich irritierend. So oft wie "hybrid" vorkam, hätte er doch wenigstens einmal schreiben können, ob er damit Hybridität im Sinne von Bhabha meint oder einfach nur denbanalen Wortsinn? Würde halt eher auf ersteres schließen aber kp, wenn er's nicht dazu schreibt...
Profile Image for Lukas Rupp.
244 reviews4 followers
August 29, 2023
Das Buch zeigt auf hervorragende Weise, dass Appropriationsverbote nicht zum gewünschten sozialen Ergebnis führen würden, sondern die Grenzen zwischen verschiedenen Kulturen zementieren und gleichzeitig leugnen würde, dass jede Kultur auf Aneignung beruht. Die Frage stellt sich also nicht nach der Persona, sondern nach der Art und Weise, wie kulturelle Bestandteile angeignet werden.
12 reviews
September 16, 2023
Diese kurze Abhandlung über kulturelle Aneignung beginnt mit einem wohltuend differenzierten Blick, man freut sich über die Fähigkeit des Autors zur Dialektik, die der amüsant geschriebenen Einleitung anzumerken ist.
In den mittleren Kapiteln möchte Jens Balzer Beispiele für gute und schlechte Appropriation liefern und beschreibt sehr detaillierte Fälle, bei denen er in kulturellen Aneignungen respektvollen Nutzen oder eben auch problematisches Ausnutzen sieht. Dabei zielt er sehr viel auf Musik des 20. Jahrhunderts ab, zwischenzeitig wähnt man sich eher in einem musikhistorischen Werk, dessen Blick aber auch nicht weit genug zurückreicht, um die Entwicklung von Musik umfassend zu erkennen, die postulierte Herkunft von Genres ist somit allenfalls ein Schnappschuss der Geschichte.
Die Urteile darüber, ob eine konkrete Art der Appropriation in bestimmten Kontexten nun problematisch ist oder nicht, erscheinen mir nicht schlüssig argumentiert. Der Autor versucht diese Trennlinie gar nicht erst teifgründig zu motovieren, viele Schlüsselpunkte seiner Argumentation werden einfach relativ schnell als wahr vorausgesetzt. Dadurch nimmt die inhaltliche Stärke des Werks mit zunehmendem Lektürefortschritt stetig ab.
Der Exkurs zu drag und der Aneignung anderer Geschlechterstereotypen erscheint nochmal recht interessant, ist aber für die eigentliche Fragestellung auch nicht unbedingt fruchtbar.
Generell muss man sagen, dass es nicht wirklich gelingt, glaubwürdig eine Ethik zu entwickeln. Eigentlich handelt es sich nur eine (begrenzte) Darstellung von Kulturgeschichte und verschiedenen Standpunkten zu Rolle von Apprpriation. Dort wo Balzer dann eigene Schlüsse zieht, leidet seine Überzeugungskraft derart, dass man nicht wirklich von einer solide ausgearbeiteten Ethik sprechen kann.
Quintessenz dieser von ihm dennoch so titulierten Ethik ist, dass Appropriation gut ist, aber nur insofern die appropriierende Praxis kritisch über Machtverhältnisse reflektiert und in ihrem Schaffen eher Kulturen verbinden will, sich als im Werden begreift und gerade nicht Kulturen als unveränderliche und sich nicht beeinflussende Konstrukte versteht. So sehr ich dem Verständnis von Kultur als etwas Wandelbarem zustimme, das sich seit jeher gegenseitig beeinflusst hat, so wenig halte ich es für trivialerweise richtig, dass appropriierende Kunst kritisch über Machtverhältnisse reflektieren muss oder einer Inspiration von Kulturen dienen sollte. Hier wird deutlich, dass Balzer ohne Begründung die Positionen von seinem Standpunkt, seinem Weltbild und seiner Idee von Kultur aus entwickelt. Viele nicht-triviale Schlüsse bleibt der Autor uns schuldig zu erklären, ja am besten stringent herzuleiten.
Leider wird insbesondere gegen Ende es Buches, das übrigens als günstiger Druck bei der bpb bestellt werden kann, mehr und mehr klar, dass es offenbar an vielen Stellen darum geht, basierend auf politischen Überzeugung ein Leitfaden im Umgang mit kultureller Aneignung zu entwickeln, die mit diesen politischen Ansichten konsistent ist und sie stützt. Insbesondere scheint es weniger darum zu gehen, wissenschaftlich diszipliniert und mit Vernunft und Logik eine Ethik zu entwickeln, die mehr als Fassade ist. In der Kürze des Buches ist das aber wohl auch nicht möglich.
Außerdem möchte ich abschließend noch sagen, dass mir an vielen Stellen der Blick auf das Individuum fehlt: Sowohl auf ein Mitglied einer ehemalig unterdrückten Kultur sowie auf solche in privilegierteren Positionen. Das kommt zwar vor, aber letztlich wird das Individuum immer wieder recht schnell zum Teil einer oder mehrerer Kulturen degradiert, das seine Identität ausmacht.
Weiterhin stellt sich für mich die Frage, ob eine Ethik, die der Kunst Grenzen der legitimen Appropriation aufzeigen will, nicht auch begründen muss, warum die Einschränkung der Freiheit des Künstlers, der Unterhaltung des Publikums oder auch der Profite einer künstlerischen Institution gerechtfertigt ist? In einigen Fällen dürfte diese Abwägung leicht fallen, in anderen ist das aber vielleicht nicht so einfach. Diese Perspektive fehlt leider komplett.
Insgesamt ist das Buch wohl dennoch lesenswert, es taugt als Einführung in die Debatte und referenziert einige interessante Stimmen aus dieser, an vielen Stellen ist es sogar unterhaltsam zu lesen. Viel mehr sollte man sich von dem Buch aber nicht erhoffen.
Profile Image for David Martin.
69 reviews2 followers
November 23, 2022
Gekonnt geschriebener Essay zum Thema der Appropriation. Die US-amerikanische Musikgeschichte dient dabei als Anschauungsbeispiel einer ökonomisch oft ausbeuterischen Appropriation. Balzer kritisiert zurecht mit Edouard Glissant jede Vorstellung von homogenen, reinen Kulturen und stellt mit Judith Butler und Paul Gilroy Konzepte von Hybridität/Fragmentarisierung in den Mittelpunkt. Kultur ohne Aneignung gehe nicht, man müsse also gute von schlechter Aneignung unterscheiden.
Gerade bei der Frage, was nun eine „gute“ Appropriation ausmacht, bleibt es am Ende jedoch für mich etwas zu vage.
Profile Image for Sara.
9 reviews
October 11, 2024
Bin hin- und hergerissen wie ich das Buch fand. Insbesondere anfangs tat ich mich ein wenig schwer mit der Darstellung des Diskurses, dann überraschte es mich aber doch positiv. Das Buch hat definitiv ein paar gute Denkanstöße, die Beispiele auf die zur Veranschaulichung Bezug genommen wird finde ich passend, auch wenn mir weitaus mehr Fälle eingefallen sind, die m.M.n. nicht so eindeutig sind
Profile Image for Dianetto.
199 reviews15 followers
February 18, 2025
Toca el tema “de moda” cuando se trata de análisis cultural. Y si eso es (sin sarcasmo) mi pasión, pues tenía que entrarle.

Es súper cuidadoso e inteligente en cómo lo hace. Plantea la controversia: la cancelación, el over correctness; pero también el verdadero meollo del asunto. La explotación simbólica de grupos marginados por culturas imperialistas, hegemónicas.

Y luego plantea que no todo es blanco o negro. Porque en realidad no hay culturas “puras” sino riqueza cultural. Y eso se logra alimentando lo propio con multiculturalidad. Pero hay formas. La apropiación lícita y la ilícita. La lícita es cuando se remezcla y se eleva (hola hip hop). La ilícita es cuando se toma algo por parecerlo exótico y deseable, no contribuyendo a evitar la marginalizacion del grupo de cuyas manifestaciones culturales te apropias. (Hola Eminem, hola Elvis).

Esto tiene mil spoilers. Pero por otro lado como ya sé que no lo van a leer, se los resumí. Chau.
Profile Image for Jan ☀️.
46 reviews16 followers
February 13, 2025
"In ihrer unreflektierten (Verbots-) Variante ist die Kritik der Appropriation dem hegemonialen Diskurs der neoliberalen Fragmentierung und Entsolidarisie-rung näher, als sie es sich eingestehen will. Dagegen wäre eine Ethik des Appropriierens zu setzen, die um die Ursprungslosigkeit aller kulturellen und Selbst-Verhältnisse weiß; eine Ethik, die das Fremde im Eigenen freudig umarmt - und der die Solidarität im Diversen wichtiger ist als der Kampf aller gegen alle."

Das Buch beschäftigt sich mit der Debatte um "Kulturelle Aneignung", eine Praxis die laut vielen angeblich rassistisch sein sollte. Der Autor erklärt wie schwachsinnig das ist, auch wenn das intuitiv gut gemeint sein sollte. Er erzählt die Geschichte von Blackfacing, von Jim Crow und den historisch ersten tatsächlich auf Rassismus basierten Aneignungen. Er spricht über Karl Mays Bücher und deren Platz fürs deutsche Selbstverständnis in der Nachkriegsgeschichte. Er schlägt einen Bogen zur heutigen Zeit und unterstreicht, wieso die Debatte heutzutage deplatziert und überzogen ist.

"Appropriation ist ein umkämpfter Begriff, geradezu ein begrifflicher Knotenpunkt der kulturellen Kämpfe in unserer Gegenwart, Wer kulturelle Aneignung, »cultural appropriation«, betreibe, der macht sich - einem vielerorts verbreiteten Verständnis zufolge - eines Vergehens schuldig:
Angehörige einer herrschenden Kultur beuten Erzeugnisse marginalisierter Kulturen aus, um sich damit zu schmücken, ohne den Erzeugern und Erzeugerinnen den nötigen Respekt zu erweisen.
Gegen diese Kultur der raubenden Aneignung hat sich breiter Protest erhoben. Er zielt darauf, Ap-propriation zu ächten und zu verbieten." Der Im-puls, der hinter diesem Protest steht, ist, wie ich gezeigt zu haben hoffe, leicht nachzuvollziehen.
Es ist intuitiv richtig, dass Weiße sich nicht mit
»blackfacing« als Schwarze kostümieren sollen, ebenso wie es unmittelbar einsichtig ist, dass sich in der weißen Ausbeutung schwarzer Musik - seit Al Jolson und Elvis - ungerechte Machtverhältnisse spiegeln und zementieren. Ebenso nachvollziehbar ist indes das intuitive Unbehagen daran, kulturelle Aneignung generell zu ächten. Denn es ist schlechterdings keine Kultur denkbar, die sich nicht aus der Aneignung vorangegangener kultureller Formen ergibt. Wer Appropriation prinzipiell zu einem Vergehen erklärt, das es zu verbieten gilt, raubt letztlich der Kultur jede Beweglichkeit und jedes Leben."

Der Autor erkennt zu recht, dass eine Kultur noch nie einen einzelnen Ursprung hatte. Dir suche nach einem einzelnen Ursprung sei so vergeblich wie die Suche nachdem Ursprung des Lebens. Kulturen waren schon immer hybrid, schon Jahrtausende vor der Globalisierung.

"Dass kulturelle Appropriation in den Debatten unserer Gegenwart vor allem im Modus des Verbots diskutiert wird, spiegelt den Willen zum Widerstand gegen eine als hegemonial empfundene Kultur der ausbeutenden Aneignung der Kultur von Minderheiten. Wer sich dergestalt zum Fürsprecher marginalisierter Gruppen erhebt, begibt sich und drängt diese indes, wie etwa der post-koloniale Theoretiker Homi K. Bhabha zu Recht kritisiert, nicht nur unweigerlich in die Position schwacher Opfer ohne eigene Handlungsfähigkeiten. Sondern appropriiert für »seine« Kultur gerade jenen Zustand der Authentizität, der ihr von den weißen Appropriateuren früherer Generationen in ausbeutender Absicht zugewiesen wurde. Diese Kritik der Appropriation beruht also ihrerseits auf einer Verkennung. Nicht zufällig erfreut sie sich gerade so großer Beliebtheit in einer historischen Phase, in welcher der Austausch, die gegenseitige Durchdringung und Hybridisierung - oder wie Edouard Glissant sagen würde: die Kreolisierung - aller Kulturen globale Ausmaße angenommen hat.
Es handelt sich um ein Abwehrgefecht; doch um eines, das in der Abwehr des Anderen die konstitutive Hybridität des Eigenen verkennt.
Es gibt kein Außerhalb der Macht, so hieß es einst bei Michel Foucault. Es gibt kein Außerhalb der Appropriation - so könnte man anschließend daran formulieren; es ist sogar so, dass jede emanzipatorische Form der Kultur notwendig eine diverse, also appropriierende ist. Eine Ethik der Appropriation müsste sich also nicht in der Form des Verbots konstituieren, sondern vielmehr in der Form des Gebots: Appropriiere!
Aber tue es richtig"

Das Buch habe ich von der Seite der BPB erhalten, und ich hatte bereits befürchtet, dass es ein weiteres Werk sein könnte, das zur fortschreitenden Banalisierung des antirassistischen Diskurses beiträgt. Doch das tat es nicht – und das freut mich sehr.

Das vom Autor verwendete Beispiel des amerikanischen Hip-Hops ist äußerst gelungen, denn es unterstreicht, wie eine ursprünglich „schwarze“ Musikrichtung es an die Spitze der Musikindustrie geschafft hat. Ich schreibe diese Rezension zwei Tage nach der Superbowl-Halbzeitshow, bei der Kendrick Lamar Hunderten Millionen weißer Zuschauer seine Worte, seinen Slang und seine Gefühle zum Nachrappen brachte.

Natürlich könnte man argumentieren, dass diese Zuhörer niemals wirklich wissen können, wie es sich anfühlt, ein schwarzer Mensch zu sein – und das stimmt auch. Aber Kendrick Lamar schafft es dennoch, Millionen von Teenagern zu inspirieren. Viele von ihnen würden gerne so sein wie er, nach Hunderten von Jahren der Unterdrückung. Millionen weißer Kinder bewundern brillante schwarze Rapper wie Kendrick Lamar. Was für eine inspirierende Geschichte!

Im deutschen Diskurs ist es ähnlich: Jahrelang lachten viele über Musiker wie Haftbefehl, Celo und Abdi – wegen ihrer „komischen“ Betonungen, ihrer ungewohnten Wortwahl und vielleicht auch wegen ihres Aussehens. Doch heute reicht ein kurzer Blick auf TikTok, um zu sehen, wie viele durchschnittliche „Bio-Deutsche“ ihre Texte nachrappen. Es ist cool, Haftbefehl zu hören – und es ist längst kein Grund mehr, auf der Straße schräg angeschaut zu werden, wenn seine Musik laut aus den Autoboxen dröhnt.

Wenn das kein riesiger Beitrag zur Emanzipation und zum Kampf gegen Rassismus ist, dann weiß ich nicht, was es sonst sein könnte. Natürlich kann man argumentieren, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht genau wissen, welche Kämpfe ethnische oder kulturelle Gemeinschaften führen müssen, um ihre Kultur frei auszuleben. Aber als Kurde freue ich mich, wenn ich Jugendliche mit kurdischen Tüchern sehe. Ich freue mich, dass der Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“ (Frauen, Leben, Freiheit) zu einem Symbol der feministischen Bewegung geworden ist.

Ja, manchmal wirkt solche Aneignung befremdlich oder unauthentisch, aber sie ist keineswegs rassistisch – im Gegenteil.

Leseempfehlung: 5 von 5 Sternen.
Profile Image for Luke Echo.
276 reviews21 followers
January 9, 2023
Thoughts on Jens Balzer's Ethik der Appropriation? Its OK, but I felt that it failed to deal with many of the central kinds of examples that today are commonly associated with "cultural appropriation" (ie fashion trends are barely discussed)
Further, is it only the neglect of the misogyny of the Drag Scene that makes his positive reading of it's mode of appropriation possible? And he never really discusses the day to day appropriation on fashion and design. Can aesthetic appropriation be both reflective and lucrative? It's unclear.
Profile Image for Feli O'Garran.
17 reviews
August 27, 2024
Controversial... pero necesario de leer (acabes estando o no de acuerdo con Balzer).
Profile Image for Elvia Roldán.
48 reviews
August 19, 2025
El texto analiza con ejemplos de casos históricos donde «Los miembros de una cultura mayoritaria dominante y económicamente superior explotan los logros culturales de una minoría racialmente discriminada y económicamente más débil, privando así a los autores originales de la posibilidad de que ellos mismos se beneficien económicamente de su arte como correspondería: así es como la apropiación se convierte en expropiación y la asimilación en expolio».

¿Eso quiere decir que no podemos disfrutar de utilizar cosas que nos gustan de otras culturas?

Jens Balzer hace una distinción ética entre apropiaciones lícitas e ilícitas: «una apropiación es lícita cuando es inventiva, cuando amplía el juego de las posibilidades culturales». Mientras que «una apropiación ilícita es aquella que asume y consolida identidades que aparentemente están ya establecidas de antemano, aquella que aprovecha estéticamente y, con ello, consolida políticamente el régimen de poder imperante».

El texto sugiere que no se trata tanto de evitar toda apropiación (lo cual sería imposible), sino de hacerlo de manera ética: reconociendo los orígenes, evitando los estereotipos y no reforzando dinámicas de poder existentes. Una apropiación ética sería aquella que «haga visible tal hibridación y tal constitución ambivalente de toda identidad cultural».
Profile Image for Lesefruechte.
130 reviews1 follower
January 2, 2023
Zugegebenermaßen war ich, nachdem ich den Klappentext des Buches gelesen habe, etwas skeptisch, welche Richtung der Autor inhaltlich einschlagen wird. Wurde dann aber sehr positiv überrascht!
Jens Balzer setzt sich differenziert mit kultureller Aneignung auseinander und versucht eine Ethik der Appropriation zu entwickeln, die Appropriation nicht verbietet und damit eine homogene Vorstellung von Kulturen zu manifestieren versucht, sondern Appropriation und Hybridität als Kern kultureller Identität versteht. Dabei unterscheidet er aber zwischen guter Appropriation die kritisch Machtverhältnisse reflektiert und schlechter Appropriation die Machtverhältnisse stabilisiert.

Auf Grundlage verschiedener Theoretiker*innen wie Judith Butler baut er seine Argumentation verständlich auf und rückt die Thematik durch den wiederholten Verweis auf aktuelle Debatten wie Winnetou in greifbare Nähe.

Dieser Essay ist eine Empfehlung für alle, die sich mit Appropriation und Identität auseinandersetzen wollen.
Profile Image for Jakob Palmer.
91 reviews8 followers
June 8, 2025
finds sehr stark, auch nochmal etwas ruhiger und fundierter als "after woke"
ich muss aber sagen, dass gerade die kürze des Buches an einigen stellen auch Unklarheit in den Konzepten schafft
gerade hinsichtlich der Aktualisierung, aber auch Differenzierung zwischen appropriation und counter appropriation, aber auch bei so fragen, wie intersektionale verläufe funktionieren, gerade hinsichtlich seiner Butler-Diskussion rund um drag

insgesamt aber klare Empfehlung, eine erste Skizze für eine Ethik der appropriation im sinne einer postmodernen kritik einer essentialisierenden subjektivierungspraxis nachzuvollziehen
er ist halt sehr auf dem trip von deleuze und co, gerade hinsichtlich der hybridität von Subjekten, finds aber gerade in diesem Kontext sehr produktiv
43 reviews
October 30, 2022
Jens Balzer behandelt mit seinem aus fünf Kapiteln bestehenden Essay sehr ausdrucksstark den Themenbereich der Appropriation und wie man mit dieser umgehen sollte. Balzer sticht besonders durch seine Eloquenz und einen einfach tollen Sprachstil hervor.
Dieser Essay ist nicht nur eine Auseinandersetzung mit kultureller Aneignung, sondern auch ein Appell für eine sachlichere Diskussionskultur, zu welcher auch dieses Buch selbst beiträgt.
Profile Image for Andreas Hänisch.
55 reviews2 followers
June 26, 2023
Gute Einführung in das Thema. Hätte mir aber mehr Einordnungen von Fällen gewünscht. Er bringt am Anfang viele Beispiele, lässt aber offen, ob er selber diese Beispiele als negative kulturelle Aneignungen lesen würde.
Profile Image for selmamaria.
26 reviews3 followers
May 23, 2024
Ich finde die Idee, die Jens Balzer in diesem Buch vertritt, sehr nachvollziehbar und schlüssig argumentiert. Mir persönlich haben aber konkrete Beispiele für gute und schlechte kulturelle Aneignung gefehlt.
Profile Image for eddie.
105 reviews1 follower
June 30, 2023
lowkey verwirrend und hätte länger sein können
aber trotzdem sehr interessant
Profile Image for Stephani.
92 reviews8 followers
November 20, 2025
Una reflexión sobre la delgada línea que separa la inspiración de la apropiación cultural.
No voy a decir qué solución ofrece para no hacer spoiler, pero estoy muy de acuerdo con el autor.
Profile Image for altbauleserinberlin.
76 reviews1 follower
August 27, 2024
Wie immer ist es mir eine große Freude gewesen, einen weiteren Teil der „Fröhliche Wissenschaft“ Reihe“ zu lesen.
In nicht mal 100 Seiten so umfangreich über die „Ethik der Appropriation“ aufgeklärt zu werden, war jedes Geld der Welt wert.
Ich bin sehr gespannt auf die nächsten Bücher der Reihe!
Displaying 1 - 22 of 22 reviews

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