Frühmorgens bricht ein junger Mann mit dem Fahrrad in die Straßen der Stadt auf. Was er dort tut, bleibt sein Geheimnis. Zerschunden und müde kehrt er zurück. Und oft ist er glücklich. Jahrzehntelang hat Arno Geiger ein Doppelleben geführt. Jetzt erzählt er davon, pointiert, auch voller Witz und mit großer Offenheit. Wie er Dinge tat, die andere unterlassen. Wie gewunden, schmerzhaft und überraschend Lebenswege sein können, auch der Weg zur großen Liebe. Wie er als Schriftsteller gegen eine Mauer rannte, bevor der Erfolg kam. Und von der wachsenden Sorge um die Eltern. Ein Buch voller Lebens- und Straßenerfahrung, voller Menschenkenntnis, Liebe und Trauer.
Geiger grew up in the village of Wolfurt near Bregenz. He studied German studies, ancient history and comparative literature at the universities of Innsbruck and Vienna. He has worked as a freelance writer since 1993. From 1986 to 2002, he also worked as a technician at the annual Bregenzer Festspiele summer opera festival.
In 1996 and in 2004, he took part in the Ingeborg-Bachmann-Preis competition at Klagenfurt.
In October 2005, he was the recipient of the first Deutscher Buchpreis[1] literature prize (awarded by the booksellers' association of Germany) for his novel Es geht uns gut.
Hätte ich vermutlich nicht gelesen einfach so, aber die Lesegruppe, einmal mehr. Meine zwei Sterne lassen ein schlechtes Buch vermuten, doch das ist es nicht. Vielleicht ist es sogar ein richtig gutes Buch, auf jeden Fall ein Bestseller, offenbar, und eines, das sich schnell liest, ohne Mühe, ohne Aufwand, ohne jeden Reibungsverlust. Die zwei Sterne zeigen vor allem mein Desinteresse an dieser Art von Literatur: mittelalter Mann, Schriftsteller, erzählt von seinem Leben und seinen Lieben und packt noch ein paar Weisheiten über das Schreiben dazu.
Arno Geiger hat einen wunderschönen Künstlerroman geschrieben. Aufhänger seines autobiographischen Textes sind schweißtreibende Runden durch Wien, bei denen Geiger Altpapiertonnen durchsucht. Mit dem Verkauf ausgewählter Funde finanziert er zu Beginn seines Schreibens sein Leben. Aber seine Form des Containerns ist mehr als Lebenserhalt und wird auch fortgesetzt, als es finanziell nicht mehr nötig wäre.
Wie immer bei den Romanen Geigers wird man mit einer feinen, elegant fließenden Sprache belohnt. Die Geschichte ist im Vergleich zu seinen anderen Romanen nicht so ausgefeilt. Das Leben schreibt nicht immer die besten Geschichten. Mich hat das nicht gestört. Geiger ist einer dieser Autoren, bei denen man blind zu jedem Buch greifen kann. Er ist ein großartiger Stilist. Aus seiner Anstrengung beim Schreiben entsteht Leichtigkeit beim Lesen.
"Beim Lesen war es, als unternähme ich eine Erkundungsreise auf der Suche nach Dingen, die in der Natur vorkommen, in der Natur des Menschen nämlich."
Ein glückliches Geheimnis des Autors, weil er zu keiner Zeit Angst hatte, dass es aufgedeckt werden könnte. Ein beeindruckender Roman mit vielen blitzgescheiten Lebensweisheiten.
So wie Arno Geiger vom Leben und der Demenzerkrankung seines Vaters ermächtigt wurde, „Der alte König in seinem Exil“ zu schreiben, brachte ihn sein lange gehütetes Geheimnis dazu, einen weiteren autobiografischen Text zu verfassen. Anfang der 90er lebte Geiger noch während seines Studiums in einer preiswerten Wiener Wohnung und hatte mit Mitte 20 bereits zwei Romane geschrieben. Ein Zufallsfund an einem Altpapier-Container brachte ihn dazu, die Stadt jeden Morgen einige Stunden lang mit dem Fahrrad zu durchstreifen, um zuerst Bücher vor Vernichtung und Vergessen zu retten. Das Finden und Mitnehmen gibt bloßem Papier den Wert seines Inhalts wieder zurück, entdeckte er dabei. Außer seiner Partnerin wusste niemand von dieser Tätigkeit; am frühen Morgen und in Arbeitskleidung hätte ihn vermutlich auch niemand beim Containern erkannt. Waren es anfangs Bücher, die sich in der Vor-Internet-Zeit erfolgreich auf dem Flohmarkt verkaufen ließen, grub er schon bald tief im Container verwandte ideelle Werte aus: Tagebücher, Briefe, veraltetes Geschäftsbrief-Papier, Fotos, Patientenakten und historische Postkarten. Kluge Geschäftsverbindungen sorgten dafür, dass die Dinge in fachkundige Hände gerieten, während in der winzigen Wohnung ein Regal Platz beanspruchte, das schlicht „Geschäft“ genannt wurde. Natürlich war ich ungeheuer neugierig darauf, wie sich die schwere körperliche Arbeit des Bücherrettens mit Arno Geigers Autorentätigkeit vereinbaren ließ. Lange wurde ich auf die Folter gespannt, ehe der Autor mit der Verbindung zwischen Containerfunden und seinem Schreiben herausrückte, seiner persönlichen „Räuberleiter zu Ideen“. Wer Geigers letzte Bücher kennt, wird den Zusammenhang problemlos herstellen können.
„Der alte König in seinem Exil“ hat empathisch wie feinfühlig die Bedeutung des biografischen Ansatzes bei der Betreuung dementer Menschen verdeutlicht und wird deshalb vielen Leser:innen unvergesslich bleiben. Als Arno Geigers Vater an Demenz erkrankt, ist der Sohn noch keine 30 Jahre alt und kommt von nun an regelmäßig nach Wolfurt/Voralberg, um Zeit mit seinem Vater zu verbringen. „Das glückliche Geheimnis“ setzt früher ein. Es umfasst eine Zeitspanne von 30 Jahren und ordnet Geigers Romane ein in sein „Leben mit Nebenwegen und Sackgassen“. Die geheime Rettung kultureller Werte wird aus diversen Perspektiven betrachtet. Körperliche Tätigkeit außerhalb der Wohnung kann Autor:innen allein durch den Wechsel des Schauplatzes erden, im Fall von Geigers Bücherrettung verschaffte sie ihm ein paralleles Leben, das ihn einfach glücklich machte, in dem niemand Ansprüche an ihn stellte. Dass es ihm schwer fiel, von der Gewohnheit zu lassen, als er bereits erfolgreich und mehrfach preisgekrönt war, ist leicht nachvollziehbar.
Was Altpapier-Container über die vergangenen 30 Jahre zu erzählen hatten, fand ich so fesselnd wie die pure Vielfalt an Dokumenten und Geschichten, die dort zu retten war. Arno Geigers autobiografisches Buch hat mich besonders im Dreieck mit „Der alte König in seinem Exil“ und „Unter der Drachenwand“ beeindruckt. Auch wenn die beiden biografischen Texte aneinander andocken, finde ich beim Lesen diese Reihenfolge jedoch nicht zwingend.
Arno Geiger hat ein glückliches Geheimnis: Als junger Erwachsener entdeckt er Wien von einer anderen Seite. Früh morgens bricht er mit dem Fahrrad auf und kehrt am Nachmittag mit Kratzern und blauen Flecken zurück - und mit Schätzen. Denn aus einer Gelegenheit heraus beginnt der heute gefeierte Schriftsteller im Altpapier nach weggeworfenen Büchern, Zeitungen, Briefen und Tagebüchern zu suchen. Er nimmt sie teils mit, um sie auf Flohmärkten gewinnbringend zu verkaufen, teils bieten sie ihm die Möglichkeit, in fremde Leben einzutauchen, in Alltäglichkeiten, was ihm beim Schreiben seiner Romane zur großen Stütze wird.
Ausgehend von diesem Geheimnis, das nun keines mehr ist, schreibt Arno Geiger in "Das glückliche Geheimnis" seine Autobiographie, er erzählt vom Altwerden seiner Eltern, vom Schreiben und von seinen Liebschaften. Einerseits fand ich es interessant, dem Bericht eines mittlerweile preisgekrönten Autors über seine Anfänge bis hin zu seinen Erfolgen zu lauschen, andererseits hat mich Geigers ausschweifende Abhandlung über sein Liebesleben, was einen großen Teil des Textes ausmacht, doch extrem gelangweilt, zumal diese auch einen eher schalen, unbehaglichen Geschmack bei mir hinterlassen haben. Ich habe weite Teile von "Das glückliche Geheimnis" als eher belanglos empfunden, immer wieder unterbrochen von den Stellen, in denen Geiger sein schriftstellerisches Schaffen und seine Mülltouren schildert, die mich dann doch wieder aufhorchen ließen.
Ich denke, das Buch kann besser funktionieren, wenn man bereits den ein oder anderen Roman von Arno Geiger gelesen hat. Da dies meine erste Berührung mit dem Autor war, konnte mich die Autobiographie aber eher nicht überzeugen. Vielleicht versuche ich es demnächst einmal mit "Es geht uns gut" oder "Unter der Drachenwand", die inhaltlich vielversprechend klingen und über deren Entstehungsprozess ich nun in Auszügen Bescheid weiß. Für Fans von Arno Geiger ist "Das glückliche Geheimnis" sicherlich eine Entdeckung wert.
Selbstporträt mit Dame Kurzmeinung: Natürlich ist dieses Büchlein dann am interessantesten, wenn man mindestens schon einen Roman des Autors gelesen hat. Der österreichische Autor Arno Geiger hat zahlreiche Literaturpreise gewonnen, unter anderem mit „Es geht uns gut“ den Deutschen Buchpreis (2005). Natürlich habe ich diesen Roman gelesen, und er gefiel mir; „Unter der Drachenwand“ gefiel mir jedoch noch viel besser und ich habe vor, demnächst „Alles über Sally“ zu lesen. „Was würde Arno Geiger in „Das glückliche Geheimnis“ verhandeln?
Überraschung: es ist eine Autobiografie. Dabei ist der werte Herr Autor erst Mitte Fünfzig (geb. 1968). Das große Plus eines Schriftstellers und dieser Autobiografie, sie ist selbst geschrieben von A bis Z – no Ghostwriter was necessary.
Arno Geiger schreibt: „Durch Lesen verkürzen wir unsere Lebenszeit nicht, wir verlängern sie. In wenigen Stunden können wir die Erfahrungen nachvollziehen, die ein anderer Mensch in Jahren oder Jahrzehnten gemacht hat.“ So lässt er seine Leser daran teilhaben, wie er Schriftsteller wurde, welche Mittel er über die Jahre einsetzte, wie er arbeitet, wenn er sich erst einmal an einem Stoff festgebissen hat, ob ein Berufsschriftsteller überhaupt eine Chance auf dem Markt hat und mit welchen Ängsten er sich herumschlagen muss, solange er nicht etabliert ist.
Es ist nichts Neues, außer Talent braucht man Fleiß und Hartnäckigkeit, den Glauben an sich selbst, die Fähigkeit Niederlagen einzustecken und ein Quäntchen Glück. Und da man nie weiß, ob dieses Quäntchen Glück einem hold sein wird, lebt man im Ungewissen.
Wie Arno Geiger es gemacht hat, dass er gleich zu Anfang bei dem renommierten Verlag „Hanser“ einen Fuß in der Tür hatte, hat er allerdings nicht verraten und, obwohl er erstaunlich offen über Privates spricht, hält er sich dann auch wiederum da und dort bedeckt. Er meint, er hat trotz seines Erfolges, der in der Tat ein wenig auf sich warten ließ, die Bodenhaftung nicht verloren. Außer in einer relativ kurzen Zeitspanne nach dem Erhalt des Deutschen Buchpreises, als er auf einen Schlag bekannt, berühmt und wohlhabend wurde!
Der Kommentar: Bei einer Autografie wählt der Autor himself aus, was er von sich preisgeben möchte und was nicht. Die Auswahl Geigers ist denn auch beliebig. Manchmal möchte man mehr wissen, wie war das an dem Abend als er den Deutschen Buchpreis erhielt? Saß er auf heißen Kohlen, konnte er es fassen? Geiger hat den Leser ein wenig desillusioniert. Weiß man es wirklich vorher, dass man den Preis bekommt? Ich dachte, dies sei ein äußerst glückliches Geheimnis. Und nun ist es nur eine Sache von Beziehungen, ob man es vorher erfährt oder nicht.
In Österreich ist manches anders als in Deutschland. Und die Uhren ticken dort anders. Ist Papierabfall eigentlich Müll? Ich habe nicht ganz verstanden, warum Arno Geiger sich früher schämte, seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf von Papiermüllfunden zu verdienen. Er hatte immer andere Möglichkeiten durch sein Studium, auch wenn er diese Möglichkeit, sich eine „anständige“ Arbeit zu suchen, nie in Betracht zog. Die Berliner Zeit Geigers war ziemlich wild, darüber erfährt man wahrscheinlich aus gutem Grund, genug, jedoch auch nicht allzu viel. Arno Geiger ist erstaunlich offen, was sein Privatleben angeht – und dann doch wieder sehr zurückhaltend, nicht einmal den Vornamen seiner Ehefrau teilt er mit.
Fazit: Alles in allem liest man das Selbstporträt des Autors zügig, es ist ein kleines Buch, ein offenes, aber auch ein zurückhaltendes Statement eines, der auszog das Fürchten zu lernen, gemeinhin, ein Schriftsteller zu werden. „Das glückliche Geheimnis“ ist federleicht geschrieben, mit ansprechenden Zitaten versehen, keineswegs langweilig, aber natürlich nicht vergleichbar mit seinen großen Romanen, zum Beispiel „Der alte König in seinem Exil.“ Ob er noch einmal ein großes Werk schreiben wird? Ich traue es ihm zu.
Das jahrzehntelange „Doppelleben“ ist ja nun eigentlich nicht sehr spektakulär. Er durchstöbert regelmässig Altpapier nach Verwertbarem und ist dabei glücklich. (Wer an einem Sonntagmorgen nach einem der vielen Stadtteil-Hofflohmärkte durch München spaziert, kann sehen, dass er da nicht allein ist.) Es ist also eher ein alltägliches Geheimnis, über dass er reflektiert, ihm Bedeutung gibt. Er begreift es als Teil seiner künstlerischen Identität. Er reflektiert viel – über das Schreiben, über sich selbst, über seine Beziehung zur Welt. Das liest sich gerne und leicht.
Ich hab vorher noch nie ein Buch von Arno Geiger gelesen, aber da ich ein Faible für Erfahrungesberichte von Schriftstellern habe, macht das nichts. Ich mochte sowohl seine Gedanken zum Schreiben, die recht nüchterne Beschreibung des Beziehungschaos, als auch die Beschreibungen des "glücklichen Geheimnis" - Altpapiermüll nach Schätzen zu durchwühlen. Es liest sich gut weg.
In Arno Geigers autofiktionalen Roman „Das glückliche Geheimnis" geht es um Geigers jahrzehntelang gehütetes Geheimnis des Altpapiertonnendurchforstens. Auf seinen morgendlichen Fahrradrunden sammelte er weggeworfene Texte aller Arten. Diese zufällig gefundenen Tagebücher, Postkarten, Listen, Briefe und Notizen bilden das Fundament seiner literarischen Werke, denn im Alltäglichen, Hingeworfenen, Flüchtigentstandenen sieht er größere Wahrheit, als im fiktional Erdachten: „Das Alltägliche und Beiläufige zeigt uns tendenziell eher so, wie wir sind, nicht so, wie wir gerne wären (S.129).“ Vermutlich der Kern allen autofiktionalen Schreibens?
Als Lesende folgen wir Geiger durch sein Leben, seine schriftstellerischen Anfänge, vom Kampf um Erfolg, vom Ringen um einen Platz im großen Publikumsverlag für das erste Manuskript, dann der deutsche Buchpreis 2005, die Lesereisen ... es liest sich wie ein Rückblick auf seine literarische Selbstwerdung. Nicht so gut gefallen hat mir, seine fiktional wirkenden Liebschaften mit O. und K. gleichzeitig, Ausführungen über sein Sexleben, dass er nicht richtig verhütet hat, Geschlechtskrankheiten etc., das fand ich so semi-interessant. Ehrlich gesagt habe ich es der Hauptfigur nicht abgenommen. Wirkte etwas aufgesetzt, warum hat er diese Szenen dort eingefügt?
Geigers Sprache gefällt mir, sie ist elaboriert, wortgewand und von reichem Wortschatz. Rodel, Eichkatz oder Schmus u.w. kommen vor, vielleicht ist das österreichisch😬?
Leseempfehlung für Menschen, die Reflexionen über das literarische Schreiben mögen. Ein ruhiger, unspektakulärer Text, den ich gerne gelesen habe, aber "mindblowing" fand ich ihn nicht.
This entire review has been hidden because of spoilers.
ich halte nur wenige menschen für interessant genug, um biographien über sie zu lesen. noch mehr überwindung kostet es mich, ein buch von jemandem zu lesen, der sich selbst interessant genug für eine autobiographie hält, der glaubt, sein leben sei spannend genug, um anderen davon zu erzählen.
mit dieser recht pessimistischen einstellung habe ich dieses buch begonnen, und war positiv überrascht von der rauen, der schmerzhaft brutalen ehrlichkeit, mit der arno geiger über affären, depressionen, und hin- und hergerissenheit berichtet. was für ein wundervolles kopfkino!
viel schwieriger fand ich es wiederum, mich für die elendigen kapitel des immer gleichen schreibprozesses, die karriere des autors, und seine anderen werken zu begeistern. im endeffekt ist meine meinung simpel: ich bin kein fan von autobiographien. dadurch könnte mein feedback etwas unfair wirken, und doch möchte ich es hier teilen. trotzdessen ist diese erzählung kompakt und erfrischend, und zählt zu den aufrichtigsten mir bekannten büchern.
english review ↴
there is only a handful of people i consider interesting enough to read biographies about them. it takes even more persuasion to read a book by someone who thinks they are interesting enough for an autobiography, who believes their life is exciting enough to tell others about it.
i had started this book with this rather pessimistic attitude and was pleasantly surprised by the rough, painfully brutal honesty with which arno geiger reports on affairs, depression and being torn. what a wonderful picture he paints!
i found it much more difficult to be enthralled by the miserable chapters of the same old writing process, the author's career and his other works. in the end, my opinion is simple: i am not a fan of autobiographies. this might make my feedback seem a little unfair, yet i would still like to share it here. despite this, this story is compact and refreshing, and is one of the most honest books i have encountered.
Es klingt so vielversprechend: Ein autobiografischer Text, eine öffentliche Beichte über ein lang gehütetes Geheimnis, eine Reflexion über das Schriftstellerdasein. Und doch konnte mich "Das glückliche Geheimnis" von Arno Geiger nicht erreichen.
Geigers Geheimnis besteht darin, dass er gerne in Altpapiercontainern nach Büchern, Briefen und Dokumenten aller Art sucht. Er studiert sie und nutzt sie als Inspiration für seine eigenen Texte oder verkauft sie auf Flohmärkten. Anhand dieses Hobbys tauchen wir als Leser in Geigers Leben ein und erhalten dabei Einblicke in seine Beziehungen und die Entstehungsgeschichte seiner Romane.
Vielleicht bin ich mit falschen Erwartungen an diesen Text herangegangen, vielleicht hätte ich ihm mehr Interesse entgegengebracht, wäre es nicht mein erstes Werk von Geiger gewesen. Trotz einiger interessanter poetologischer Betrachtungen und sprachlich fein eingefangener Alltagsbeobachtungen fehlte es mir an Tiefe, Raffinesse und... nun ja, so ziemlich allem. Geiger erzählt unermüdlich von der Dreiecksgeschichte zwischen seiner Freundin und einer mexikanischen Geliebten, und ich frage mich: Wen interessiert das?
„Als ich im Herbst eingeklemmt war zwischen mehreren Frauen, bekam ich vom Nervenstress Hautausschlag".
Unaufgeregt, schnörkellos, inspirierend, reflektiert und mitten im Leben - Arno Geiger versteht die Kunst des Erzählens. Auch über sich selbst. Und er schreibt einen der schönsten Sätze, der genau hierher passt: .."Lesen verkürzt die Lebenszeit nicht, es verlängert sie..." Ein schönes Buch.
Wieviel lieber hätte ich die Briefe gelesen, von denen Geier berichtet, als dieses selbstverliebte, oberflächliche Geseier. Wäre es nicht fürs Lesekränzchen gewesen, hätte ich es nie beendet - ein Paradestück für Blickwinkel alter, weißer Männer.
Ich habe noch keinen von Arno Geigers Romanen gelesen, aber diese autobiografischen Erzählung zeigt, was für ein gutes Sprachgefühl und Gespür für Geschichten er hat. Noch dazu eine scharfe Beobachtungsgabe. Also alles, was einen guten Autor ausmacht. Auch das Thema war sehr interessant. Alles in allem eine spannende Lektüre.
Das Zitat von den ersten Seiten beschreibt das Kernthema des neuen Buches von Arno Geiger. Indem Buch offenbart der Autor Phasen in seinem Leben, die von Umbrüchen und Persönlichkeitsbildung geprägt sind. Und dabei spiegelt das Hauptthema des Buches, Müll, alles andere als den literarischen Anspruch des Buches wieder. Arno Geiger benutzt eine Sprache, die einfach und verständlich ist, und trotzdem so lebendige Bilder erzeugt, dass man nicht nur weiterliest, sondern aus dem Sog der Worte gar nicht mehr entkommt und Gefahr läuft, das Buch in einem Rutsch zu lesen. Es liest sich schöner als reine Sachbiographien und mal wieder ließ ich mich davon überzeugen, dass österreichische Autor*innen eine besondere Begabung haben, wenn es um die Reflexion und Niederschrift ihrer eigenen Lebensgeschichte geht! Gegen Ende des Buches verliert er sich meines Erachtens immer wieder in den gleichen Gedankenspiralen und versucht trotzdem noch alle Debatten der aktuellen Zeit aufzugreifen. Teilweise langatmig und weniger fesselnd, könnte Arno Geiger mit seinem neuen Werk trotzdem wieder auf Nominierungslisten auftauchen. Ein toller Start ins Lesejahr 2023 für alle, die gerne Joachim Meyerhoff und Monika Helfer lesen!
Ein Buch das berührende Einblicke in das Leben von Arno Geiger gibt. Auch spannend zu lesen, wie seine Bücher entstanden sind. Ich wusste gar nicht, dass er für eins meiner Lieblingsbücher "Uns geht es gut" den Deutschen Buchpreis erhalten hat. Ich Frage mich, ob ich ihn und seine Frau K schon Mal beim Radeln getroffen habe :-).
Ich hatte bisher noch kein Buch von Arno Geiger gelesen. In diesem Roman blickt er zurück auf sein Doppelleben als Schriftsteller und als Person, der täglich lange Runden durch Wien zieht, um in Altpapiercontainer auf Schatzsuche zu gehen. Er findet tatsächlich haufenweise Schätze: nicht nur Bücher, die er auf dem Flohmarkt wieder veräußert und damit sein Leben als Schriftsteller finanziert, aber auch Tagebücher und Briefkonvolute. Diese persönlichen Dokumenten ihm fremder Menschen begeistern und inspirieren ihn zutiefst: sie bringen ihm sehr viel über die Menschen bei. Er sieht nicht nur die Worte, die zu Papier gebracht sind, sondern auch das was eben nicht niedergeschrieben wird, das geteilte Wissen zwischen den Schreibenden. Auch bewundert er die Reinheit der nicht-stilisierten Sprache. Arno Geiger selbst ist ein großartiger Stilist und ich habe mehreren seiner Sätze in dem Buch abgeschrieben, weil ich sie so schön und inspirierend finde. Das Selbstporträt, dass er hier abbildet, ist ehrlich und hält perfekt die Balance zwischen Offenheit und Zurückhaltung. Obwohl er schon relativ früh in seiner Schriftstellerkarriere den Deutschen Buchpreis gewann, ist er durchaus bescheiden. Er stellt auch keine der drei Frauen, die eine größere Rolle in seinem Leben gespielt haben, oder seine alternden Eltern bloß. Arno Geiger scheint mir ein angenehmer Mensch zu sein. Fazit: inspirierend und erhellend, ein Buch, das ich sehr gerne empfehlen werde.
To było moje pierwsze spotkanie z prozą tego autora i na pewno nie ostatnie. Książka nie jest powieścią, raczej połączeniem autobiografii z esejem, w którym jest miejsce zarówno dla reflekcji o pisaniu, literaturze, społeczeństwie, jak i brutalnie szczerej relacji o własnym życiu. Pisze pięknie, bez zadęcia, mądrze, trafnie.
Arno Geiger nimmt uns mit in die Vergangenheit und erzählt uns von seinem "glücklichen Geheimnis". Auf welches ich nie gekommen wäre. Dabei ist es eigentlich so einfach wie genial. Einfach den Blick, das Auge auf das Weggeworfene, Entsorgte werfen. Auch wenn man dabei kopfüber in einen Altpapiercontainer schauen muss. Es erschließen sich einem Geheimnisse, man kann in das Innerste von einem unbekannten Menschen schauen, Neues über sich selbst entdecken und, was auch eine Rolle spielte, Geld damit verdienen. Arno Geiger tat genau dies über viele, viele Jahre - und es blieb sein Geheimnis, sein glückliches. Rückblickend erfährt man sehr viel über den Menschen Arno Geiger, sein Leben, sein Denken, sein Handeln. Und man kann seinen eigenen Horizont erweitern und einen anderen Blick auf die Dinge werfen.
Mir hat dieses Hörbuch ausgesprochen gut gefallen. Besonders auch der Sprecher Matthias Brandt. Seine Stimme und seine Art, das Buch einzulesen ist wirklich besonders. Von mir volle Hörempfehlung für alle Arno Geiger Liebhaber und die, die es werden wollen.
Arno Geiger hat hier keinen Roman geschrieben, sondern quasi eine Autobiografie seines Schriftsteller-Daseins. Sehr empfehlenswert, weil in großartigem Stil geschrieben und weil es auf sehr persönliche Ebene viel Hintergrund zur Entstehung seiner Bücher liefert.
Arno Geiger erzählt von den bisherigen Jahrzehnten seines Lebens – von seiner Entwicklung als Schriftsteller, von Familie und von der Liebe, und von einem (wie er es nennt) glücklichen Geheimnis, das all dem zugrundeliegt. Von Arno Geiger hatte ich bislang nur „Der alte König in seinem Exil“ gelesen, welches ich sehr ergreifend und gleichzeitig wunderschön geschrieben fand. Auch in seinem neuen Buch konnte mich dieser Schreibstil erneut begeistern – hier liest es sich, als würde der Autor einfach aus dem Nähkästchen plaudern, und gleichzeitig gibt es viele Sätze, die man anstreichen und aufheben möchte. Es ist auf jeden Fall ein sehr ehrliches Buch, in dem sich der Autor sehr wohl auch der Problematik bewusst ist, die so ein Rückblick mit ausschließlichem Fokus auf das eigene Leben mit sich bringt. Gerade das hat mich am Ende versöhnt, denn zwischendurch – so muss ich zugeben – gab es für mich doch einige Längen, bei denen bei mir das Interesse etwas schwand. Wer den Schreibstil des Autors mag und gerne mehr über das Leben von Arno Geiger erfahren möchte, wird an diesem Buch auf jeden Fall seine Freude haben. Es ist aber ein eher leises, gemächliches Buch, ohne spektakuläre Offenbarungen, und somit eher Geschmackssache.
1 ⭐️: Ich hätte dieses Buch wohl nie in die Hand genommen, wenn ich es nicht hätte für die Uni lesen müssen. Und offensichtlich nicht ohne Grund, denn ich war einfach durchgängig genervt beim Lesen. Arno Geiger beschreibt in "Das glückliche Geheimnis" seinen Karrieaufstieg und seine sogenannten "Runden", bei denen er im Altpapier gewühlt hat und anschließend auf dem Flohmarkt verkauft hat. Er bezeichnet dies als eine Art von Doppelleben, da er bei diesen Runden nicht erkannt wurde und quasi untertauchen konnte. Arno Geiger erzählt in diesem Buch offen über seine Liebes- und Bettgeschichten, einschließlich der Affären. Was mich am allermeisten gestört hat, war die Art und Weise wie teilweise über Frauen gesprochen wurde. Als eine Art Trophäe, die dadurch, dass er Schriftsteller ist, leicht zu bekommen sei. Auch die Beziehung zu seiner nun Ehefrau K. war vor allem am Anfang eine wandelnde Red flag. Weiterhin war Geigers mittelalterliches Denken etwas, das mich oft mit den Augen hat rollen lassen. Dass das digitale Zeitalter auch schlechte Seiten mitbringt, ist vermutlich allen klar. Aber der Autor verallgemeinert hier total und spricht davon, dass alle Kinder nun "fett", nicht meine Wortwahl, werden würden, weil sie nicht mehr vom Bildschirm loskommen würden. Das ist schlichtweg falsch und getreu dem Motto "FrüHeR WAr allES beSSeR". Zwischendrin gab es mal ein paar schöne Sätze und auch die Beziehung zu seinen Eltern war einfühlsam und rührend. Trotzdem macht das leider das große Ganze nicht wett. Leider kann ich das Buch demnach nicht empfehlen.
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Ich glaub mich hat ein Buch selten wo weit gebracht wie dieses hier. Es war wie ein Gespräch mit einem weisen Freund, der einem zeigt, wie es heißt zu leben.
Bei dem Buch handelt es sich nicht um einen Roman im herkömmlichen Sinne. Der Autor selbst nennt es Erzählung, ich nenne es eine autobiographische Erzählung. Der Protagonist erzählt von seinen Anfängen als junger Schriftsteller in Wien, vom Entstehen der ersten Romane, von den Verlagen noch wenig beachtet, von Stipendienaufenthalten in Berlin und Pommern, von seinen Liebesbeziehungen, von ersten Erfolgen, von Preisverleihungen, vom Gefragtsein als preisgekrönter Schriftsteller und von seinem Elternhaus in Vorarlberg. Der Hauptangelpunkt in dieser ein Vierteljahrhundert währenden Zeitspanne ist jedoch sein "Doppelleben" als Sammler von papierenem Abfall in den Abfallcontainern der Stadt Wien. Insofern lüftet er in dieser Erzählung ein lange gehütetes, aber glückliches, Geheimnis und gibt viel von sich und seinem Leben preis. Man erhält tiefe Einblicke in seine Paarbeziehungen, seine Familie und in den Schriftstellerberuf. Letzterer in seinem Fall eine Berufung, die sich auch aus den Funden seiner regelmäßigen morgendlichen Papierabfallwanderungen speist und ihn inspiriert. So habe ich es jedenfalls empfunden. Als Leser stellt man sich den Beruf des Schriftstellers ja gerne romantisch verklärt und irgendwie wundervoll vor. Hier erfährt man mal, wie es ist, Berufsschriftsteller zu sein, Dinge, über die man sich als "nur"-Leser keine, und wenn doch, dann die falschen Gedanken macht. Hin und wieder habe ich diese Selbstreflexion über das Schriftstellerdasein als zu viel empfunden. Langeweile kam beim Lesen dennoch nicht auf. Das liegt m. E. an der Erzählkunst des Autors, seine Sätze finde ich grandios. Was macht letztlich gute Literatur aus ? Ganz sicher auch, "dass alle, die das Buch lesen, darin etwas für sie Wichtiges finden" oder "das Leben sichtbar und dadurch verständlicher zu machen". Ja genau, so ist es ! Auf Seite 173 wird eine Bekannte beschrieben, die nie Verantwortung für ihre Eltern übernehmen musste. Auch ich habe lange die Bekannten beneidet, deren Eltern "mühelos", also ohne "zur Last" zu fallen, gealtert und gestorben sind. Bei den Eltern meines Mannes und bei meinen war das nicht so. Nach der Lektüre dieser Erzählung sehe ich das "neidlos": dieses Begleiten des Alterns der Eltern kann auch gewinnbringend sein und schärft den Ausblick auf das, was einen selbst erwarten mag... Fazit : Ich habe etwas für mich Wichtiges hier gefunden. Darüberhinaus ein großes Lesevergnügen, das ich sehr empfehlen kann.
Das glückliche Geheimnis von Arno Geiger ist in der Hörbuchfassung von Matthias Brandt gesprochen. Ich höre Hörbücher meist in einer schnelleren Geschwindigkeit, bei diesem Buch beinahe in doppelter Geschwindigkeit. Mir sind Hörbücher meist zu langsam eingesprochen. Die Stimme des Sprechers kann ich daher nur bedingt einschätzen, aber auch bei höherer Geschwindigkeit war diese noch sehr angenehm zu hören. Betonungen kamen gut heraus und haben den Inhalt unterstützt. Tatsächlich habe ich bisher noch kein Buch von Autor Arno Geiger gelesen - sein Name war mir auch nur ein vager Begriff, weshalb ich diese autobiografische Erzählung im vorhinein spannend fand ohne irgendwelche Erwartungen oder Vorstellungen zu haben. Ich finde es zudem auch meist schwierig biografisches Material zu bewerten - immerhin wird ein gelebtes Leben, oder zumindest Ausschnitte davon, wiedergegeben. Wie viel Wahres diesem Buch zu Grunde liegt weiß womöglich nur Autor Arno Geiger selbst. Die Erzählung war jedoch stringent und gut aufgebaut, so dass ich ihr gern gefolgt bin. Dennoch habe ich einige Passagen als eher langatmig wahrgenommen und mich öfter dabei erwischt das Hörbuch eher als Hintergrundgeräusch angemacht zu haben. Geiger philosopiert in diesem Buch auch über verschiedene Aspekte des Lebens. Diese Einschübe sind nett, unterbrechen jedoch die fortlaufende Handlung - wie es wahrscheinlich im echten Leben auch ist. Insgesamt habe ich das Buch gern gehört - Arno Geiger ist mir nun etwas näher. Einen langfristigen Nachhall wird dieses Buch jedoch nicht bei mir hinterlassen.
Arno Geiger hat eine ungewöhnliche Biografie geschrieben. Auf den ersten Blick scheint es so, als ob das Stöbern in den Altpapiertonnen seiner Heimatstadt das zentrale Thema ist und er nur nebenbei aus seinem Leben erzählt.
Aber ich habe auch gemerkt, dass diese beiden Dinge in dem Buch untrennbar sind. Je nachdem, an welchen Punkt sich Arno Geiger in seinem Leben befunden hat, ging er auf weiteren oder kürzeren Wegen auf die Suche nach seinem ganz persönlichen kleinen Glück. Manchmal hat das Gefundene seinen Lebensunterhalt bestritten, manchmal hat es ihm persönlich Freude gemacht. Mir hat gut gefallen, wie er davon geschrieben hat, die Menschen in den jeweiligen Vierten, in deren Tonnen er gerade unterwegs war, besser kennengelernt zu haben. Aber er lässt auch zu, dass ich ihn besser kennenlernen durfte. Arno Geiger erzählt sehr ehrlich aus seinem Leben und spart dabei auch die weniger schönen Seiten nicht aus.
Über eine Bemerkung musste ich schmunzeln: er schreibt darüber, dass die eigene Schäbigkeit einem immer als letztes auffällt. Deshalb hätte ich gerne den jungen Arno Geiger gesehen, wie er auf seinem schwer beladenen Rad unterwegs war.
Als er das Haus seines Vaters leerräumen muss, wird er plötzlich vom Sammler abgelegter Schätze zu demjenigen, der sich trennen muss. Und er erkennt, dass diese beiden Seiten sehr unterschiedlich sind. Ob er seine Funde mit dieser Erkenntnis anders bewertet? Auf jeden Fall hat er immer respektvoll, wenn auch manchmal ein bisschen überrascht von seinen Funden berichtet.
Ein ruhiges, aber sehr schönes Buch, das mir Lust auf noch mehr Bücher des Autors gemacht hat.