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Versöhnungstheater

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Eine kritische Analyse der deutschen Klug und polemisch seziert Bestsellerautor Max Czollek den Wandel im deutschen Selbstverständnis.

Max Czolleks legendäre Bücher „Desintegriert euch!“ und „Gegenwartsbewältigung“ streuten lustvoll Zweifel an den deutschen Narrativen von Integration bis Leitkultur. Scharf, gewitzt und an jeder Stelle überraschend, schließt Versöhnungstheater diesen Kreis, wenn es nach der aktuellen Erinnerung an die Verbrechen der Vergangenheit fragt. Seit weltweit bewunderten Gesten der deutschen Selbstvergewisserung vom Warschauer Kniefall bis zum Holocaust-Mahnmal hat sich in letzter Zeit einiges verä Das Berliner Stadtschloss feiert Preußens Könige, mit dem neuen Militärhaushalt wird eine Zeitenwende beschworen und der Bundespräsident bedankt sich auf Israelreise ungefragt für die „Versöhnung“. Deutschland ist wieder wer, auch weil es sich so mustergültig an den Holocaust erinnert. Herzlich willkommen zum Versöhnungstheater!

176 pages, Kindle Edition

Published January 23, 2023

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About the author

Max Czollek

47 books98 followers
Max Czollek, geboren 1987, ist Autor und lebt in Berlin. Er ist Mitherausgeber des Magazins Jalta – Positionen zur jüdischen Gegenwart und seit 2021 Kurator der Coalition for a Pluralistic Public Discourse (CPPD) für eine plurale Erinnerungskultur. Er hat vier Gedichtbände publiziert, bei Hanser erschienen bisher seine vieldiskutierten Essays Desintegriert euch! (2018), Gegenwartsbewältigung (2020) und Versöhnungstheater (2023). 2022 war er Ideengeber und Kokurator der Ausstellung Rache. Geschichte und Fantasie am Jüdischen Museum Frankfurt, deren Begleitband ebenfalls bei Hanser erschien. Aktuell ist er Gastkurator am Haus der Kulturen der Welt Berlin, wo er seit 2023 eine Gesprächsreihe hostet und ab 2024 das deutschlandweite Projekt heimaten begleitet.

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Displaying 1 - 30 of 44 reviews
Profile Image for Elena.
1,030 reviews409 followers
January 29, 2023
Deutschland inszeniert sich international gerne als Erinnerungs-Weltmeister - vom Warschauer Kniefall über das Holocaust-Mahnmal in Berlin bis hin zum Instagram-Projekt ichbinsophiescholl. Doch wie viel Ehrlichkeit, wie viel Substanz steckt wirklich in der deutschen Erinnerungskultur? Der Lyriker und Essayist Max Czollek seziert in seinem neuen Buch "Versöhnungstheater" den Umgang der Deutschen mit ihrer gewaltvollen Geschichte, von der Erinnerung bis zur Gegenwart.

Für Max Czollek ist die Erinnerungskultur in Deutschland kein Versuch der Wiedergutmachung, sondern vielmehr der Wiedergutwerdung, ein Sich-Frei-Machen von der Schuld, die heute in neu errichteten Preußenschlössern gefeiert werden kann und in der eine "Zeitenwende" in die deutsche Politiklandschaft Einzug hält, in der Deutschland international - politisch sowie militärisch - wieder eine führende Rolle spielen soll. Eine wirkliche und ernsthafte Aufarbeitung des Massenmords an sechs Millionen Jüdinnen und Juden existiert für den Autor schon deshalb nicht, weil für viele Schuldige die Taten ohne Konsequenzen blieben. Das Versöhnungstheater setzt aber auch da ein, wo eine Versöhnung ungefragt einseitig beschlossen wird, ohne auf das Leid und die Untröstlichkeit des Gegenübers wirklich einzugehen.

Der Essay ist aufrüttelnd und unbequem, aber vor allem notwendig, zeigt er doch die Gefahr auf, die eine bloß symbolischen Erinnerung an deutschlands Nazi-Vergangenheit birgt: die fehlende Aufklärung des NSU, die rassistischen Attentate in München, Halle und Hanau, der Einzug einer rechtspopulistischen und rechtsextremen Partei in den Bundestag - die Liste lässt sich ewig weiterführen. Wie eine Erinnerungskultur aussehen müsste, damit sich die Gewalt der Vergangenheit eben nicht wiederholt, zeigt Czollek mit seiner Kritik auf - für mich auf den Punkt und unbedingt lesenswert!
Profile Image for Paulin.
50 reviews18 followers
January 28, 2023
Das permanente Neuentdecken der Gefahren rechter Gewalt ähnelt der Vergesslichkeit, die man Goldfischen nachsagt. Der landläufigen Meinung zufolge sind diese Tiere nicht imstande, sich Dinge zu merken, die länger als wenige Momente zurückliegen, weshalb sie ein Aquarium nur als Folge immer wieder überraschend im Weg stehender Gladwände wahrnehmen können. Ähnlich verhält es sich beim Umgang insbesondere konservativer Politiker*innen mit rechtem Terror. […] Es gibt ein erinnern, das Vergessen bedeutet. Die deutsche Gesellschaft als Schwarz-Rot-Gold-Fisch, wenn man so will. (S. 46 f.)

Czolleks neues Buch „Versöhnungstheater“ beschäftigt sich mit der deutschen Erinnerungskultur und der politischen (Nicht-)Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Hierfür zeichnet er die verschiedenen Etappen der Erinnerungskultur in der BRD und der DDR nach, betrachtet, welche Akteur*innen des Widerstands in das Gedenken einbezogen werden (und mit welchem Zweck) und wie es dazu kommen konnte, dass die politische Realität, in der Minderheiten in diesem Land immer noch (und teilweise zunehmend) gefährdet sind, so weit von der weitverbreiteten Haltung der „wiedergutgewordenen“ Deutschen zur Erinnerungskultur divergiert.
Denn darum geht es vor allem im „Versöhnungstheater“: Ein Teil der Bevölkerung wünscht sich nichts sehnlicher als die Befreiung von der Schuld, ein Versöhnen mit der Geschichte, eine „Wiedergutwerdung“, die nur auf das Wohlbefinden weißer, nicht-jüdischer Deutscher abzielt, ohne eine tatsächliche Leistung zu erbringen, die Menschen in der Gegenwart und der Zukunft vor Antisemitismus, Rassismus und anderen Diskriminierungs- und Gewaltformen schützt. Es ist ein rein symbolischer Akt.

Czolleks Schreibstil ist wie immer sehr pointiert, eingängig und zuweilen humorvoll. Ich empfand dieses Buch ein wenig schwächer als „Desintegriert euch!“ oder „Gegenwartsbewältigung“, da es für mich weniger in die Tiefe ging.
Gefallen haben mir besonders die Verknüpfung zu aktuellen politischen Themen wie dem Ukraine-Krieg (denn ja, anscheinend schaffen es Deutsche auch hier, einen Bezug zur Shoah herzustellen) sowie die kritische Außeinandersetzung mit dem „Containment“ der Gedenkkultur – das Einhegen der Erinnerung in bestimmte Orte, sodass das Umgebene „frei“ von der Last sein könne.

Solange also die Züge nicht rückwärts in die Bahnhöfe einfahren und der Ansager sagt: „Hier habt ihr eure Verwandten“; solange die Schiffe nicht rückwärts über den Atlantik treiben und ihre menschliche Fracht ausladen; solange die Zeitungen nicht schreiben: „Hier habt ihr euer Eigentum, eure Freund*innen, euer Weltvertrauen zurück“, so lange bleibt Versöhnung unverfügbar. Und jedes Reden von ihr ein Affront. (S. 156)
Profile Image for Whit Agu.
16 reviews
June 2, 2025
Eine sehr spannende Auseinandersetzung mit der deutschen Erinnerungskultur. Erinnern wir, um das Leid zu betonen, die eigene Schuld und die Verantwortung für die Zukunft anzuerkennen? Oder doch eher, um unsere Moral zu schützen, um uns selbst von Schuld loszusagen und um am Ende sagen zu können "Jetzt reicht es aber mal" und heutigen und damaligen/generationalen rassifizierten, migrantischen, jüdischen, ... Schmerz jeder Art in die Schublade zu stecken und verschwinden zu lassen?

Das Buch zeigt, welche Bedeutung Erinnern heute noch hat und dass Erinnern nur funktioniert, wenn damit auch Konsequenzen und Realität verbunden sind.
Profile Image for Jakob Palmer.
91 reviews8 followers
July 20, 2025
Ne gute Kritik am deutschen diskurs der vergangenheitsbewältigung, die czollek pluraler denken will
Gerade die Homogenisierung des jüdischen Diskurses, die dekonstruktion deutscher widerstandsmythen, zu stauffenberg, Scholl und anne Frank sind wirklich wichtig
Auch die symbolpolitische Prägung kritisiert er sinnvoll
Es fügt sich gut zu ner Trilogie zusammen, die einzelnen Motive greifen gut ineinander, gerade vom integrations zum Versöhnungstheater und dessen jeweiliger Kritik
Profile Image for Soeph.
170 reviews1 follower
September 9, 2023
Wieder richtig gut, und vor allem randomly passend zu meiner Seminararbeit
Profile Image for anotherbritinthewall.
174 reviews
March 15, 2023
Wie immer gut recherchierte und wunderbar getextete Gedanken und Impulse zu Deutschland, dem Holocaust und dem Erinnerungstheater sowie dessen kleinem Bruder, dem titelgebenden Versöhnungstheater. Wer zögert, sich auch diesen Czollek-Essay zu geben, weil das ja irgendwie wieder was ähnliches ist wie in den ersten beiden, sollte bedenken, dass Czollek sich halt auch mit Themen auseinandersetzt, mit denen man sich gar nicht genug befassen kann (und nur weil etwas auf den ersten Blick ähnelt, ist das ja noch lang nicht das gleiche). Einfach lesen und reflektieren.
Profile Image for ➸ Gwen de Sade.
1,226 reviews112 followers
February 3, 2023
Wie immer sehr pointiert und wertvoll. Manchmal findet der Autor sehr harte Worte, aber ja, sie sind auch notwendig.
Profile Image for Linnea.
10 reviews
July 24, 2023
Hab das Buch richtig eingeatmet. Czollek erklärt total präzise und auch ohne Vorwissen gut verständlich, warum Erinnerungskultur wie sie in Deutschland aktuell stattfindet super problematisch ist und in so großen Teilen darauf abzielt, sich bspw. durch das Errichten von Holocaust-Mahnmalen, Gedenkstätten etc. eine Legitimation zu "erkaufen" wieder stolz auf Deutschland sein zu dürfen. Also nach dem Motto, "wir haben doch Maßnahmen ergriffen, das reicht doch jetzt, lass mal abschließen und Geschichte Geschichte sein lassen." Dem gibt er sehr adäquat auf die Fresse.
Einen spannenden Punkt fand ich auch, dass das Ziel von Erinnerungskultur nicht unbedingt Versöhnung sein muss. Beim Thema Berliner Stadtschloss hab ich viel mitgenommen, dass das zu dicken Teilen von Rechten finanziert wurde z.B.
Ein paar wenige Abschnitte hab ich nicht so ganz verstanden, weils für mich ein bisschen zu komplex formuliert war, aber insgesamt hab ich in bemerkenswerter Kürze einen Batzen gelernt.
Profile Image for Sebastian.
96 reviews10 followers
January 23, 2024
Max Czollek nimmt mit diesem Buch schonungslos die heuchlerische Aufarbeitung der deutschen NS-Verbrechen auseinander, die nach 1945 in BRD und DDR stattfand. Für mich eine sehr erhellende Lektüre und ich bewundere den Autor für die Vehemenz, mit der er in der Öffentlichkeit sehr wichtige Standpunkte vertritt. Auch wenn es dadurch den ein oder anderen Moment gibt, in dem ihm der Blick über den eigenen Tellerrand abgeht, die eigenen Argumente zu unhinterfragt vorgetragen werden. Im vorliegenden Buch sind diese Momente aber kaum vorhanden und zu vernachlässigen.
Negativ war für mich der etwas willkürlich wirkende Aufbau, zudem die nicht immer besonders leserfreundliche Sprache. Da es sich hier aber um ein Sachbuch handelt, kann ich über sprachliche Aspekte leichter hinwegsehen.
Profile Image for Anna.
195 reviews8 followers
October 17, 2023
chilling, goose-bump inducing. and absolutely crucial to understand German remembrance culture and how the dominant society drifts anew in a right-wing direction (which really was never gone). one of those books which entirely changes your perspective on how things work.
Profile Image for Armin Klica.
138 reviews28 followers
April 17, 2023
„Denn im Versöhnungstheater verwandelt sich die Erinnerung an die Gewaltgeschichte von einem Instrument der Kritik in eine Energiequelle für eine neue nationale Normalität. Es gibt ein Erinnern, das Vergessen bedeutet.“
 
In seinem Buch „Versöhnungstheater“ kritisiert Max Czollek die „weltweit bewunderte“ deutsche Erinnerungskultur. Er zeigt anhand von bestehenden Beispielen, wie kritisch die neue Erinnerungsarchitektur ist. „Projekte wie das Berliner Stadtschloss zeigen, in welche Richtung sich eine staatliche Gedächtnisarchitektur seitdem weiterentwickelt hat. Die Konzeption früherer Entwürfe scheint dabei einer umfassenden Bejahung der deutschen Geschichte gewesen zu sein.“
 
Durch Max’ Vertiefung der Thematik merkt man schnell, dass „(d)ie deutsche Erinnerungskultur der vorangegangenen Jahrzehnte mit ihren jüdischen Museen, Gedenktagen, Kniefällen und Holocaustmahnmal (…) dabei zur Grundlage einer Versöhnung mit der deutschen Geschichte erklärt“ wird. Weiter sagt er „(d)ie Logik des Versöhnungstheaters lautet jedenfalls: Weil wir so intensiv an die „negativen“ Seiten der deutschen Geschichte erinnert haben, dürfen wir nun auch ihre „positiven“ Aspekte zelebrieren. Und wir dürfen nicht nur, wir müssen sogar: weil eine Gesellschaft positive Orte der Erinnerung braucht, wie Grütters glaubt, und weil die offene Wunde geschlossen werden muss, wie These behauptet.“
 
Max reißt außerdem in seinem Buch die Geschichte der Juden und Jüd_innen auf und zeigt deutlich „(w)ill man 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland historisch korrekt erzählen, dann beinhaltet das lange Phasen, in denen kaum Juden und Jüdinnen in Deutschland lebten. Der letzte und tiefste Bruch ist bekanntlich gut achtzig Jahre her.“
 
Das Buch ist empfehlenswert, nur muss ich auch zugeben, dass ich mit dem ‚akademischen‘ deutsch zu kämpfen hatte und oft Kapitel mehrmals lesen musste, um genau zu verstehen, was gemeint ist. Vielleicht lag es an meinem mangelnden Deutsch.
 
„Eine Erinnerungskultur also, die nicht nur danach fragt, was war, sondern auch danach, was heute ist. Und wie wir die Erinnerungskultur so einrichten können, dass sie die Vergangenheit zwar erinnert, sie aber nicht wiederholt.“
Profile Image for charlotte.
51 reviews2 followers
March 15, 2023
max czollek kritisiert in seinem buch “versöhnungstheater” die deutsche erinnerungskultur.
super wichtiges thema, womit sich jede:r mal 160 seiten lang mit auseinandersetzen kann!
denn die deutsche vergangenheit wird meist gar nicht wirklich aufgearbeitet, sondern es geht mehr um eine wiedergutwerdung, um sich freizumachen und kein schlechtes gewissen mehr haben zu müssen. erinnerungskultur sollte jedoch nicht nur symbolisch sein, sie fordert auch ein handeln und ernsthaftes aufarbeiten der vergangenheit.
czollek beschreibt, wie wenig konsequenzen es für schuldige gab und gibt und wie die “versöhnung” eigentlich nur einseitig ist, da auf das leid des gegenüber meist gar nicht richtig eingegangen wird.
er legt außerdem dar, wie erinnerungskultur anders gestaltet werden müsste, um zu verhindern, dass sich die vergangenheit wiederholen kann. ein wichtiger punkt, der leider oft zu wenig im vordergrund steht.
dafür werden in den einzelnen kapiteln viele beispiele gegeben und es wird sehr verständlich und treffend niedergelegt, was er mit “versöhnungstheater” meint.
deswegen will ich auch gar nicht zu viel über den inhalt reden, max czollek bringt es selber ganz gut auf den punkt - eine sehr große leseempfehlung!!!
Profile Image for Debo.
573 reviews15 followers
April 17, 2023
Picked this up this afternoon and did not put it down for a second until I had finished it. Stellar commentary, I cannot overemphasize how valuable Czollek's analysis and contributions are to the discourse surrounding German identity and Germany's way of talking about the Shoah and the Holocaust today. His takes are firmly rooted in Jewish refusal to play the role of forgiving victims that the GRD expects them to in its fabrication of reconciliation. Furthermore, he firmly stands in solidarity with migrant resistance to the continuation of our history and present of violence. The approach he demands of Germany when it comes to remembrance and memorial is on point and irrefutable, the way I see it. I wish he was translated into other languages. Sure, the entire discourse is Germany centric and focused, but he says a plethora of good things that I wish others demanded of Germans too and could be a strong voice in movements for compensations for atrocities committed. Poignant, incredibly well researched and firm in its convictions while not incapable of finding the words for nuance where they are needed. Essential reading!
Profile Image for Anka.
1,115 reviews65 followers
February 3, 2023
Teilweise sogar für mich zu polemisch, aber insgesamt halt leider einfach alles zu wahr. Sollte für alle Deutschen mit Nazihintergrund Pflichtlektüre sein.
Profile Image for Cheap.And.Cheerful.
408 reviews23 followers
October 22, 2023
Bei 'Versöhnungstheater' handelt es sich um das dritte Buch von Max Czollek aus seiner Essay-Reihe, das auf die beiden Vorgänger aufbaut, aber auch gut alleine funktioniert. Er schildert darin die historisch unterschiedlichen Phasen der Erinnerungskultur und kommt an in der Gegenwart des Versöhnungstheaters, die er in den Kontext des heutigen Umgangs mit Minderheiten stellt.

Czollek zeigt im gewohnt scharfen Ton auf, wie die deutsche Politik und Gesellschaft nicht nur in Bezug auf die Bekämpfung von Antisemitismus, sondern auch von Rassismus versagt hat und Schritt für Schritt immer mehr Raum schafft für Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und die daraus entstehenden Folgen.

Eingebettet in zahlreiche gesellschaftspolitische Beispiele aus der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit skizziert Czollek ein Bild der Verfehlungen, des aktiven Wegschauens und Uminterpretierens.

Wie auch schon bei den beiden Vorgängern kann ich allen dazu raten, Czolleks Buch zu lesen.
61 reviews
March 5, 2025
Wenn wir endlich akzeptieren, dass es innerhalb der Erinnerungskultur Raum für Gefühle der Untröstlichkeit und Unversöhnlichkeit braucht für Menschen, die durch Gewalt traumatisiert oder geprägt wurden und Geschichte (und ihre Kontinuität) betrachten, ohne zu negieren und relativieren, kann Erinnerungskultur gelingen. Czollek weiß worüber er schreibt. Unermüdlich, brillant, analytisch macht er deutlich, dass unsere Gesellschaft eine plurale Erinnerungskultur braucht: „Am Ende wird es darum gehen, die Geschichte nicht mehr als einen Ort der positiven Identifikation zu verstehen, sondern als Mahnung, wie schlimm die Dinge werden können. Und als Energiequelle, die Gegenwart so einzurichten, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholt“.
Profile Image for Charlie.
765 reviews26 followers
April 21, 2024
5 STERNE

CW: Diskussion von Antisemitismus, Tod, Mord, Massenvernichtung, Gewalt

Zwar habe ich ein paar Pause während meiner Lektüre eingelegt, aber das Buch und das darin diskutierte Thema ließ mich einfach nicht los, deshalb musste ich immer weiter lesen bis ich fertig war. Ein vieldiskutiertes Thema ist die Behandlung der NS-Zeit im Schulunterricht, jede Person, die in Deutschland zur Schule geht, behandelt das Thema mindestens einmal, wenn nicht öfter. Und genau das ist ein Aspekt, den Max Czollek hier als Versöhnungstheater bezeichnet. Deutschland inszeniert sich so als habe man die Geschichte aufgearbeitet, man erinnert im Akkord und kann so immer wieder auf dieselben Errungenschaften hinweisen.

Czolleks Ausarbeitung dieser hypokritischen Einstellung und der dargestellten Beispiele hat mir ehrlicherweise die Augen geöffnet. Es ist keine Entschuldigung, aber in meiner privilegierten Position habe ich noch nicht oft über die deutsche Erinnerungskultur nachgedacht. Vielleicht nebensächlich, wenn es um anderen Themen wie rechte Gewalt ging, aber noch nie explizit. Ich muss sagen, dass Czolleks Darstellung in diesem Buch mit vollkommen überzeugt hat.

Generell steht auch dieser Aspekt natürlich in Verbindung mit politischem Bewusstsein, einem Erhaltungstrieb für den Pluralismus und setzt einen erhöhten Grad von Selbstreflektion voraus. Ich stimme zu, dass genau das Versöhnungstheater maßgeblich an realpolitischen Entscheidungen beteiligt ist (man denke einmal an den öffentlichen Diskurs zum Israel-Palästina Krieg) und das BEwusstsein für diesen gesellschaftlichen Bias ist umso wichtiger für ein Verständnis der Gegenwart.

Czolleks andere Essays hatte ich sowieso schon im Auge (seit geraumer Zeit) und nach diesem Buch werde ich sie schnellstmöglich aus der Bibliothek ausleihen. Sprachlich ist das Buch einfach zu lesen und besonders gefallen haben mir die vielen diversen Beispiele, die angeführt werden. Mal wieder eine klare Empfehlung an alle.
Profile Image for Toni.
16 reviews3 followers
July 1, 2023
Das war meine erste Begegnung mit Max Czollek und ich wurde direkt dazu verleitet, dass "Desintegriert euch!" auf meinem Lesestapel landet.
In diesem Buch wird sich kritisch mit der deutschen Erinnerungskultur anhand vieler Beispiele und auch Gegenargumentationen auseinandergesetzt. Die zentrale These, die hier aufgestellt wird, ist, dass es sich bei der deutschen Erinnerungskultur um ein "Versöhnungstheater" handelt, welches inszeniert wird, um sich von der Schuld, die mit dem Holocaust auf sich geladen wurde nicht ganz reinzuwaschen, sich aber als Vorzeigebeispiel für ein vorbildliches Gedenken zu präsentiert. Dies leitet er davon ab, dass die Sichtbarkeit dieses Erinnerns allgegenwärtig ist, jedoch es kaum echte Bestrafungen für die Täter*innen gab und die Biologie mehr zu deren Strafe beigetragen hätte als der deutsche Staat. Zudem wird heutigen jüdischen Stimmen weniger Raum zugestanden, als Stimmen ermordeter/toter Juden und Jüdinnen, vor allem dann, wenn das was sie sagten von einem versöhnlichen Ton dominiert war (Hauptbeispiel ist hier Anne Frank).
Das Buch ist sehr radikal und erzeugt sicherlich in einigen Aussagen bei vielen Leser*innen auch eine gewisse Abwehrhaltung (was ich gemerkt habe, wenn ich anderen Personen davon erzählt habe). Ich finde es gibt darin sehr viele gute Denkanstöße zum Reflektieren und Diskutieren, ob die deutsche Erinnerungskultur eine "Wiedergutwerdung ohne Wiedergutmachung" ist.
Profile Image for Chris M Brandt.
64 reviews1 follower
October 3, 2025
Fantastisches Buch, das sich schonungslos ehrlich und direkt mit der Versöhnung des nazionalsozialistischen Deutschlands mit - ja mit wem eigentlich? vor allem mit sich selbst, denn 1. wurde ja unglaublich viel bedauert und aufgearbeitet und 2. muss ja dann auch mal wieder gut sein.
Czollek zeigt auf, warum 1. nicht stimmt, teilweise gelogen ist (Amnestiegesetze) und nicht ausreichend ist und 2. nicht eintreten kann, dass es niemals gut sein kann.
Deutschland inszeniert hierbei im allgemeinen soviel, dass Czollek zurecht von einem Theater spricht. Doch während bei einem Theaterstück die Zuschauenden applaudieren, applaudieren sich im Versöhnungstheater vor allem die Protagonisten selbst, die versuchen Opfer und Betroffene der Schoah als Projektionsfläche zu nutzen, um sich selbst wieder reinzuwaschen.

Czollek versteht es den Finger in die Wunde deutscher (nicht) Aufarbeitung zu legen und nicht wieder zu entfernen.
Profile Image for Malu.
16 reviews3 followers
May 1, 2024
Mal wieder ein tolles Buch von Max Czollek mit vielen Denkanstößen. Ich finde es immer gut, dass er seine Thesen anhand vielfältiger Beispiele greifbar macht und dabei bissig und humorvoll schreibt. Absolute Empfehlung!
Profile Image for Kueckibooks.
195 reviews18 followers
February 7, 2023
Another really well written, super relevant essay by Max Czollek!
Profile Image for Michael Reiter.
204 reviews20 followers
August 19, 2024
Als deutsche oder österreichische Gesellschaft ist man oft der Meinung, dass man die Zeit des zweiten Weltkriegs und der systematischen Mordmaschinerie dieser Zeit gut aufgearbeitet hätte. Das ist aber nicht der Fall. Gerade daran, dass man so oft hört, man solle das Thema doch nach 80 Jahren endlich ruhen lassen, und dass die Schuldigen ja gar nicht mehr am Leben seien, zeigt sich, dass eben so gut wie nichts aufgearbeitet wurde.

"Wir" haben einfach weitergemacht, als wäre nichts geschehen und dabei versucht uns einzureden, dass eine Versöhnung stattgefunden hätte. Czollek differenziert ganz klar zwischen Wiedergutwerdung (eben das Versöhnungstheater, das die Gesellschaft sich selbst vorspielt und damit die Vergangenheit leugnet) und der Wiedergutmachung, die quasi nicht stattgefunden hat bzw. auch von den obersten politischen Ebenen verzögert und ausgesetzt wurde und wird.

Leseempfehlung für alle, die aktiv etwas dafür tun möchten, damit sie sich als Teil dieser verlogenen Gesellschaft wieder in den Spiegel schauen können.
Profile Image for Celly.
72 reviews1 follower
May 8, 2023
My only question now is how I will get everybody I know to read this book because I never learned that much through less than 200 pages
Profile Image for sophiereads.
85 reviews
October 20, 2023
"denn auf ebene der empathie ist erinnerung kein nullsummenspiel. es ist genug trauer für alle da."
Profile Image for Jule.
341 reviews14 followers
September 3, 2024
Unbequeme Wahrheiten gut argumentiert. Auch dieses Buch bissig, aufrichtig, prägnant und voll spannender Analysen! Die Thesen von Max Czollek verdienen mehr Aufmerksamkeit, hält er der dt. Dominanzgesellschaft doch schonungslos den Spiegel vor.
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