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Im Bauch der Königin: Roman

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Shahira bricht die Regeln der kurdischen Community mehrfach: Sie ist alleinerziehend, schert sich nicht um die Blicke der Leute, die sie mit ihrer Freizügigkeit auf sich zieht, lebt nicht monogam. Für Amal und Raffiq, die Freunde ihres Sohnes Younes, ist sie Faszination und Provokation zugleich. Sie bewundern Shahira für ihre Kompromisslosigkeit und ihren Umgang mit Sexualität, missbilligen aber auch, wie sie ihre Bedürfnisse scheinbar über die ihres Sohnes stellt. Shahiras Andersartigkeit konfrontiert alle drei mit ihren eigenen Sehnsüchten, ihren Vorurteilen wie auch den Entscheidungen, die sie treffen müssen. Und ändert auf diese Weise ihr Leben für immer.

Paperback

Published July 16, 2021

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About the author

Karosh Taha

4 books19 followers

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Community Reviews

5 stars
99 (28%)
4 stars
133 (37%)
3 stars
103 (29%)
2 stars
14 (3%)
1 star
3 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 35 reviews
Profile Image for hannaღ.
219 reviews30 followers
May 7, 2020
Karosh Taha erzählt eine Geschichte vom Fremdsein, vom Verlassenwerden, von Freundschaft. Und das tut sie gleich zweimal, zuerst aus der Sicht der jungen Frau Amal, dann kommt ihr Bekannter Raffiq zu Wort. Lediglich der stille Younes bleibt in beiden Erzählungen nur Nebendarsteller, seine Sicht der Dinge lernen wir nicht kennen. Ein interessantes Konzept, das aufzeigt, dass es niemals nur eine Wahrheit gibt.

Wunderschöne Sprachbilder, kraftvolle Worte - ein atemloser Gedankenrausch, in dem die Orientierung nicht immer leicht fällt. Was anfangs unglaublich mitreißt und fesselt, wird mit der Zeit jedoch anstrengend: Seitenlange Sätze, bestehend aus ohne Pause wild aneinandergereihten, sich wiederholenden Satzfragmenten, das ist erst aufregend und kraftvoll, ermüdet aber schnell und macht es schwer, an die Charaktere heranzukommen, sie blieben für mich fremd, unnahbar und ich ihnen gegenüber schließlich gleichgültig.

"Im Bauch der Königin" ist für mich zu viel. Zu viel an Sprachspielereien, zu viel an Wiederholungen, zu viel an kunstvoll geschmiedeten Satzungetümen, ich hatte das Gefühl, gar nicht mehr zu Atem zu kommen.
Darunter leidet das Erzählen und leider auch die Greifbarkeit von Amal, Younes und Raffiq.

Vielen Dank an DuMont für das via NetGalley zur Verfügung gestellte eBook!
Profile Image for Areeb Ahmad (Bankrupt_Bookworm).
753 reviews262 followers
February 29, 2024
"I can't give him an answer and so I stay quiet. For Younes, every stranger means the possibility of becoming someone he'd like to be at that moment. It means he can be Younes a hundred times over without once being the Younes I know. He leaves. I stay on the bench for a while, watching Younes descend into the darkness before the next streetlight makes him visible and then invisible again, a magic trick."



I was drawn to Karosh Taha's clever novel due to its unique structure. She wanted to snap the grip of chronology, the imposition of a beginning and an end via a front and a back cover, and a proper reading order through a book that can read from both sides and give a different experience either time. These two stories or sides are functionally (and thematically) the same with the same cast of characters. But, the two focalised characters are different and so are their other relationships. The narratives are also distinct in terms of style, use or lack of speech marks, and sentence make-up that illuminate discrete, connected inner worlds, depicting Kurdish lived experiences in Germany.

At the centre of Taha's novel is the titular queen, Shahira. Although she does not have a PoV, she occupies the hearts and minds of all characters on both sides. An iconoclast, she's unrestrained in the pursuit of her sexual desires, unmindful of what is said about her behind her back. We only see her through gazes that lust after her, pity her, or condemn her. But all this while, Taha does not authorially degrade her. She calls Shahira "a sun around which the story revolves... [like] a literary omnipotence." So much of the novel unravels at the level of symbols and motifs. Stagnation and movement, alienation and assimilation, tradition and modernity, past and present—all in the air.


(I received a finished copy from the publisher in exchange for an honest review.)
Profile Image for Babette Ernst.
343 reviews83 followers
July 5, 2021
Karosh Taha ist eine weitere deutsche Gegenwartsautorin, deren Muttersprache nicht deutsch ist, die die erlernte Sprache aber in wunderbarer Weise gebrauchen kann und die einen Ausschnitt Deutschlands zeigt, der mir wenig ins Bewusstsein dringt.

Zwei Geschichten stecken in diesem „Wendebuch, in dem es nicht um eine politische Wende geht, sondern um die Möglichkeit, von vorne oder von hinten zu beginnen. Ich mag Lesebändchen, doch dieses gab eine Richtung vor und so habe ich ich das Buch, wahrscheinlich wie die meisten, so angefangen, dass das Lesebändchen oben befestigt war. Und das heißt, ich las die Geschichte von Amal zuerst und anschließend die von Raffiq. Beide gehen in eine Klasse und leben im selben Stadtviertel irgendwo im Ruhrgebiet, in dem viele Migranten aus dem irakischen Kurdistan wohnen neben wenigen Deutschen und Migranten aus anderen Regionen. Beide sind in Deutschland geboren und erzählen jeweils ihre Geschichte vom Alltag und Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen aus Migrantenfamilien. So habe ich das noch nie gelesen, ein wunderbarer Einblick in ein Stück Alltag in unserem Land. Überwiegend ist es der Alltag von Jugendlichen, die mit den selben Problemen wie viele andere zu kämpfen haben, mit Sehnsucht nach abwesenden Vätern, mit dem Kampf um Anerkennung und Freundschaften im Viertel, mit der ersten Liebe oder mit streitenden Eltern. Die Eltern sind durch fehlende Anerkennung ihrer Berufe und damit empfundener Missachtung ihrer Person oft nicht richtig angekommen in Deutschland. Sie sprechen die Sprache längst nicht so gut wie ihre Kinder, sie vermissen Sonne oder Gewürze und halten mit Mühe Traditionen am Leben. Aber sie (besonders die Mütter) genießen auch, freier zu sein, nicht allen Traditionen folgen zu müssen. Es ist eine Generation, die irgendwie zwischen Baum und Borke steht, mancher meint, sein Glück im Irak wiederfinden zu können. Die Kinder jedoch verstehen diese Sehnsucht nach dem Irak nicht. Für sie ist dieses Viertel im Ruhrgebiet mit dem Dönerstand und dem Gemüseladen, mit den Freunden und den Tratschgeschichten ihre Heimat und nirgends anders. Aber zu ihrem Heimatgefühl gehört auch eine enge Verbundenheit zur eigenen Familie und so müssen sie sich entscheiden, wo sie hingehören und wie sie ihr eigenes Leben führen wollen.

Zwei Geschichten aus dem selben Viertel zur selben Zeit und mit den selben Personen. Und trotzdem völlig verschieden. Das hat mich etwas irritiert, was sollten diese gravierenden Unterschiede bedeuten? Dass jeder seine eigene Wahrheit hat? Dass sich eine Lebensgeschichte im Rückblick verändert? Mag sein. Der Text bei Goodreads besagt außerdem, dass Shahira die Hauptperson ist. Auch das habe ich so nicht erkannt, für mich war sie eher Gegenstand der Aufregung, aber nicht Mittelpunkt des Buches.

Ich habe also vermutlich nicht alle Bedeutungsebenen entdeckt oder verstanden. Der Stil war gut, unterschiedlich in beiden Geschichten, so wie unterschiedliche Jugendliche erzählen würden. Amals Ausdrucksweise gefiel mir nur anfangs, dann wurde ich den langen Sätzen mit den vielen Wiederholungen etwas überdrüssig und es war gut, dass Raffiq die Ausdrucksweise nicht fortsetzte.

Sehr gut gefiel mir die Darstellung des Alltags der Jugendlichen, der sich von dem anderer kaum unterscheidet. Es ging mal nicht um Kopftuch, um Ehrenmorde oder rassistische Sprüche, um Alltagsdiskriminierung bei der Berufswahl oder Wohnungssuche, sondern um ein Heimatgefühl für kaum mehr als ein paar Wohnblocks, den Discounter, das Kino und ein Bank, es ging um die Suche nach dem eigenen Lebensweg zwischen Tradition und Freiheit.

Das Buch erhält 3 Sterne oder auch 3,5 nur deshalb, weil ich es nach Dostojewski gelesen habe, mit dem es sich nicht vergleichen lässt. Drei Sterne sind für mich ein gutes Buch, das ich empfehlen kann, wenn gute Coming-of-Age-Geschichten interesieren.
Profile Image for Uralte  Morla.
365 reviews112 followers
July 15, 2020
Ein Wohnviertel irgendwo im Ruhrpott. Hier lebt Amal, ein Mädchen, das Younes verprügelt und die Haare kurz trägt. Die später als junge Frau raucht und sich die Nägel rot lackiert. Die immer irgendwie für Aufsehen sorgt und sich nach ihrem Vater sehnt, der zurück nach Kurdistan gegangen ist.
Hier lebt auch Raffiq, der beste Freund von Younes. Auch sein Vater überlegt, wieder in seine Heimat zurückzukehren, die Eltern streiten deswegen und Raffiq fühlt sich verloren, weiß nicht, was er mit seinem Leben anfangen soll.
Sowohl Amal als auch Raffiq suchen Trost bei Shahira, Younes Mutter. Sie ist geschieden, alleinerziehend, trägt schicke Klamotten, die von der Community als zu aufreizend verurteilt werden. Und sie hat viele Liebhaber, was zusätzlich für Getuschel und Unmut sorgt. Amal und Raffiq sind gleichzeitig fasziniert und abgestoßen von ihrem Lebensstil. Ihr Sohn Younes leidet vor allem unter dem Stigma, das die Gesellschaft seiner Mutter aufdrückt. Sein Vater, der die Familie verlassen hat, wird für ihn zu einer Sehnsuchtsfigur.
Karosh Taha schreibt über all diese Figuren aus zwei verschiedenen Perspektiven, die in zwei verschiedenen Wahrheiten verhaftet sind. Die eine wird aus Amals, die andere aus Raffiqs Sicht erzählt, mit welcher die Lesenden beginnen, ist ganz ihnen überlassen. Am Ende einer jeden Erzählung muss das Buch gewendet werden und damit wendet sich auch der Blick auf diesen Erzählkosmos.
Die beiden Perspektiven ergänzen sich und tun es doch nicht, sie haben nichts miteinander zu tun und doch alles. Shahira und Younes fungieren als Bindeglieder, Shahira sogar noch mehr. Diese Frau, die wir nur aus der Außenperspektive kennenlernen und die doch Symbol ist für all die Sehnsüchte, die Träume, die Unsicherheiten der anderen Figuren.
"Im Bauch der Königin" erzählt auf sehr intelligente Weise von Kurden in der Diaspora. Von den Problemen, die ausgewanderte Menschen in Deutschland erwarten. Von den inneren und äußeren Konflikten. Der Roman thematisiert Feminismus, tradierte Männlichkeitsbilder, zerbröckelnde Familienstrukturen, Ängste und Sehnsüchte. Ein starkes, wichtiges Buch, das bei mir noch lange nachhallen wird.
Profile Image for Clarissa.
693 reviews20 followers
Read
January 10, 2025
Für mich war dieser „Wenderoman“ eine neue Erfahrung und das hat schon so viel Spannung und Abwechslung ins gewohnte lesen gebracht, dass ich von Anfang an hooked war. Im Prinzip hat es sich auch fast so angefühlt, als hätte man zwei Bücher in einem bekommen.
Inhaltlich hatte ich diesmal leider sehr zu kämpfen, was einerseits an meinen Problemen mit der Prosa, vor allem in Amals Hälfte, lag, und generell hab ich leider anders als in „Beschreibung einer Krabbenwanderung“ keine Verbindung zu irgendeiner Figur oder dem Setting gefunden. Trotzdem sehr innovativ und wertvoll für alle Lesenden.
Profile Image for Leah.
527 reviews70 followers
October 22, 2022
Das war eines dieser Bücher, das ich sehr gerne gemocht hätte, aber es war wirklich nur so mittelmäßig.
Interessant fand ich lediglich die Aufmachung, die ja jetzt auch so ähnlich in Blutbuch verwendet wurde. Die Geschichte hat mich schon interessiert, konnte mich aber aufgrund des nüchternen Erzählstil nicht wirklich packen.
Profile Image for Kaltmamsell.
231 reviews55 followers
September 20, 2020
Ich hatte den Roman für unsere Leserunde vorgeschlagen, nachdem mir die Besprechung in der Süddeutschen von Burkhard Müller aufgefallen war: Offensichtlich erscheinen jetzt die Romane von Einwandererkindern, auf die ich schon lange warte (Tahas Buch war nur eines von mehreren, die mir in den vergangenen Monaten ins Auge fielen).

Attraktiv wurde mir der Roman auch gemacht durch die Veröffentlichung als Wendebuch von zwei Seiten. Das stellte sich allerdings als einzige Enttäuschung der Lektüre heraus: Das Feature hat keine Funktion. Die beiden Teile sind nicht nur aus der Perspektive von zwei deutsch-kurdischen Protagonist*innen geschrieben, sondern folgen auch chronologisch aufeinander - das hätte man gradsogut hintereinander in derselben Richtung veröffentlichen können. (Ich habe sofort die Dumont-Marketingabteilung als Schuldige im Verdacht.) Dabei war diese Veröffentlichungsform der einzige Grund gewesen, den Roman als gedrucktes Buch zu kaufen, denn sie lässt sich im E-Book nicht abbilden. Und das Lesebändchen gibt ja doch eine Reihenfolge vor. Damit endet mein Genörgel bereits, abgesehen davon möchte ich den Roman nämlich loben.

Die Geschichte spielt irgendwo im Ruhrgebiet und beginnt aus der Sicht des Mädchens Amal. Ihre Familie ist aus dem irakischen Kurdistan hierher gekommen, doch der Vater hält ein Leben nicht aus, in dem er als studierter und einst erfolgreicher Architekt seinen Lebensunterhalt mit ungelernten Hilfsarbeiten verdienen soll. Er geht zurück. Dieser Teil bleibt ganz nah an dem widerborstigen Mädchen, das sich in keine Erwartungen einfügen will, an ihrer klugen und assoziativen Wahrnehmung der Wohnblockumgebung und seiner Menschen, an ihren sprunghaften Gedanken, an ihrer Freundschaft mit dem Nachbarsbuben Younes. Dessen Mutter ist die titelgebende Königin, ebenfalls eine zurückgelassene Ehefrau, doch sie sondert sich mit einem Leben außerhalb der Konventionen von der kurdischen Exil-Gemeinschaft ab. Amal bewerkstelligt schließlich eine Begegnung mit ihrem Vater im Irak.

Ich war gespannt, ob Taha es schaffen würde, dem anderen Romanteil eine klare andere Stimme zu geben: Oh ja, das tut sie und zwar hervorragend. Jetzt folgen wir Raffiq, einem weiteren Nachbarsbuben Amals. Doch er ist jetzt älter, erzählt stringenter und gleichzeitig mündlicher eine ganz andere Atmosphäre. Dadurch erfahren wir weitere Seiten des Aufwachsens in der kurdischen Exil-Gemeinschaft, der Protagonisten, der Umgebung, der Freundschaften, Feindschaften. Einer der deutlichen Unterschiede: Raffiq erzählt eine Männerwelt, während Amal die Frauenwelt transportierte.

Man hätte den Roman ohne Weiteres als Jugendliteratur vermarkten können - das wäre ein Fehler gewesen wie bei so vieler young adult fiction: Jugendliche im Mittelpunkt einer Geschichte beschränken doch wohl nicht den Leserkreis.
Profile Image for Lea.
91 reviews
May 22, 2024
„probably because German and Kurdish haven‘t had an open talk yet; there‘s no Kur-German, a cured German.“
Profile Image for Vilma Klingaite.
20 reviews4 followers
March 25, 2024
"Shahira ist keine Nachbarin, sie ist keine Frau, sie ist kein Mensch - sie ist eine Idee, und jeder im Viertel sieht Shahira, in jedem Kopf spielt sich eine Geschichte ab, wenn Shahira vorbeiläuft: Shahira hört nicht mehr auf, in unseren Köpfen zu laufen, und ihre Schuhe sind abgenutzt, so viel muss sie laufen, irgendwo am Straßenrand muss sie ihre Schuhe ausziehen, und sie läuft barfüßig weiter, und wenn ihr die Sohlen schmerzen, setzt sie sich in unseren Köpfen hin, und es eilen fünf Männer herbei, die ihr die Füße und Beine massieren, und Shahira hat mir erzählt, wie sie das Laufen lernte. Sie erzählt mir an meinem Geburtstag immer Geschichten, weil sie keine Geschenke kauft, sie lässt sich beschenken, aber unter Frauen verschenkt man Geschichten, sagte sie, und sie erzählte mir einmal, wie sie das Laufen lernte."

☆☆☆☆☆ So viele Geschichten, die miteinander verbunden sind. Das Buch ist teilweise so traurig und so voll von Geschichten der Erwachsene und doch sind es die Kinder, die diese Geschichten tragen müssen und die so traurig sind... wunderschönes Buch!!!
Profile Image for miss.mesmerized mesmerized.
1,405 reviews42 followers
April 7, 2020
Eine Stadt irgendwo im Westen der Republik. Amal ist nicht das Mädchen, wie man es von ihr erwartet; von klein auf verbringt sie mehr Zeit mit den Jungs, kleidet sich wie sie und schneidet sich radikal die Haare ab. Immer wieder kommt es zu Konflikten, die sie gerne auch mit Gewalt löst. Ihr Vater steht trotzdem zu ihr, bis er eines Tages nach Kurdistan verschwindet und die Mutter mit den beiden Kindern allein zurücklässt. Das Verhältnis zwischen Amal und ihr wird schwieriger, die Mutter zieht sich ob der Schmach des Verlassenwerdens zurück und versteckt sich unter dem Kopftuch, während Amal fasziniert von Shahira, der Mutter ihres Freundes Younus, ist. Doch im Viertel zerreißt man sich das Maul über die Frau, die sich in kurzen Röcken und figurbetont kleidet. Auch Raffiq fühlt sich von ihr angezogen, auch wenn er als Jugendlicher eigentlich Amals Freund ist. Alle drei Heranwachsende, Amal, Younus und Raffiq teilen noch etwas anderes: das Aufwachsen in einem Land, das die Eltern zum Teil enttäuscht hat, in dem sie nicht angekommen sind, wo das Leben wie von der Stopptaste angehalten verläuft. Für ihre Kinder sehen sie die Zukunft in der Heimat, Kurdistan, doch diese haben andere Pläne.

In ihrem zweiten Roman fängt Karosh Taha die Lebenswelt vieler Migranten lebhaft und vielschichtig ein. Die Identitäten, die geradezu gespalten scheinen zwischen dem kurdischen und deutschen Ich; die Sitten und Kulturen der beiden Länder, die sich oftmals diametral entgegengesetzt stehen; die Familien, die alle verschieden sind und doch die gleichen Sorgen und Rückschläge teilen; Vorurteile, die es nicht nur von den Mitgliedern der anderen Kultur, sondern ganz stark auch innerhalb der eigenen Community gibt.

Trotz des spannenden und komplexen Themas konnte mich das Buch nicht wirklich packen. Im ersten Teil erzählt Amal aus ihrer Sicht, im zweiten wird sie von Raffiq abgelöst, aber so richtig wollen sie nicht ineinandergreifen. Hin und wieder erscheint der Text auch als regelrechter Stream of Consciousness, mit unzähligen Schleifen und Wiederholungen, was jedoch mehr zu einer hohen Redundanz denn zu einem Erkenntnisgewinn führt und bisweilen fast langatmig wird. Amal kommt als Figur noch differenzierter daher, wie sie kämpft um die Aufmerksamkeit des Vaters, mit der Rollenerwartung an sie als Mädchen hadert, die beiden Rollenmodelle Mutter und Shahira immer wieder abwägt und letztlich bei einem Besuch in Kurdistan, doch auch nur erkennt, wer sie nicht ist, aber nicht, wer sie ist. Raffiq ist mir in seiner Schwärmerei für Shahira und der tatsächlich doch oberflächlich geführten Auseinandersetzung mit den Eltern thematisch zu eng. Younus hätte sicher auch eine interessante Perspektive und Einblicke geboten, wird jedoch nur in der Außensicht durch die anderen präsentiert.

Ein schwer zu greifender Text, der mich leider emotional nicht berührt hat, obwohl gerade Protagonistin das Potenzial gehabt hätte, ihre spezifische Situation begreifbar zu machen.
Profile Image for Sven Beck.
41 reviews
August 15, 2025
Zentraler Punkt ist Shahira, alleinerziehende Mutter des stillen Younes, der unter ihrer offen ausgelebten Sexualität in einer deutsch-kurdischen Community leidet, weil ALLE irgendein Gefühl zu ihr haben, mag es Neid, Lust oder Hass sein.
Tatsächlich erzählt bekommt man aber die Geschichten von Raffik und Amal, zwei Mitschüler*innen, die zu Younes eine Freundschafts- und Liebesbeziehung haben. In poetischer, aber trotzdem mündlicher Sprache taucht man ein in die Spuren abwesender Väter, die nach Kurdistan zurückgegangen sind, in Sehnsüchte junger Frauen und Männer, die nicht ausgelebt werden dürfen, in die Leere nach dem Abitur und schwer erfüllbare Erwartungen an Geschlechterrollen.
Ich fand es richtig klug gemacht, dass Shahira im Plot kaum vorkommt, aber ihr Lebensentwurf für all diese Motive Anstoß gibt. Raffik und Amal sind zerrissen, zwischen Verurteilung und Begehren nach ihrer Freiheit. Immer wieder war ich von einzelnen Seiten vollauf begeistert, aber leider hat sich das ganze für mich nicht als Roman zusammengesetzt, weil zwischen den vielen Schlaglichtern wenig Platz für Charakterentwicklung und Plot war. Das ist aber auch ein me-problem, ich bin sucker for plot.
Profile Image for Rika.
4 reviews
November 27, 2023
Lange kein Buch mehr mit einem so wunderschönen, poetischen Schreibstil gelesen. Hier eine klare Empfehlung fürs Hörbuch, da ich beim Lesen niemals den schönen Klang der kurdischen Wörter im Kopf gehabt hätte.
Was sich mir allerdings gar nicht erschlossen hat, ist die zweigeteilte Version. Sehe nur ich den Zusammenhang nicht? Beide Male werden teils gleiche Situationen beschrieben, die zeitlich synchron hätten stattfinden müssen, aber dafür stimmt die Geschichte zwischen Amal und Raffiq nicht überein. Dadurch verliert der Roman für mich etwas an seiner Schlagkraft, da mich diese zwei Paralleluniversen nicht wirklich zufriedenstellen und mich eher verwirrt zurückgelassen haben.
Profile Image for Anna Viktoria .
17 reviews
January 5, 2025
Es fällt mir sehr schwer dieses Buch zu bewerten. Ich finde die Aufmachung mit den zwei Geschichten, die von verschiedenen Seiten aus gelesen werden können, super. Ich würde nicht sagen, dass es zwei Perspektiven sind, da es doch zwei verschiedene Geschichten sind. Der Teil aus Raffiqs Perspektive wirkt wie ein Jugendroman, wohingegen Amals Erzählung wie ein gespiegelter Traum dieser Geschichte wirkt. Stilistisch haben mich die Wiederholungen der Erzählung gestört, ich fand das Buch allerdings (im Vergleich zur Geschichte einer Krabbenwanderung) angenehm zu lesen.
Profile Image for Jules.
155 reviews54 followers
May 18, 2020
Die Geschichte von Amal war mega, dafür hätte es 4 oder gar 5 Sterne gegeben, aber die Geschichte von Raffiq war 1. eher lahm und 2. so viel diskriminierende Sprache, ne, das geht nicht.
Profile Image for Kim.
27 reviews
July 28, 2020
Ausführlichere Rezension unter https://populaerkollektiv.com/2020/07...

Das Buch ist leider ein bisschen an meiner Erwartungshaltung gescheitert. Es spricht sehr viele interessante Themen an und ich glaube bei einem zweiten Lesen würde es mir wohl besser gefallen, mein erster Eindruck ist allerdings etwas enttäuscht. Von der Beschreibung, die ich hier und anderswo gelesen habe, sowie dem sonstigen Marketing bin ich davon ausgegangen, dass im Mittelpunkt des Romans Shahira und ihre Geschichte stehen. Für mich war sie allerdings immer nur Nebenfigur und gar nicht so bedeutend, wenn auch natürlich nicht unwichtig. Die inneren Konflikte der Hauptpersonen existieren auch ohne Shahira. Ihre familiären Probleme, ihre Suche nach Identität in der kurdischen Gemeinschaft in Deutschland und die Frage, wie ihre Zukunft aussieht: man kann in all das Shahira als Projektionsfläche hereinlesen, ich habe es allerdings nicht getan.

Was es mir außerdem etwas schwierig gemacht hat, war die Sprache. Karosh Taha verwendet sehr viele lange Schachtelsätze und Stilmittel wie Wiederholungen, wegen der ich immer wieder aus der Geschichte gerissen wurde, weil sie sehr offensichtlich die Art zu schreiben der Autorin und nicht die Art der sonst doch unterscheidbaren Erzählstimmen sind.

Die zwei Perspektiven möchte ich allerdings nochmal lobend hervorherheben, die Idee und auch ihre Ausführung soweit hat mir sehr gut gefallen. Für mich waren es zwei Paralleluniversen und ich fand es spannend zu sehen, wie die Geschichte aus der jeweiligen Sicht sich unterschied oder gleich blieb.

Insgesamt hat mich also das Buch leider nicht so in seinen Bann gezogen wie ich gehofft hatte, aber ich bin bereit ihm auch irgendwann nochmal eine zweite Chance zu geben...und dann vielleicht mit dem anderen Teil zuerst zu beginnen.
Profile Image for Imke.
239 reviews
May 31, 2020
Die Sprache ist besonders und schön, toll finde ich auch, dass es ein Buch ist, dass gewendet werden kann. Die zwei Geschichten sind sehr unterschiedlich, wobei mir die von Amal besser gefallen hat. Dennoch hatte ich hohe Erwartungen an dieses Buch und wurde insgesamt etwas enttäuscht.
Profile Image for Wandaviolett.
467 reviews68 followers
May 18, 2020
Einwanderer. Zweite Generation. Vater-Mutter-Kind.

Kurzmeinung: Der vierte Stern wackelt ...


Die Geschichte des Romans ist jetzt nicht mehr neu, es ist die Geschichte der ersten und zweiten Generation irakischer Flüchtlinge. Handlungsort ist eine nicht benannte größere Stadt, 252 Kilometer von Frankfurt/Main entfernt. Es könnte Düsseldorf sein. Oder?

Die Schreibweise ist besonders, ergeht sich in unzähligen, gewollten, Wiederholungen, besonders im ersten Teil. Das nervt unendlich. Prägt sich aber auch ein! Im ersten großen Abschnitt erzählt Amal von ihrem Viertel, stellt die Kinder, die dort leben vor, die Familien. Mehr oder weniger teilen alle dasselbe Schicksal, sie sind immer noch Entwurzelte, obwohl sie in zweiter Generation nun in Deutschland geboren sind. Dasselbe Schicksal in immer neuen Variationen, denn ihr Aufenthaltsstatus ist unterschiedlich.

Die Menschen richten sich ein, die einen so, die anderen so, in einigen Familien können die Väter die Demütigung nicht ertragen, in Deutschland eine untergeordnete Tätigkeit auszuüben, obwohl sie in ihrer Heimat prestigetragende Berufe ausübten. Die Sprachbarrieren betrachten sie als einen Anschlag auf ihre Persönlichkeit und sind nicht gewillt, genug Energie aufzuwenden, sie zu überwinden. Deshalb beschließen einige der Männer, zurückzukehren, auch wenn das bedeutet, dass sie in ein Land gehen, das politisch prekäre Verhältnisse aufweist. Was es für ihre Frauen und Kinder, vorzugsweise für die Töchter bedeutet, wird angerissen. Dabei bleibt es aber auch.

Amal und Raffik, ihr späterer Freund, der den zweiten Teil erzählerisch bestreitet, kennen von allen Familien intimste Details. Gleichzeitig in zwei Kulturen zuhause oder auch gleichzeitig in zwei Kulturen nicht ganz Zuhause, davon erzählt der Roman.

Wovon er eigentlich nicht spricht, obwohl er ständig davon spricht, ist die Emanzipation der Frau(en). Shahira, die sich von ihrem Mann getrennt hat, nachdem dieser nach einem Ehebruch versucht hat, sie in den Irak zu verschleppen, lebt, wie sie will und ist promiskuitiv, obwohl sie genau weiß, dass nicht nur ihr Ansehen in dem Viertel darunter leidet, sondern ihr Sohn Younes deswegen allerhand auszustehen hat. Shahira spricht vielleicht zweimal in dem Roman expressis verbis. Doch Shahira ist gar nicht so sehr das Thema des Romans, obwohl er so beworben wird. Es geht um die tastende Ankunft der Kinder und der Frauen, die sich ob sie wollen oder nicht verändern – oder aufgeben und ihren Männern zurück in die alte Heimat folgen. Oder die Männer geben auf. Und die, die eigentlich nicht aufgeben, haben einfach manchmal Pech und werden abgeschoben. Immer die Falschen, denkt man.

Die Kritik:

Das ständige Draufrumgehacke auf den Körper und die engen Röcke von Shahira ist eher quälend und themaverschleppend und ist als Beitrag zur Auseinandersetzung zur sexuellen Selbstbestimmung oder überhaupt zur Selbstbestimmung der Frau viel zu oberflächlich. Die Darstellung der Shahira-Figur hat der geneigten Leserin gründlich missfallen und ihr den Roman etwas vergällt. Der vierte Stern wackelt und schwankt ...

Dennoch löst der Roman Kopfkino aus, denn man kann sich gut in die einzelnen Familien und ihre Positionen hineindenken. Man verändert sich oder man scheitert. Es scheint keine andere Möglichkeit zu geben.

Fazit: Stilistisch interessant, manchmal nervend, wird ein altes Thema aufbereitet. Leider ist das alte Einwanderungsthema immer noch brandaktuell und wird uns noch eine Weile begleiten. Die Konflikte der Community sind jedoch auf ein verharmlosendes Niveau heruntergebrochen. Der Titel des Romans hat sich nicht erschlossen.

Kategorie: Belletristik
Verlag: DuMont, 2020

Profile Image for Suhelga .
7 reviews3 followers
December 5, 2021
"Shahira ist ein Geist, der Younes umspielt und ständig mit uns ist, ohne dabei zu sein, als wären wir gefangen in ihrem Bauch. Irgendwann wird Younes ihrem Bauch entwachsen, und keiner weiß, was dann passiert, und das macht uns alle nervös."

Shahira ist in diesem wundervollen Wenderoman „Im Bauch der Königin“ ein verbindendes Glied zwischen den beiden Geschichten. In Amals und in Raffiqs. Shahira ist kein Mensch, sie ist eine Idee, bemerkt die Erzählerin Amal. Shahira ist die Mutter von Younes, Younes der Freund von Amal und Raffiq. Alle leben in einem Wohnviertel irgendwo im Ruhrpott.
Amal ist eine junge Frau, die Younes und Raffiq verprügelt, nicht weiß wie sie mit ihrer Mutter reden kann, abgestoßen und gleichzeitig fasziniert von Shahira ist. Ihr Vater kehrt nach Kurdistan zurück und hinterlässt nichts als die Hoffnung irgendwann wieder zurückzukommen. Irgendwann macht sich Amal auf den Weg nach Kurdistan, weil das Warten auf die Hoffnung eine Hölle wird.
Raffiq ist ein junger Mann, der mit Younes gut befreundet ist und auch sein Vater überlegt wieder zurück in die Heimat zu kehren. Die Eltern von Raffiq streiten häufiger und er weiß mit seiner Freiheit, die Zukunft zu gestalten, nicht viel anzufangen.

Dieser Roman ist eine sehr bildhafte und ambivalente Reise zwischen Wirklichkeiten. Je nachdem, welche Geschichte man zuerst liest, färbt diese ungewollt in die andere ab. Realitäten von zwei (und mehreren) Personen, die einem so sensibel zugänglich gemacht werden und sich dadurch neue (Gefühls-)Welten eröffnen.

Ein unfassbar gutes Buch über Sehnsüchte und Ängste, über zugeschriebene Rollen und veraltete/tradierte Rollenbilder, (weibliche) Sexualität, verletze Identitäten, Heimweh und über Freundschaft.
This entire review has been hidden because of spoilers.
Profile Image for vvn.
83 reviews2 followers
January 3, 2022
Die Sprache, die mit groben Zügen gezeichneten und doch einprägsamen Figuren, die feine Poesie eines unspektakulären Jugendlichenalltags - für mich stimmte einfach alles in diesem Doppelroman, so dass ich ihm sogar die Spielerei mit den Geschichten, die sich in der Mitte treffen, verzieh. Besonders schön fand ich, wie mit den beiden Geschichten aufgezeigt wird, wie sehr Kinder und Jugendliche noch im Entstehen sind, wie fluide Identitäten und Freundschaften sind und die Beziehungen untereinander verbal und nonverbal stets aufs neue ausgehandelt werden. Ein intimer Einblick in eine irakisch-kurdische Diaspora im Ruhrgebiet, der nie klischiert wirkt.
Profile Image for Ruth.
23 reviews2 followers
February 19, 2022
alleine das Konzept, dass dieses Buch aus zwei verwoben Geschichten besteht und du das Buch sowohl von vorne als auch von hinten liest, ist so gut, dass es sich lohnt, es zu lesen. Ich mochte die Geschichten an sich auch ganz gerne aber vor allem die Erzählweise.
Profile Image for Helena.
125 reviews
June 8, 2020
Zwei Erzählungen über Migration, Frau-Sein, Identitätsfindung und abwesende Väter innerhalb einer kurdischen Community

Hier liegen zwei Erzählungen vor. Mit welcher man beginnt, ist egal. Ich begann mit der Geschichte um Amal.
Amal ist eine junge Frau, die sich schon früh nicht in die „Mädchenrolle“ fügen wollte und ihren eigenen „wilden“ Weg geht. Kurze Haare, schnell mal eine Prügelei, „wie ein Bursche, völlig außer Kontrolle“. Viele Freundschaften hat sie nicht, nur Younas. Sie lebt mit ihrer Mutter und ihrem jüngsten Bruder Baran allein, irgendwo im Ruhrpott. Ihr Vater, der sie immer unterstützt hatte, zog, als sie 9 Jahre alt war, nach Kurdistan zurück. Dort konnte er wieder als Architekt tätig sein, während er in Deutschland nur ein Lagerarbeiter mit unzureichenden Deutschkenntnissen war.
Amal vermisst ihren Vater jeden Tag. Nach dem Abi fliegt sie zu ihm, nach Zaxo in das autonome Kurdistan im Nordirak.

Die zweite Erzählung dreht sich um Raffik. Hier tauchen wieder Amal, Younas und vor allem Shahira, die Mutter von Younas auf. Raffik steht ebenfalls kurz vor dem Abi. Seine Freundin, die er liebt oder auch nicht, möchte danach in die USA. Sein Vater möchte wieder zurück nach Kurdistan, aus den gleichen Gründen wie Amals Vater. Raffiq soll jedoch mitkommen...

Amals Geschichte ist als innerer Monolog konzipiert, gleich eines Bewusstseinsstroms. Die Sätze, poetisch gar, sind oft recht lang. Ich war ihr sehr nah und wurde sehr berührt, so kamen mir mehrfach die Tränen.
Die Erzählung um Raffiq ist ebenfalls in der Ich-Perspektive geschrieben. Der Schreibstil ist hier dennoch etwas anders, so sind die Sätze etwas kürzer und nüchterner. Ich blieb distanzierter und da Raffiq als Hauptfigur etwas blass blieb, fragte ich mich anfangs, wer oder was steht hier eigentlich im Mittelpunkt und worum genau geht es eigentlich? Zudem war ich anfangs etwas verwirrt, weil ich dachte, hier werde eine andere Perspektive der gleichen Geschehnisse dargestellt. Es war aber tatsächlich eine ganz eigenständige Geschichte. Zwar trifft man die gleichen Figuren, die auch etliche Gleichheiten aufweisen, sie befinden sich jedoch teils in anderen Konstellationen und haben teilweise andere Persönlichkeiten. Es dauerte daher ein wenig, bis ich mich einlas und mich diese Geschichte ebenfalls gefangen nahm.

Beide Geschichten ergänzen sich sehr gut, da sie gleiche Thematiken beinhalten und im selben Milieu angesiedelt sind. Sie spielen in einer kurdischen Community einer westdeutschen Stadt sowie teils auch im autonomen kurdischen Gebiet in Nordirak.
Sehr berührend wird hier über Identitätsfindung von jungen aber auch älteren Migranten gesprochen. Die Rolle der Frau wird eindrücklich und nahbar reflektiert. Es geht aber auch um die Erwartungen der Anderen, um Familiendynamiken und die Beziehung zu den Eltern, besonders zu den oft nicht greifbaren bzw. abwesenden Vätern.
Sicherlich nicht neu, für mich aber immer wieder wichtig zu lesen, ist die hier beschriebene Situation von Migranten. Die spezifischen Schwierigkeiten der ersten Generation (innerhalb der Geschichten geht es um den gebildeten Mittelstand) sowie die Situation ihrer Kinder wird überzeugend beleuchtet. Gleichzeitig erhält man auch einen Einblick in die kurdische Kultur, ihre Normen, Werte und Moral, was mir sehr gut gefiel.
Ebenfalls gut gefiel mir die Bezugnahme auf Sheherazade sowie die merkliche Lust am Geschichtenerzählen.

Leider konnte mich, die mehr oder weniger auch im Mittelpunkt stehende Figur Shahira irgendwie nicht so ganz überzeugen. Sie schien mir unnahbar, etwas unverständlich und auch recht widersprüchlich in ihren Handlungen. Das Großartige, dass sie darstellen sollte, kam bei mir nicht an. Für mich machte es mehr Sinn, sie vielleicht eher als Symbol für die weibliche Sinnlichkeit an sich zu sehen, wenngleich es so wahrscheinlich nicht intendiert war.

Insgesamt sollte man die beiden Geschichten langsam oder zweimal lesen, um Feinheiten nicht zu übersehen und Andeutungen nicht zu überlesen. Beide Geschichten konnten mich fesseln und berühren. Sie beschäftigten mich, reizten zu Diskussionen, Nachfragen und Nachforschungen. So soll es sein!
Profile Image for Susanne Probst.
104 reviews8 followers
August 6, 2020
Die Autorin kann wunderbar erzählen und hatte hier darüber hinaus eine originelle Idee.
Man kann das Buch umdrehen und von beiden Seiten beginnen, zu lesen. Meines Erachtens spielt es dabei keine Rolle, wo man anfängt.

Das interessante schwarze Cover mit den Augen ist von vorne, wie von hinten zu sehen.
Es ist sozusagen ein Wendebuch.

Man könnte sagen, ein und die selbe Geschichte wird dadurch aus zwei Perspektiven und auf zwei Arten erzählt bzw. zwei Geschichten werden auf diese Weise zusammengeführt und verbunden.

Es gibt, von der einen Seite her begonnen, die Geschichte von Younes und seiner provokativ und freizügig lebenden, alleinerziehenden Mutter Shahira, was von der jüdischen Gemeinschaft ablehnend beäugt wird.

Von der anderen Seite her liest man von Younes‘ rebellischer Freundin Amal, die mit Raffiq zusammen Younes verprügelt hat und bei den Anderen nicht besonders gut angesehen ist.

Bemerkenswert ist, dass der Erzählton in beiden Geschichten unterschiedlich ist.
Amal erzählt eher intuitiv und rhythmisch, Raffiq eher sortiert und gesetzt.

Der Leser taucht in eine kurdisch-deutsche Gemeinschaft im Ruhrpott ein und lernt unterschiedliche Familien und Personen in diesem Wohnviertel kennen.

Amals Vater geht aus beruflichen Gründen nach Kurdistan zurück, worunter das Mädchen sehr leidet. Sie trauert und sehnt sich nach ihm und besucht ihn eines Tages.
Zu erfahren, dass er dort eine neue Familie hat, ist ein Schock für sie.

Raffiq ist Younes bester Freund.
Auch sein Vater spielt mit dem Gedanken, nach Kurdistan zurückzukehren, um dort wieder als Architekt arbeiten zu können. Eine Idee, die Raffiq nicht gut heißen will und kann, weil er sich in Deutschland zu Hause fühlt.

Younes leidet unter der Ächtung seiner Mutter und unter den Folgen, die es für ihn hat.
Er, der Hurensohn, sie, die femme fatale.

Die beiden Jugendlichen Raffiq und Amal sind bezüglich Shahira sehr zwiespältig.
Einerseits sind sie fasziniert von der unkonventionell lebenden Frau, andererseits lehnen sie sie und ihr Verhalten ab und fühlen sie sich von ihr abgestoßen.

Es geht in diesem Buch um so Vieles und dieses Viele wird von Karosh Taha interessant, spannend, berührend und differenziert in verdichteter Form dargestellt.

Es geht um unkonventionelles Verhalten, das von der Norm abweicht und nicht den Erwartungen entspricht.
Es geht um die Beurteilung und Bestrafung von Verstößen gegen die Regeln einer Gemeinschaft.
Es geht um die unterschiedliche Bewertung ein und des selben Verhaltens bei Mann und Frau.
Es geht um die verschiedenen Sichtweisen, je nachdem, ob man durch die männliche oder weibliche Brille blickt.
Es geht um Klischees, Geschlechterbilder und Rollendenken.
Und es geht um Konflikte Jugendlicher mit ihren Eltern: mit unkonventionellen Müttern, abwesenden oder verlassenden Vätern.

Viele tiefgründige Themen werden hier am Beispiel einer kurdischen community aufgegriffen, aber sie haben in allen Gemeinschaften eine grundlegende Bedeutung.
Daneben sind aber auch viele Themen beinhaltet, die eher spezifisch für Menschen mit Migrationshintergrund sind.
Da geht es um den Wunsch, in die alte Heimat zurückzukehren oder um das Lebensgefühl in der neuen Heimat, in der man sich mehr oder weniger gut integriert fühlt.

„Im Bauch der Königin“ ist ein sehr interessantes und berührendes Buch, das einen Sog ausübt und nachhallt.

Der Leser bekommt einen guten Einblick in Strukturen von Familien, deren erste Generation ausgewandert ist und deren zweite Generation nun eine neue Identität „zwischen den Stühlen“, Halt und Sicherheit finden muss.
Man erfährt von den auftretenden Konflikten, was die Folgen daraus sein können/sind und wie damit umgegangen werden kann/wird.

„Im Bauch der Königin“ ist ein sehr vielschichtiger, tiefgründiger, differenzierter und intensiver Roman, der in einer eindrücklichen und emotional berührenden, manchmal fast märchenhaften Sprache geschrieben ist und den ich sehr gerne weiterempfehle.
Profile Image for Richard Thomas.
47 reviews1 follower
July 2, 2024
'...it won't matter what the bird saw, and it won't matter how the bird met its end. And when something begins, something has ended, and the thing that's ended had a beginning, which ended something; and that's why there's no beginning and no end; just an and.'

Someone here posted an article with recommended German books a while back. This one grabbed my attention and I was keen and very intrigued to get started on it.

The best way to describe this novel of two stories is as the book's blurb puts it: kaleidoscopic. And the quote above does a good job of summing up the experience of reading this book too. Exploring themes of race, gender and class, to read the book one way you get Raffiq's story. Flip the book around and read from the other end, and you get Amal's story. Each with the ambiguous Shahira as a lynchpin. Their stories weave in and out of one another, overlap, but often give very different accounts of living as immigrants in Germany from Kurdistan, their relationships with each other and their relationships with Shahira's son Younnes. The opposing narratives leave you questioning whose story is true, or rather, whose is the truest.

This was a very different kind of book than I am used to and in terms of writing style not something I'd go back to. However, I was very intrigued by what I had about it and by the way it is formatted. It literally has two front covers and both ends of the book contain the usual front matter. Also included are a translator's note and an essay from the author explaining what she had ended up with when she'd finished writing the two stories which was insightful. The book poses a lot of questions. There were times where I found myself uninterested because nothing seemed to be happening. But that's where I have to take my hat off to the author, as when you read a little closer you notice very small and subtle details in the dialogue, setting, or characters that open up these huge causes for conversation within yourself as you read. There's a lot more I could say, but I fear I'd give too much away. I'd recommend this book as an experience whether it is your usual type of literature or not.
Profile Image for Amargîreads.
76 reviews15 followers
October 20, 2024
Amal und Raffiq sind Kinder von kurdischen Immigranten, die in unterschiedlichen Welten leben, aber irgendwo doch Überschneidungen haben, mit denen viele Immi-Kinder relaten können; Ihre Eltern haben mit dem Verlassen der Heimat auch sich selbst irgendwo ein Stück verlassen, sind hier nur noch die Ausländer, die die Drecksarbeit übernehmen, die die Deutschen nicht machen wollen, während sie ihrem Leben in der Heimat nachtrauern.

Es ist ein Wendebuch, beide PoV gehen jeweils bis zur Hälfte und du suchst aus wie du es liest.

Ich habe mit Amals Geschichte angefangen und auch wenn es Stellen gab, die ich markiert habe und die schön geschrieben waren; irgendwann hat mich das Buch nur noch abgefuckt, weil es bei Amal überhaupt keine wörtliche Rede gibt, ich fand es irgendwann nur noch anstrengend.
Sie erzählt uns immer, was die anderen sagen und wiederholt es hundert mal, erzählt uns, was die anderen tun und lassen, was sie mit ihrem besten Freund Younes so macht, mit welchen Männern seine Mutter Shahira schläft und wie groß die Sehnsucht ihres Vaters nach Kurdistan ist.
Ich mochte ihre Freundschaft zu Younes tho und wie sie sich entwickelt hat!

Raffiq’s PoV hat immerhin direkte Rede und Dialoge, ich mochte vor allem die Stellen wo es um Younes ging und hätte gerne auf dieses ganze Buch verzichtet und ein Buch zu Younes gelesen, der Riese, der zwar still ist und nicht viel zu sagen hat; der Junge, der für seine Mutter verurteilt wird; der, über dem die Eltern sagen „Halt dich von ihm fern“ aber gleichzeitig haben alle so einen Respekt vor ihm. Auf Younes trifft der Spruch „Stille Wässer sind tief“ zu 100% zu.

Einige Aussagen im Buch sind low-key ableistisch und die Art und Weise, wie alle über Shahira gesprochen haben fand ich so unangenehm, vor allem wie Raffiq gefühlt auf jeder dritten Seite immer in seinen Gedanken zu Shahira und ihren Miniröcken oder Beinen abgedriftet ist.

Es gibt Aspekte im Buch, die ich mochte, z.B. wenn es um die Freundesgruppe ging oder einige Textstellen, die schön geschrieben waren.
Profile Image for Anna Hnns.
16 reviews3 followers
January 12, 2022
Ich mochte die beiden Geschichten der Ich-Erzähler*innen Amal und Raffiq. Wobei ich zu geben muss, dass ich Amals deutlich besser erzählt finde als Raffiqs, die Änderung im Ton und der Sprachwahl haben mich irritiert. Macht die Figur Raffiq bzw. der Ich-Erzähler einen Wandel durch? Soll es daraufhin deuten, dass er erwachsen wird? Mich hat das ratlos zurückgelassen und etwas gestört.

Am deutlichsten zu bemängeln finde ich, die literaturwissenschaftliche Analyse der Autorin ihrer eigenen Texte. Zum einen hat die Deutung, dass Shahira das Zentrum der Geschichten bildet mir nicht eingeleuchtet. Sie nimmt wenig Einfluss auf die Handlung und die Geschichten würde auch ohne diese Figur funktionieren, was nicht bedeutet, dass die Figur Shahiras uninteressant ist, ihr Verhalten beinhaltet eine wichtige Botschaft und Reflixion der Gesellschaft, wie sie reagiert - auf ein emanzipiertes Selbstverständnis. Dennoch ginge alles auch ohne sie am Ende auf. Denn im Zentrum stehen eher diejenigen, die nicht da sind, die Väter Amals, Younes und auch später Raffiqs, sie bilden das eigentliche Zentrum und das zentrale Thema Verlassen/Verlust. Was einhergeht mit dem dominierenderen Überthema dem Verlust der Heimat.

Ich kann dem Buch hoch anrechnen, dass es in ein Milieu führt, das in der Literatur selten beschrieben ist, ein Einwander*innenviertel dessen Bewohner*innen, vor allem diejenigen der zweiten Generation beschreibt. Ihre Lebensrealtitäten werden auf fiktionaler Ebene erfahrbar.
Profile Image for Andy Weston.
3,197 reviews225 followers
December 31, 2024
This is the story of two teenagers, Amal and Raffiq, who recount the events of the summer of their final year at school, with flashbacks to memories of growing up in their close-knit Kurdish immigrant community of a German town. In its coming-of-age themes, first love, first break-ups, it may seem conventional, but it absolutelty isn't.

The novel can be read from either end of the book, one half containing Amal’s version of the story, and the other half Raffiq’s perspective. Each has there own peer group, though frequently encounter each other on the street or in school; at times they are friends, at others enemies, and sometimes even lovers.

Taha convinces with the voices she gives to the teenagers, and also is strong in describing the densely populated tower block area where they live.

It isn't my area of interest, young romance, but this is a very different and bold approach to young immigrants as they evaluate their relationships, explore sex and alcohol, and become more aware of their own freedom to decide what they will do with their lives.
Profile Image for Anna.
1,112 reviews
September 7, 2025
Amal i Raffiq mieszkają na jednym z osiedli w Zagłębiu Ruhry. Oboje przyjaźnią się z Younesem, którego mama, Shahira, nieustannie wzbudza sensację wśród kurdyjskiej diaspory. Shahira nie stosuje się do żadnych zasad, sama wychowuje syna, przyjmuje kochanków, ubiera się wyzywająco i nic sobie z tego nie robi. Raffiq spogląda na matkę Younesa z zachwytem, Amal w pewien sposób ją naśladuje i robi wszystko to, co nie przystoi dziewczynkom. Bije się z chłopcami (np. wlała Younesowi), nosi krótkie włosy, pali papierosy. Teraz ta trójka przygotowuje się do matury i snuje plany na przyszłość. Te jednak odstają od planów zwykłych nastolatków, bo na tę trójkę cień rzuca brak ojca.
Ciąg dalszy: https://przeczytalamksiazke.blogspot....
Profile Image for Inge H..
444 reviews7 followers
April 7, 2020
Zwischen Irak und Ruhrpott
Die Autorin Karosh Taha ist Zaxo im Irak geboren und kam mit 10 Jahren ins Ruhrgebiet.
In ihrem Roman „Im Bauch der Königin“ zeichnet sie die verschiedenen Ansichten der kurdischen Frauen in Deutschland.
Da geht es die kurdische Kultur und die freizügigere Perspektive. Man erfährt von den Frauen, die von ihren Männern verlassen wurden und ihr Leben meisterten. Die Kinder sind dann immer die Leidtragenden.

Karosh Taha schreibt mit eigenwilliger Sprache einen interessanten Roman mit Ernsthaftigkeit und leisem Humor.
Profile Image for Max Turnbull.
18 reviews2 followers
July 25, 2024
i read this for a book club which i then felt too anxious to go to

really liked the book though. and the post-script essay- reading the authorial intent it felt like younes drowned in shahira even in the mind of the author, and i have no idea how intentional that meta reading is, but it really worked for me

i started with raffiq's story, but slightly preferred the frenetic energy of amal's narration. everything a run on sentence, an "oh! oh! and THEN", a story told by someone who fears she will die if she stops talking
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