Eigentlich wollte sich Sparkplug bei Doktor E.R. nur eine neue Headware implantieren lassen, doch als er aus der Narkose erwacht, liegen der Straßendoc und seine hübsche Assistentin in einer Blutlache am Boden. Rasch wird dem Rigger klar, dass man ihm das Verbrechen anhängen will, und so schleppt er sich mit letzter Kraft zu seinen Riggerfreunden. Sparkplug taucht in den Barrens von Seattle unter, aber nicht nur die Cops, sondern auch mächtige Konzerne sind ihm auf den Fersen. Um seine Unschuld zu beweisen, macht sich Sparkplug auf die Suche nach den Mördern. Wer war der Doc in Wirklichkeit, und wer hatte ein Interesse daran, ihn zu ermorden? Bald stellt sich heraus, dass Doktor E.R. dem Rigger den Prototyp einer neuen und revolutionären Geheimwaffe in den Schädel eingebaut hat. Die Spur führt zu einem geheimen Konzernlabor in Deutschland...
TAKC 3000, der erste Roman einer sechsteiligen Reihe rund um Ultra, Hustle, Bullet, Cauldron, Twing, Sparkplug und vor allem Poolitzer, den Schachbrett-Journalisten. TAKC 3000 hat vieles, was eine gute Geschichte braucht: bunte, abwechslungsreiche Charaktere, mit denen man sich schnell identifizieren kann. Eine nachvollziehbare, spannende Handlung, die bis zum Abschluss fesselt. Eine (durch das Shadowrun-Universum vorgegebene) glaubwürdige und interessante Welt - die gerade für jemanden, der selbst Shadowrun aktiv spielt, umso spannender zu erleben ist.
Dabei gelingt es Markus Heitz recht gut, die verschiedenen Bauteile eines Rollenspielsystems in eine flüssige Geschichte zu vermischen. Anfangs war ich etwas skeptisch, denn an vielen Stellen hat man ein bisschen den Eindruck, die einzelnen Regelbestandteile von Shadowrun wurden wie im Baukastenverfahren aneinandergesetzt. Das wird insbesondere an den Formulierungen (siehe später) deutlich, die teils sehr nah an der Denk- und Sprechweise eines Regelbuches bleiben und sich somit nicht wirklich in die prosaische Ausgestaltung einfügen. Wenn sich Cauldron beispielsweise "astral jemanden ansieht", so wirkt das sprachlich eher dilettantisch, regeltechnisch ist natürlich klar, was damit gemeint ist. Ähnlich ist das mit Waffen und Fahrzeugen, die zwar namentlich genannt werden und die ich somit in einem Regelbuch nachschlagen könnte, die aber oft im Buch nicht näher beschrieben werden. Es obliegt also meiner Fantasie, mir nun vorzustellen, was sich hinter einem markigen Waffennamen verbirgt. Je weiter ich in der Geschichte gekommen bin, desto angenehmer fand ich es aber auch, verschiedenste Elemente aus dem Rollenspiel so direkt wieder in die Geschichte aufgegriffen zu finden. Denn Shadowrun ist ein komplexes System, die Welt an Ecken und Enden nicht so eingängig und bekannt, wie man das von klassischer High Fantasy kennt, weswegen Romane wie die hier vorliegenden eine gute Hilfestellung bieten.
Die Charaktere sind abwechslungsreich und gut ausgearbeitet. Für meinen Geschmack vielleicht an mancher Stelle etwas zu "lustig" geraten - es verträgt sich nicht so gut mit meiner persönlichen Vorstellung eines Runs, wenn ein großer Troll mit MickeyMaus auf dem Hauer ständig Quizfragen nachschlägt. Die Häufigkeit, in der dieses Motiv ausgeschlachtet wird, hat etwas von einem Presslufthammer. Auch die emotionalen Reaktionen der Charaktere wirken auf mich nicht immer nachvollziehbar, kratzen höchstens an der Oberfläche dessen, was man Gefühlswelt nennen würde. Ich hatte beim Lesen immer das Empfinden, die Gefühle der Charaktere sind kein Einblick in deren tieferes Wesen, sondern mehr Ausrede und Begründung für die folgenden Handlungen. Ein Storyelement, das eben an der Stelle gut platziert passt. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Charaktere, allen voran natürlich Poolitzer (Severin T. Gospini), wirkliche Charakterköpfe sind. Die feurige Gruftilady Cauldron. Der etwas trottelige Troll Ultra, der das Herz aber am rechten Fleck hat. Besagter Gospini, ein erfrischender Mix aus Frechheit, Nervigkeit und Beharrlichkeit, der vielleicht selbst noch entdecken müsste, dass er viel Gutes in sich trägt.
Etwas deplatziert wirkt die "Bonusgeschichte" rund um Jeroquee und Piers, die in den Abwässern von Seattle nach einem schwarzen Todesninja fahnden. Nicht nur, dass dieser Plot wirklich nichts mit der eigentlichen Geschichte zu tun hat. Er wirkt auf mich auch nicht schlüssig. Erst geht es kapitelweise darum, die Kanalisation in ihrer Dunkelheit und Beengtheit zu beschreiben, wird die Blutrünstigkeit von Demus erzählt, inklusive des Todeskampfes von Piers. Es bleibt der Eindruck: Demus ist schwer kleinzukriegen. Dann kommt erst einmal lange nichts mehr, denn die Hauptstory nimmt an Fahrt auf. Zum Schluss gelingt es Jeroquee (und Poolitzer, der aber eigentlich nur filmt) in einem kleinen Minikapitel, nicht nur Demus, sondern auch dessen Ninjasohn zur Strecke zu bringen, als sei das eigentlich eine eher unbedeutende Nebenaufgabe. Es bleibt der schale Eindruck, der Autor wollte hier ein zusätzliches Element des Shadowrununiversums mit einbauen (Ghule) und Seattle erzählerisch etwas verdichten, ehe ihm am Ende siedend heiß eingefallen ist, dass diese Handlung ja noch gar nicht abgeschlossen war und deshalb schnell noch ein Ende verdiente. Aus meiner Sicht hätte man getrost darauf verzichten können.
Was mich an der ganzen Erzählung (wenigstens in der Fassung, die mir hier vorlag) sehr störend auffiel, waren die vielen kleinen und mittelgroßen Fehlerchen. Das fängt an bei Tippfehlern, die noch verschmerzbar sind. Weniger verschmerzbar finde ich grobe Formulierungsfehler, wenn in Sätzen reflexive Selbstbezüge fehlen, die einfach an die jeweiligen Stellen gehört hätten. Sätze, über die man einfach stolpert, wenn man sie sich laut oder im Geiste vorliest, weil kein Muttersprachler einen Satz jemals so formulieren würde. Bisweilen waren in meiner Fassung des Buches auch Namensbezüge falsch, was vor allem dann für Verwirrung sorgt, wenn plötzlich mit Personen interagiert wird, die schon seit vielen Seiten tot sind. Während ich die Geschichte sehr spannend und gut erzählt fand, fällt das Werk sprachlich und handwerklich gesehen leider deutlich ab.
Trotzdem ist TAKC 3000 ein interessanter, ein spannender Run. Mit "Gottes Engel" geht es nahtlos weiter - und ich bin gespannt, welche Elemente aus diesem Buch dort wieder aufgegriffen und noch eine maßgebliche Rolle spielen werden.
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