Jump to ratings and reviews
Rate this book

Die Welt im Rücken

Rate this book
«Wenn Sie bipolar sind, hat Ihr Leben keine Kontinuität mehr. Die Krankheit hat Ihre Vergangenheit zerschossen, und in noch stärkerem Maße bedroht sie Ihre Zukunft. Mit jeder manischen Episode wird Ihr Leben, wie Sie es kannten, weiter verunmöglicht. Die Person, die Sie zu sein und kennen glaubten, besitzt kein festes Fundament mehr. Sie können sich Ihrer selbst nicht mehr sicher sein. Und Sie wissen nicht mehr, wer Sie waren. Was sonst vielleicht als Gedanke kurz aufleuchtet, um sofort verworfen zu werden, wird im manischen Kurzschluss zur Tat. Jeder Mensch birgt wohl einen Abgrund in sich, in welchen er bisweilen einen Blick gewährt; eine Manie aber ist eine ganze Tour durch diesen Abgrund, und was Sie jahrelang von sich wussten, wird innerhalb kürzester Zeit ungültig. Sie fangen nicht bei null an, nein, Sie rutschen ins Minus, und nichts mehr ist mit Ihnen auf verlässliche Weise verbunden.»Thomas Melle leidet seit vielen Jahren an der manisch-depressiven Erkrankung, auch bipolare Störung genannt. Nun erzählt er davon, erzählt von persönlichen Dramen und langsamer Besserung – und gibt einen außergewöhnlichen Einblick in das, was in einem Erkrankten so vorgeht. Die fesselnde Chronik eines zerrissenen Lebens, ein autobiografisch radikales Werk von höchster literarischer Kraft.

Audio CD

First published August 26, 2016

143 people are currently reading
1973 people want to read

About the author

Thomas Melle

15 books44 followers
Thomas Melle, 1975 geboren, studierte Vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie in Tübingen, Austin (Texas) und Berlin. Er ist Autor vielgespielter Theaterstücke und übersetzte u. a. William T. Vollmanns Roman «Huren für Gloria». Sein Debütroman «Sickster» (2011) war für den Deutschen Buchpreis nominiert und wurde mit dem Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet. 2014 folgte der Roman «3000 Euro», der auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand. 2015 erhielt Thomas Melle, der in Berlin lebt, den Kunstpreis Berlin.

Ratings & Reviews

What do you think?
Rate this book

Friends & Following

Create a free account to discover what your friends think of this book!

Community Reviews

5 stars
508 (38%)
4 stars
512 (38%)
3 stars
233 (17%)
2 stars
47 (3%)
1 star
22 (1%)
Displaying 1 - 30 of 118 reviews
Profile Image for Semjon.
763 reviews496 followers
September 13, 2020
Unglaublich, welche Wucht dieses Buch hatte. Sicher eines der besten Bücher, die ich über psychische Erkrankungen gelesen habe. Es ist eine Autobiografie eines Schriftsteller, der unter massiver bipolarer Störung (Typ 1) leidet. Ich war erstaunt, dass das Buch gar nichts Fiktionales hatte, denn als Shortlist-Buch des Deutschen Buchpreises 2016 hatte ich mir etwas Anderes vorgestellt. Ich dachte, dass nur Romane aufgenommen werden. Aber was heißt schon Fiktion in diesem Zusammenhang? Ist die manische Phase eines Bipolaren nicht die reinste Fiktion überhaupt? Was sich da im Kopf des Manischen abspielt, ist der reinste Alptraum. Nichts ist real. Da ist der Kranke überzeugt, mit Madonna zu schlafen, Picasso ein Glas Rotwein übergeschüttet zu haben oder mit Lars von Trier auf einer Party zu sein. Jede Bewegung, jede Nachricht, jede Form von verbaler und nonverbalen Kommunikation bezieht Thomas Melle, der sich als Messias in der Zeit sieht, in seinen manischen Phasen auf sich selbst. Wie kann das Leben sich einem Menschen nur so sehr in den Weg stellen?

Thomas Melle kommt aus einfachen Verhältnisse, schwierige Kindheit mit gewalttätigen Vater und depressiver Mutter, Scheidungskind, der seinen Weg an die Uni findet, Literaturwissenschaften studiert und während dieser Zeit erstmals den Boden unter den Füßen verliert. Ich wußte nicht, dass die Phasen von Manie und Depression so lange andauern können. Bei ihm sind es nicht Tage, sondern Monate. Mittlerweile hat er drei lange Maniephasen hinter sich. Er sagt über sich selbst, dass er aus drei Personen besteht, dem Manischen, dem Depressiven und dem Mann, der bei dem Wechsel von einem Pol zum Anderen erkennt, in was für Peinlichkeiten er sich und sein Umfeld in der zurückliegenden Phase gestürzt hat. Kann man sich wirklich so reflektiert an seine schlimmsten Wahrnehmungsstörungen erinnern, wie es Thomas Melle kann? Ich habe es ihm abgenommen. Es gibt viele Menschen, die unter Bipolarer Störung leiden, die wenigsten haben aber seine literarischen Fähigkeiten. Es gelingt ihm außergewöhnlich gut, in sich auftürmenden Wortkaskaden diese manische Sichtweise zu Papier zu bringen. Teilweise ging es mir schon zu nahe und das Verlangen, aus dieser seelischen Achterbahnfahrt auszusteigen war groß. Aber ich habe mich von dem Sog seiner Ausdrucksfähigkeit anziehen zu lassen und war für wenige Tage voll im Buch versunken. Das passiert nicht oft. Klare Leseempfehlung.
Profile Image for nettebuecherkiste.
684 reviews178 followers
April 8, 2017
Der Schriftsteller Thomas Melle dokumentiert in seiner Autobiografie die Erkrankung, an der er seit vielen Jahren leidet: Er ist bipolar. Früher nannte man das „manisch-depressiv“, und das ist, so Melle, der besser passende Ausdruck, auch wenn er den Versuch, die Krankheit mithilfe des neuen Begriffes zu entstigmatisieren, anerkennt. Bipolar, manisch depressiv, wie vielen anderen sicher auch war mir die Krankheit ein Begriff, ich wusste auch ungefähr, wie das Krankheitsbild aussieht, manische und depressive Phasen wechseln sich ab. Ich wusste, Carrie Fisher war bipolar und Stephen Fry ist es auch. Doch was die Manie wirklich bedeutet, das war mir nicht klar. Ich dachte, es handelt sich um eine Art euphorischen Zustand, doch tatsächlich sieht die Manie ganz anders aus, ist geprägt von Wahn, Paranoidität und einer Wesensveränderung der betroffenen Person.

Thomas Melle leidet an einer besonders schweren Form der Bipolarität, die mit einem stark erhöhten Suizidrisiko verbunden ist. Seine Schilderungen seiner manischen Phasen machen betroffen, schockieren angesichts des Ausmaßes, in dem die Krankheit sein Leben zerstörte. Melles Sprache ist kraftvoll und ausdrucksstark, sehr literarisch und dabei klar, was mir ausgezeichnet gefallen hat. Melle konzentriert sich auf die drei Schübe der Manie, die er bisher durchgemacht hat und die sich in ihrer Schwere und Dauer jeweils steigerten. Er glaubt in diesen Phasen, dass sich die ganze Welt um ihn dreht, dass er jeden kennt und jeder ihn kennt, dass alles, Songtexte, Zeitungsartikel, Kinofilme, sich auf ihn beziehen. Die Krankheit zerstört seine zwischenmenschlichen Beziehungen, bedroht seine schriftstellerische Tätigkeit, lässt ihn in den finanziellen Abgrund stürzen.

Mitleidhascherei ist mit Sicherheit das letzte, was Thomas Melle mit seiner Autobiografie erreichen will. Der empathische Leser kann jedoch nicht anders, als sich in ihn hineinzuversetzen und sich zu wünschen, die Krankheit möge ihn zukünftig in Ruhe lassen. Was Thomas Melle sicher eher beabsichtigte, ist, Aufklärung über die Krankheit zu betreiben und Verständnis für Betroffene allgemein zu generieren. Ich denke, dass er auch persönlich seinen Mitmenschen seine Verhaltensweisen erklären wollte. All dies gelingt ihm überzeugend in besonders lesenswerter Sprache.

Zum Hörbuch: Man merkt Thomas Melle an, dass er kein geübter Sprecher ist, sein Vortrag klingt schon recht vorgelesen, dennoch finde ich es grundsätzlich gut, wenn ein Autor seine Biografie selber liest, es bringt den Text dem Leser automatisch näher. Darum kann ich das Hörbuch definitiv empfehlen.
Profile Image for Meike.
Author 1 book4,943 followers
June 26, 2017
Shortlisted for the German Book Award 2016 // In this highly fascinating autobiographical novel, Thomas Melle talks about his bipolar disorder - how he perceives it, how his friends communicate their persepective back to him, and how his illness has influenced his whole life. I've never heard an account like that from a person who actually does suffer from this disease - it is very insightful and I think the book would deserve to get translated. Fun fact: The novel has recently been staged as a play at the famous Burgtheater in Vienna, and Melle's character is played by the beloved writer/actor Joachim Meyerhoff.
Profile Image for Bücherwunder.
151 reviews383 followers
December 8, 2016
Thomas Melle hat mit seinem Buch über seinen Umgang mit eine bipolaren Störung ein eindrückliches Werk geschaffen. Durch seine authentische Schreibweise verstärkt er nur noch die Wirkung (insbesondere seiner manischen Phasen) auf den Leser. Dies ist definitiv kein Buch, das sich einfach so nebenbei weglesen lässt, aber ein sehr lesenswerter Bericht über seine schwierigsten Zeiten.
Profile Image for Angela.
10 reviews16 followers
September 2, 2016
Aufpassen, dass ich nicht Dinge schreibe wie "manisch gelesen" oder "Wahnsinnsbuch", denn Thomas Melle erzählt von seiner psychischen Erkrankung: Er ist manisch-depressiv in einer besonders schweren Form mit sehr langen, psychotischen manischen Phasen und tiefen Abstürzen in die Depression.
Ich knicke völlig ein vor der Leistung, sich in die Erinnerungen zu begeben, sie zu sortieren, nüchtern zu schildern, ohne dass je verloren geht: Dass es um ihn selber geht. Thomas Melle beschreibt die Erfahrung, phasenweise so zu sein, wie man eigentlich nicht ist, seine Persönlichkeit zu verlieren und anschließend mühsam zu ihr zurückzufinden. Ich weiß nicht, ob das schon mal so - aus der Innensicht - geschildert worden ist.
Es ist ja sowieso ein beängstigender Gedanke, dass die Persönlichkeit durch organische Vorgänge völlig aus der Bahn geworfen werden kann. (Es gab vor ein paar Jahren den Prozess um diese Polizistin, die nach einer Schilddrüsenoperation noch nicht richtig medikamentös eingestellt war und eine alte Frau erstochen hatte, weil die Stimmen es ihr befohlen. Sie wurde nicht verurteilt und auch nicht für gefährlich erklärt, es ließ sich mit Tabletten lösen, aber für sie ist natürlich nichts mehr in Ordnung).
Vielleicht hat es mich auch deshalb so berührt, weil ich - ohne Thomas Melle je persönlich gesprochen zu haben - das Umfeld und auch die von ihm erwähnten Gerüchte um ihn kannte und zu denen (vermutlich vielen) gehöre, die in einer seiner manischen Phasen einmal wirre und beängstigende Nachrichten von ihm bekommen haben. Ich kann das jetzt einordnen.
Profile Image for MaggyGray.
673 reviews31 followers
April 18, 2017
In dieses Buch bin ich überhaupt nicht reingekommen - die letzten paar Kapitel habe ich quergelesen.
Ich finde es extrem mutig von Thomas Melle, wie er sich mit seiner Krankheit auseinandersetzt und kein Blatt vor den Mund nimmt. Ich kann mir gut vorstellen, dass Menschen, die in ihrem nahen Umfeld mit manisch-depressiven Kranken zu tun haben, viel interessantes in dem Buch finden, und ihnen vieles klar wird. Für mich war es ein Sammelsurium von Wortgeschwalle, dazwischen immer wieder nüchterne Erklärungen, warum was wie passiert. Das hat mir persönlich am besten gefallen. Der Rest war mir leider viel zu verworren und verknotet. Mir ist klar, dass das krankheitsbedingt ist, es hat mich aber trotzdem nicht mitgerissen.
Profile Image for SusanneH.
511 reviews39 followers
January 13, 2017
Schon nach zwei Seiten hatte mich das Buch gepackt und wenn ich las, fiel es mir schwer das Buch zur Seite zulegen.
Gut, dass das Buch nicht nur in Kapitel, sondern auch in Jahre unterteilt ist.
So las ich mich durch die Jahre, die Krankheitsjahre.
Mit einer besonders treffenden Sprache erzählt Melle von seinen Krankheitsjahren.
Bipolar, manisch depressiv.
Immer wieder klappe ich beim Lesen das Buch zu und betrachte den Einband, der einen Seiltänzer auf einem Hochseil zeigt.
So muss es wohl sein, das Leben mit solch einer Erkrankung. Ein Balanceakt zwischen Höhenflügen und Abstürzen.
Ich wage zu behaupten, dass Sylvia Plaths Glasglocke einen Erben gefunden hat.
Und ich bin neugierig auf "Sickster" und "3000 Euro" geworden, zwei weitere Romane von Thomas Melle.
Profile Image for Sana.
417 reviews7 followers
September 8, 2019
Blog| Facebook| https://www.instagram.com/gewispertew...


Wie soll man den Menschen auch erklären, was einem selbst nicht begreiflich ist? Wie klarmachen, dass zwar ich es war, der diese Dinge tat, dass ich es aber auch nicht war? Das ist der Spalt, wenn nicht Abgrund in mir, mit dem ich leben muss, den ich manchmal zuzuschütten versuche, der immer da, der nicht mehr auszufüllen ist. - S. 287


Bei Beginn seines Studiums fängt Thomas Melle an, sich zu verändern. Mal ist er sehr produktiv und kann tagelang durcharbeiten, hat tausende von Ideen für seine Manuskripte, und dann wieder fällt er in so abgründige Tiefs, dass er selbst einfachste Aufgaben nicht mehr in Angriff nehmen kann. Als er von seinen Freunden in die Psychiatrie eingeliefert wird, bekommt er die Diagnose gestellt: Er leidet unter der bipolaren Störung, einer psychischen Erkrankung, in der das Individuum Manien und Depression abwechselnd und in ihrer ganzen Intensität erlebt. In dieser Autobiographie erzählt er von den drei Phasen, die er bisher durchlebt hat, und wie er damit umgeht.



Psychische Erkrankungen sind für die allgemeine Öffentlichkeit noch immer ein Tabuthema. Glücklicherweise werden in der Literatur nun mehr Own-Voices-Geschichten laut, die das Leben mit einer psychischen Erkrankung Lesern begreiflich zu machen versuchen oder ihnen zu zeigen, dass man nicht der einzige Betroffene ist. Erfahrungsberichte sind allerdings eher rar gesät, vielleicht weil die sichere Distanz zum Geschehen durch das Fiktionale daran nicht mehr vorhanden ist. Auch wenn die Erlebnisse, die Melle hierin beschreibt, so dramatisch und abgefuckt sind, dass man sie am liebsten als Fiktion verbuchen würde.

Knallhart, ehrlich und gekonnt formuliert

Denn dieser Roman, der 2016 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis stand, erschlägt einen mit seiner Ehrlichkeit und Rauheit. Denn Melle lässt kein Detail aus diesen drei manisch-depressiven Phasen, die er bislang erlebte, aus, und diese sind dermaßen gefüllt mit Handlungen und Erlebnissen, die ein einzelner Mensch wahrscheinlich in seinem ganzen Leben nicht durchmacht. Es ist auch faszinierend, wie sich sein Schreibstil in diesen Passagen verändert, denn während er in seinen depressiven Phasen die unheimliche Leere und Gleichgültigkeit in sich nüchtern und einfühlsam beschreibt, erzählt er von seinen manischen Phasen sehr gehetzt und zum Teil in solchen Gedankensprüngen, dass man manche Sätze nochmals lesen muss, um den Inhalt zu verarbeiten. Zwar hat er nicht allzu viele Werke veröffentlicht, man kann sich jedoch vorstellen, wie konfus und brillant zugleich sie geschrieben sein müssen, wenn er schon seine eigene Gefühlslage so plastisch und lebensnahe beschreiben kann. Es ist gleichzeitig hochinteressant, intensiv und erschreckend, in seinem Kopf zu stecken und all die Gedanken und Ideen zu lesen, die ihm zu diesen Zeitpunkten durch den Kopf schossen.
Denn das Erschreckende daran ist, dass er sich unmittelbar im Übergang der Phasen nicht mehr damit identifizieren kann. Während er sich in seinen manischen Phasen unbesiegbar fühlt, das Leben in all seinem Hedonismus und seiner Waghalsigkeit auslebt und dabei zugleich von dem Gedanken besessen ist, dass er der Erlöser der Welt sei, schämt er sich in seiner depressiven Phase für sein Verhalten und würde sein Leben am liebsten beenden. Dieser radikale Wechsel von einer kompletten Reizüberflutung und der kompletten Abwesenheit von Emotionen lassen ihn und andere Menschen, die diese psychische Erkrankung haben, das Höchste und Tiefste durchleben, jedoch ohne die Zwischentöne, die ein Mensch zur Erholung davon braucht. Und wie er richtigerweise in seinem Erfahrungsbericht erwähnt, macht das den Anteil der Suizidgefährdeten mit dieser Erkrankung unheimlich hoch. Das lässt er genauso wenig aus wie seine narzisstischen Selbstbeweihräucherungen, seine um seine Person herumgebauten Verschwörungstheorien, seine heftige Orientierungslosigkeit sowie seine Kurzaufenthalte in Psychiatrien und schließlich auch sein Angewiesensein auf eine Betreuung, weil er seine eigenen Finanzen und Besitztümer nicht mehr verwalten kann. Und in all seiner faszinierenden Schrecklichkeit ist es wunderbar und gekonnt formuliert. Melle ist ein wahres Schreibtalent.


,,Das System beginnt, von einem winzigen, mutierenden Detail ausgehend, zu wuchern wie ein irres Fantasiegebilde. Es wandelt sich dabei ständig, morpht sich, wie in einer Cunningham'schen Animation, rasant durch vielfältigste Formen. Weitere Details kommen dazu, verfestigen sich, werden zu Scharnieren, zu Tragstützen, werden wieder verworfen und ersetzt. Ein unaufhaltsamer, steter Prozess der Weltenbildung und Weltenvernichtung ist im Gange. Der Wahnsinn ist ein Vorgang, kein Zustand, und er kann Stunden dauern, oder Wochen, oder Monate. Oder auch ein Jahr.'' - S. 47

Erschreckend und doch nicht mitleiderregend


Obwohl Thomas Melle all diese Tücken der bipolaren Störung beschreibt, kommt man doch nie in Versuchung, ihn nur als Produkt seiner Krankheit anzusehen. Dadurch, dass er ausschließlich von diesem Teil seines Lebens berichtet und Studium sowie sein Dasein als Autor nur als Randerscheinungen darin vorkommen, wäre das nämlich sehr leicht.
Doch Melle schafft es sehr gut zu formulieren, wie er trotz oder gerade wegen seiner Erkrankung behandelt werden möchte: Weder als Leidtragender noch Opfer, auch nicht als Mann mit einem Alibi für alles aufgrund seiner Erkrankung. Er betont deutlich, dass er nicht all seine Verhaltensweisen auf seine Krankheit schieben kann, auf der anderen Seite jedoch nicht dafür die Schuld zugeschoben bekommen möchte, dass sie bei ihm ausgebrochen ist. Dadurch zeigt er sowohl die Stigmatisierung auf, unter der Menschen mit psychischer Erkrankung oftmals zu leiden haben, leistet als auch den Versuch, sie aufbrechen zu wollen. Das gelingt ihm durch diese authentische Darstellung seiner selbst, denn er scheut sich nicht die Uneinsichtigkeit am Anfang seiner Krankheit zu beschreiben und seine damalige, sehr stereotype und negative Sicht auf Therapie und Psychiater miteinzubeziehen - ein Moment, in dem er einem sogar sehr unsympathisch werden kann, wenn man nicht im Kopf behält, dass das sein damaliger Standpunkt war.

,,Seltsam: Ich war mir doch offensichtlich bewusst, krank zu sein, warum sonst hätte ich ihnen Frys filmische Selbsterkundung zeigen sollen? Aber das Bewusstsein darüber war flüchtig, war an die schwankenden Stimmungen gekoppelt und selbst in klareren Momenten mit keiner echten Selbsterkenntnis verbunden. Ich war mir meiner Krankheit bewusst und dann doch, auf höherem, handlungsweisendem Level, wieder gar nicht.'' - S. 286


Realistisch und ermutigend

Der Leser erlebt also die bipolare Störung in all ihren Schattierungen mit, und so sehr es einen auch aufregen mag, dass der Autor direkte ärztliche Anweisungen ignoriert, in Mengen trinkt und sich in Verleugnungen verliert, so macht genau das diese wahre Geschichte auch spannend. Ab und an hat man zwar das Gefühl, dass sich einige Punkte wiederholen, aber wie bei jedem Relapse im echten Leben ist es für den Leser genauso wie für den Betroffenen: Ja, man kennt das alles. Ja, man weiß, was für ein Mist auf einen zukommt. Ja, man hätte präventiv handeln sollen. Aber irgendwas hält einen davon letztlich ab, und sei es der eigene Stolz, der über der Einsichtigkeit steht, Hilfe zu benötigen. Es ist ermüdend und frustrierend, aber genau so läuft es bei psychischen Erkrankungen eben ab, und wenn man dies dem Autoren zum Vorwurf macht, dann hat man das Ausmaß und die Krux einer seelischen Behinderung noch nicht vollständig verstanden.
Umso ermutigender und hoffnungsvoller ist das Ende des Romans, in dem der Autor gebrochen von seinen Phasen ist, ihr zugleich aber den Kampf ansagt und sich die ,,verschwendeten'' Lebensjahre zurückholen möchte. Auch wenn er stetig in Angst leben muss, dass die Emotionen ihn übermannen, er möchte doch nicht aufgeben. Und das ist besonders bei dieser Erkrankung, die so viele Leben in vielerlei Hinsicht fordert und ihn durch die Hölle gehen ließ, bewundernswert.


Alles in allem ein Buch, das seinen Platz auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis wert ist. Das Buch ist nicht nur ein berührender Erfahrungsbericht mit vielen Informationen zu einer sehr tabuisierten Erkrankung, auch schafft der Autor es durch sehr gekonnte, intensive Beschreibungen, die Empathie des Lesers zu erwecken. Ohne auf die Tränendrüse zu drücken oder Mitleid erregen zu wollen, erzählt er von seinem Leben mit den höchsten Hochs und tiefsten Tiefs und wie er es nach Jahren der Verleugnung geschafft hat, sich ihr zu stellen. Ein sehr guter Own-Voices-Roman mit hohem schriftstellerischem Anspruch und einer wichtigen, authentisch dargestellten Thematik.

Gesamtwertung: 4.65/5 Punkten
Profile Image for Maria.
306 reviews40 followers
September 14, 2018
Das letzte viertel bis fünftel fand ich besonders interessant und wichtig. Natürlich ist es auch wertvoll mit durch die Manien genommen zu werden, durch das immer wieder, immer entgleistere, aber mich interessiert persönlich mehr die schwere Arbeit, die Qual von Krankheitseinsicht und arbeiten auf eine schier unerreichbare Stabilität/Normalität hin. Unter Last und Ausweglosigkeit. Zwischen der Unmöglichkeit eines Lebens mit der Krankheit, Unerreichbarkeit von Normalität, Ambivalenz Normalitäten gegenüber.
Profile Image for Babywave.
348 reviews131 followers
September 21, 2025
Ein Highlight für mich.

Thomas Melle schreibt über seine eigene bipolare Störung.

Während des Lesens hat mich immer wieder Trauer und Wut übermannt. Eine Traurigkeit den betreffenden Personen gegenüber und eine Wut auf die Umstände, unter denen die Erkrankten Leben müssen.

Melle schreibt sehr eindrücklich und plastisch, wie er von manischen Phasen in depressive Phasen gleitet und was es nicht nur mit ihm sondern auch mit seinem Umfeld macht. Und zwar über viele Jahre hinweg. Er zeigt auf, wieviel Scham er nach einer Manie verspürt und wie hilflos man dieser Erkrankung gegenübersteht und wie enorm der Leidensdruck ist.

Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen, musste aber dennoch absichtlich Pausen einlegen. Der Autor versucht trotz der Tragik, seinen Humor nicht zu verlieren und lässt auch diese Seite mit einfließen. Soweit es eben die Thematik zu lässt.

Ich finde, dass dieses Buch viel mehr gelesen und empfohlen werden sollte, da es Sichtbarkeit und Verständnis schafft. Ich kann vor Thomas Melle nur den Hut ziehen und wünschte gleichzeitig, dass ich es nicht müsste…..


„Der Wahnsinn ist der zerstörerische Krieg in einem selbst, da gibt es keinen Zweifel, und wem es ganz schlecht ergeht, der erlebt diesen Krieg mehrmals im Leben und kann immer weniger retten.“
Profile Image for Aurelius.
110 reviews40 followers
November 29, 2020
Das Buch hat mich total umgehauen. Thomas Melle, selbst manisch-depressiv, erzählt schonungslos seine eigene Geschichte und vom Leben mit einer bipolaren Störung. Wow.
Profile Image for Mondperle.
108 reviews20 followers
May 26, 2023
Das war sehr eindrücklich wie belastend und auch zerstörerisch eine bipolare Störung sein kann. Der letzte Satz ist mir sehr zu Herzen gegangen.
Profile Image for yexxo.
906 reviews27 followers
November 4, 2016
Wie kann mich ein so ungeheuerlich beklemmend machendes Buch derart begeistern? Obwohl das Thema so entsetzlich ist, dass ich immer wieder innehalten musste, konnte ich es trotzdem kaum aus den Händen legen. Thomas Melle berichtet von seiner manisch-depressiven Erkrankung derart eindringlich, dass ich fast meinen konnte, eine Ahnung davon zu spüren, was er erlebte und noch immer erlebt.
Schonungslos erzählt er von seinem Leben während der drei Schübe, ohne Rücksicht zu nehmen auf die Darstellung seiner Person. Wie die Krankheit sein bisheriges Leben praktisch zertrümmert, bis von seinem ursprünglichen Selbst nur noch Bruchstücke vorhanden sind; wie er sich daraus wieder hervorkämpft und wieder zu Boden geht, um danach erneut vor den Trümmern dessen steht, was ihm wichtig war; wie er ganz unten landet und ihm dies erst ins Bewusstsein dringt, als es fast endgültig zu spät ist. Unglaublich, dass daraus ein Buch wie dieses entstanden ist in einer Sprache, die gleichermaßen die Kraft wie auch die Schwäche dieses Leidens so überaus intensiv darstellt.
War Bipolarität bisher eine Krankheit, über die ich gelegentlich in der Zeitung etwas gelesen habe und dann entsetzt den Kopf schüttelte ("schon schlimm"), ist sie durch diese Lektüre etwas sehr Konkretes geworden. Allen die mehr über diese Erkrankung wissen wollen als 'nur' sachliche Informationen, empfehle ich dieses Buch wärmstens.
Ich wünsche Herrn Melle von ganzem Herzen, dass er nie wieder solche Phasen durchleben muss. Und stattdessen den Roman schreibt, 'der das ganze Spektrum abdeckt'. Ich freue mich schon darauf!
Profile Image for Ricarda.
36 reviews
January 22, 2017
Faszinierend beschreibt Melle seinen Lebensweg mit seinen Höhen und Tiefen. Mit seinem Buch liefert er ein Stück Aufklärungsarbeit in Hinsicht auf bipolare Störung und psychische Erkrankungen im Allgemeinen.
Allerdings lässt sich keine Spannungsmomente erkennen, die Geschichte fließt einfach vor sich hin, ohne Ziel. Außerdem schafft Melle es, sein Innerstes zu zeigen, ohne sich offenzulegen. Auch nach der Lektüre kann ich nicht sagen, was in ihm vorgegangen ist, ich kann ihn nach wie vor nicht verstehen.
Profile Image for kallis.ema.
165 reviews
June 23, 2023
I started this book a long time ago, but I think I was to young for it since I didn't really understand it. This time I was listening to it instead of reading myself. There were different speakers who all at once sometimes, sometimes quietly and sometimes very loud. I feel sincerely sorry for all struggle with a bipolar disorder and I hope there will be more acceptance and awareness.

"Die bipolare Störung hat sich zwischen mich und alles gestellt was ich sein wollte. Sie hat das Leben verunmöglicht das ich leben wollte. Sie hat die Bücher durchgeschüttelt die ich schrieb"

"und auch innerlich ohne Besitztümer. Da das meiste was ich geliebt und gelesen habe von der Strahlung des Irrsinns kontaminiert ist. Der Wahnsinn ist der der zerstörerische Krieg in einem selbst, da gibt es keinen Zweifel. Und wem es ganz schlecht ergeht, erlebt diesen Krieg mehrmals im Leben und kann immer weniger retten."

"Wir sind nicht mehr die selben, aber wir sind da. Darüber bin ich froh."

"Meine Leinwand sind meine Bücher. Aber sie helfen mir letztendlich nicht und das Leben verflüchtigt sich, ich halte es gerade so zusammen. Meine Krankheit hat mir meine Heimat genommen. Jetzt ist meine Krankheit meine Heimat."

"Es gibt ein Verspechen in der Pop Musik, der Dichtung, den Filmen dem das Leben gar nicht gerecht werden kann. Deshalb verharre ich in diesem Versprechen und schaue mir das Leben nur von Außen an."

"Oh, I do believe in all the things you see, what comes is better than what came before."
Profile Image for Jörg.
479 reviews54 followers
October 21, 2023
In hindsight, I'm surprised that I read this. I rarely read autobiographical books and the topic of bipolarity doesn't hold any special interest for me. It only ended up in my to-read list as part of an effort to read more contemporary books and my decision to go through the list of books nominated for the 'Deutscher Buchpreis'. For some reason, this sounded interesting to me at the time of this choice. Yet, I wasn't really looking forward to this when it was next on my list. It was a good choice though. I gained an insight into a terrible affliction which nowadays is harmlessly called bipolarity.

Reading about the phases of mania and depression made this malady tangible. I wouldn't have expected that the manic phases are the ones which ruin a life much more. The actions and decisions under this condition are uncontrollable, irresponsible and often severe in its consequences. In Melle's instance, they often hurt others, were destructive for friendships and professional relations and most of all backfired and hurt himself, psychically, physically, financially. He suffers from severe paranoia and at the same time acute delusions of grandeur, thinking of himself as a saviour. Afterwards, he barely remembers the details and gets swamped in remorse. The depressive phases are far better known as they are far more common. While these phases are severe and longer lasting, the victim is more dangerous to himself and rarely afflicts others. Altogether, Melle lost 6 years of his life to bipolarity by the time of writing this book at the age of 41.

This book is an impressive achievement. His prose will grip you and you will better understand the suffering. Mostly, it's a potential self-defense against future attacks but also an explanation and an effort to objectify his past. As a neutral reader, you can't help being fascinated especially by the manic phases which take up the largest part of the book. As an average boring person, you even might envy him some of his excesses and the creativity which clearly is odd and wrong. And has to be relativized with the immense costs at which they come. Now, I have to read something of his non-autobiographical work. If there is something like that at all not permeated by his affliction.
Profile Image for Rebecca Bauer.
38 reviews1 follower
November 28, 2020
Das Buch haut mich total um, macht mich sprachlos, traurig, hilflos, und eröffnet mir die Ahnung einer Welt, die ich nie nachvollziehen können werde. Der Autor beschreibt drei manisch-depressive Phasen, alle Situationen aus seiner Sicht, in allen Farben und Gefühlen. Und das alles in einer so reichen, grandiosen Sprache, was alles nur noch bildlicher werden lässt. Ich habe das Buch in kleine Stücke unterteilt - alles an einem Stück wäre zu viel gewesen. Die Schwere zu erdrückend, nicht zuletzt weil man sich im Lesen ja selbst in diese Welt hinein gräbt. Doch gerade durch diese Tiefe gelingt es ihm mir einen Eindruck von Psychosen und vor allem Manie zu geben, den man sonst sicher nicht so leicht findet.

Vor allem das Ende hebt die gesamte Resignation und Stumpfheit der Psyche hervor, mit der das Leben nun gelebt wird.
Die wenige Hoffnung, die einen immer weiter trägt. Das Wissen, dass man als Mensch die leidsamsten Widrigkeiten des Lebens ertragen kann, und am Ende doch überlebt. Die Parallelwelt, in der er fortan besteht, abgeschnitten. Die vielen Jahre, die aus dem Bewusstsein ausgeschlossen werden, weil es sonst nicht zu ertragen wäre. Die Machtlosigkeit, mit der man der eigenen Zerstörung zusehen muss, der Verlust des eigenen Identitätsgefühls. Die Medikamente, die den eigenen Körper zersetzen, um den Geist wieder fähiger zu machen - lebendig kann man nicht sagen, denn sie stumpfen ja gerade alles ab, nur, um ein wenig Normalität herzustellen. Wie schwer die Krankheit auf Beziehungen lastet und den Betroffenen auch dadurch isoliert. Wie sehr es auch im Nachhinein noch gilt seine Welt zu korrigieren, und daran zu arbeiten Dinge wieder normal zu machen. Die Reue, mit der all den Menschen gedacht wird, die indirekt unter der Manie mitgelitten haben. Und schließlich diese riesige Welt im Rücken, mit der es nun zu leben gilt.

Ich habe enormen Respekt für Thomas Melle. Und hoffe, dass ich Leuten mit ähnlichen mentalen Krankheiten ähnlich respektvoll und verständnisvoll begegnen kann, auch wenn das verdammt schwer ist.
Profile Image for Hanna.
646 reviews84 followers
November 14, 2020
Dieses Buch hat mich nachhaltig beeindruckt und berührt. Die brutale, schonungslos offene Ehrlichkeit mit der sich Melle mit seiner Erkrankung auseinander setzt, ließ mir regelmäßig Tränen in den Augen stehen. Nach Beenden des Buches mußte ich dann richtig Weinen.
Die Plastizidät mit der er die Zustände der Manie beschreibt, zeigten mir einmal mehr auf, wie dünn die Trennwand zwischen Gesundheit und Krankheit ist. Wie gut kenne ich es von mir, dass ich Muster in den Texten von Songs, die im Shuffle-Modus abgespielt werden, erkenne. Oder einer Reihe von Zufällen etwas Magisches anzuhaften scheint. Wie es ein Leichtes ist sich in Zustände der Ekstase hineinzusteigern und in Kleinigkeiten Großes zu sehen. Als würde das ganze Universum nur mich meinen.
Aus Gründen (Genetik, Persönlichkeit, Glück?!) gibt es in diesen Momenten aber immer einen Teil in mir der sagt: “Hey, das sind Zufälle, das Hirn tickt einfach nur so, dass es Muster erkennen möchte.”
Auch die Depression ist mir, leider, nicht unbekannt. Ich musste glücklicherweise nur einmal in meinem Leben da durch und schaffe es seitdem den Abgrund zwar immer wieder zu sehen, aber mich nicht hinein fallen zu lassen. Wobei, wie viel dabei tatsächlich meine eigene Leistung ist sei dahin gestellt, denn wenn die Krankheit zuschlägt setzt gleichzeitig eine unfassbare Machtlosigkeit ein. Also auch hier vermutlich mehr Glück als anderes.

Zusätzlich hat mich das Buch so ergriffen, weil die Bipolare Erkrankung in meinem nächsten Umfeld Halt gemacht hat und mich dadurch persönlich aus der Bahn geworfen hat. Melles Erzählung hat in mir, auch wenn ich mir schon vorher bewusst war dass gewisse Handlungen der betroffenen Person der Krankheit geschuldet waren, mehr Empathie entstehen lassen.

Profile Image for Esther.
Author 3 books49 followers
November 12, 2017
Thomas Melles Selbstbericht über seine unheimliche Krankheit der bipolaren Störung hat mich sehr bewegt, tatsächlich mehrmals zu Tränen gerührt.
Man möchte diesen Menschen gerne in den Arm nehmen, doch ist er in der Manie zu weit entfernt um diese Geste zu registrieren, in der Depressionen zu weit unten als dass sie einen Unterschied machen würde und in der gesunden Zeit dazwischen wären solche Gefühlsbekundungen von Fremden wohl unangemessen.

Wie Thomas Melle seine Höhenfliege und seine tiefen Stürze selbstreflektierend und fast kühl analysieren kann, ist für den über die bipolare Störung relativ ahnungslosen Leser eine Lehre in Demut. Dass er es überhaupt kann, und dann auch noch mit diesen treffsicheren, wortgewaltigen Beschreibungen, und sich dabei auch schwierigen, peinlichen, schambesetzten Situationen nochmals stellt, davor ziehe ich den Hut.

Nicht nur für den psychologieinteressierten Leser ist dies eine bestürzende, ehrliche und teilweise hoffnungslose Selbstanalyse dieser Krankheit, die sowohl die Medizin als auch den Betroffenen vor ungelöste Probleme stellt. Thomas Melle hatte zwischen 1999 bis 2010 drei Episoden; nun ist ihm wohl die Wichtigkeit der Medikamentennahme bewusst, was ihn trotzdem nicht sicher vor der nächsten Episode bewahren kann.

Wie lebt man damit? Das habe ich mich immer wieder gefragt. Thomas Melle scheint daran gewachsen zu sein; das Ende des Buches lässt diese Hoffnung durchscheinen. Ich wünsche es ihm.
Profile Image for Petya.
299 reviews23 followers
February 6, 2018
Immer wieder in die Hand genommen und immer wieder weggelegt. Den Zeitpunkt in meinem Leben hielt ich für den passenden - vielleicht habe ich zu viel erwartet. Erfahrungen und Gedanken aus den depressiven Phasen, die sich zumindest in kleinsten Teilen mit meinen decken oder widersprechen, etwas, was eine innere Auseinandersetzung anregen würde.

Leider nicht gefunden.

Es ist ein Text, der sich vielleicht eher als Gefühl, womöglich sogar am besten im Rausch, eher hinnehmen lässt. Für jemanden, der im Bett, im Café oder in der Bahn liest – also jemand, der mitten im Leben steckt und selbst weder manisch-depressiv ist noch manisch-depressive Bekannte hat – ist keine verfolgbare Linie zu erkennen, nur Hochs und Tiefs, die sich aneinander reihen, ohne besondere Ausprägung, ohne große Unterschiede zueinander. Die Ereignisse fand ich dafür sehr distanziert und sachlich festgehalten. Es fehlte mir die lebensechte Empfindung, die Enthüllung.

Am Anfang war ich wenigstens fasziniert von der Sprache, aber später fand ich viele dahingedichtete Formulierungen inhaltsleer und überflüssig ("Delfine sprangen mir aus dem Mund, und farblose, grüne Ideen schliefen wieder furios.")

Es las sich sehr, sehr zäh und wie es ausgeht, weiß ich deswegen auch nicht.
Profile Image for Andrea Mesch.
41 reviews20 followers
December 2, 2018
Die Schonungslosigkeit, mit der Thomas Melle seine Krankheit aufarbeitet, hat mir gut gefallen. Das ist mutig, informativ und gut geschrieben.

Über weite Strecken hatte ich aber den Eindruck, dass die Krankheit als Entschuldigung für alle unangenehmen Persönlichkeitsanteile herhalten muss. Das fand ich nicht glaubwürdig, dafür war mir das Buch zu eitel und selbstgefällig. Mir fehlte Empathie und irgendwann ging mir die auch verloren.
Profile Image for Tereeeza.
259 reviews45 followers
April 14, 2018
Autor ve Světě v zádech popisuje svůj boj s maniodepresivní psychózou. Jsme svědky manické i depresivní fáze v letech 1999, 2006 a 2010 a dostáváme se tak do středu boje s touto chorobou. Není to jednoduché čtení, není to ani beletrie v pravém slova smyslu, je to zpověď nemocného člověka, který sám hledá odpovědi. Silné a děsivé.
Profile Image for TEERAWUT MAHAWAN.
101 reviews23 followers
November 2, 2019
ในฐานะเป็นผู้ป่วยไบโพลาร์คนนึง ขอสารภาพว่าทรมาน สิ้นหวัง หดหู่ เพราะทั้งเนื้อหา และรูปแบบการเขียน ชวนให้คลื่นไส้ ไม่มีความหวังใดใดในหนังสือเล่มนี้ ที่ชวนให้เห็นถึงสภาพการหายจากโรค แถมยังก่อแต่ปัญหาซะอีก เศร้าจริงๆ ไม่น่าอ่านเลย
Profile Image for Fiona.
677 reviews81 followers
January 25, 2023
Wild, durcheinander, schnell und ja, halt irgendwie verrückt. Thomas Melle schreibt in seinem Buch "Die Welt im Rücken" über sein Leben mit einer bipolaren Erkrankung. Hierbei beleuchtet er jedoch nicht sachlich seinen Zustand, sondern er nimmt die Leser*innen mit auf seine Schübe. Das ist ganz schön anstrengend, aber es lässt einen eben auch nachvollziehen, was in ihm vorging und wie es sich anfühlt. Ich musste beim Lesen öfter an die Leute denken, die einem manchmal auf der Straße begegnen, die laut Selbstgespräche führen oder einen mit Dingen, die man nicht versteht auf einmal ansprechen oder manchmal auch anschreien. Und nach diesem Buch kann ich etwas besser nachvollziehen, wie sie die Sitation aus ihrer Perspektive wahrscheinlich wahrnehmen.
Thomas Melle ist sehr ehrlich im Umgang mit seinem Verhalten und seiner Erkrankung. Er thematisiert auch, wie sich sein Umfeld dadurch verändert hat und wie schwierig es ist einen Job und Freundschaften zu pflegen. Aber auch die Kreativität und andere Vorzüge lernen wir durch ihn verstehen.
Für alle, die mal einen Einblick in den Alltag eines bipolar erkrankten haben möchten, kann ich dieses Buch sehr empfehlen. Wer jedoch sachliche Erklärungen, ein How to oder fachliche Ausführungen sucht, ist hier falsch.
Profile Image for Arno Goessens.
16 reviews4 followers
November 23, 2020
"Ich hievte mich wieder hoch aus dem Schwarzen, das mich bereits hinabgezogen und geschluckt hatte, und atmete ein. Das Licht kam zurück, das Blut strömte los, das Hirn fuhr wieder hoch. Verwirrt lag ich auf dem nackten Boden und verstand nicht, was dieser Song mir nun sagen wollte. Dabei ist es offensichtlich: Bilder des harmonischen Zusammenlebens waren damit verknüpft, eine Zeit, in der das Leben offen und auf der richtigen Spur war. Die Möglichkeit von Glück hatte sich im letzten Moment ins sterbende Bewusstsein geschoben, durch einen Song, den ich nicht mochte, durch ein flaches plüschiges Popversprechen, das ich jetzt aber so richtig anfühlte wie lange nichts. Ich atmete durch und stand auf, ließ den Song weiterlaufen im Kopf. Dann baute ich die Kabelvorrichtung ab und warf sie weg. So nicht.

Diesmal gab es eine Strangmarke. Mein selbstverliebter Therapeut sah sie nicht, und ich ging nicht mehr hin."


Schrijnend en bijna hilarisch tegelijkertijd. Wenend en lachend lees ik hoe een popsong van Abba waarover Thomas Melle zich enkele pagina's eerder nog misnoegend uitte, hem terug "naar boven" sleurt "wie ein letzter Gruß des Lebens ins Totenreich". Ja, het leven is een en al ironie.

Kzou dit boek iedereen die ik ken in de handen willen duwen, moest het niet enige scepsis opwekken wanneer ik met een boekentas vol Nederlandse vertalingen even de rol als familiepostbode op mij zou nemen.

Maar toch, iedereen MOET dit lezen. Mensen die iemand kennen waarvan ze weten/vermoeden dat ze aan een psychische ziekte lijden, hetzij bipolariteit, hetzij depressie, hetzij een van de oneindig veel andere nauwelijks gediagnoseerde, moeten het lezen. Mensen die er zelf aan (denken te) lijden moeten het lezen. En vooral de fucking mensen die nog steeds niet doorhebben dat dit ECHT is moeten dit lezen. Het gaat door merg en been. De meesten van ons weten hoe lastig de verhouding van het "ik" (als het al bestaat) ten opzichte van de maatschappij en andere mensen is. Maar wat als het "ik" zich tegen zichzelf keert, zichzelf niet meer kent? Hoe zeg je "ik" was het, maar ik was niet mezelf? Hoe leg je dit uit aan anderen, maar vooral: hoe legt ge het uit aan uzelf? Het leven is soms al lastig genoeg, hoe gaat ge ermee om als deze schijt er ook nog eens bijkomt?

Hetzelfde geldt van buitenaf: hoe verhoudt ge u ten opzichte van iemand die zichzelf niet meer kent, die tussen narcisme en depressie schommelt en daarbij alles om zich heen zerstört, vernietigt?

Zwart, cynisch, spannend, leuk, dodelijk: termen die nog geen tiende van de complexiteit beschrijven van wat er binnen het "ik" van Thomas Melle gebeurt in deze autobiografie.
Ik geef gemakkelijk 4'en en 5'en, maar weinig levensveranderend'en. Dit boek is -en kweet, het klinkt cheesy maar fuck it- levensveranderend.
Profile Image for Frolleinflodder.
7 reviews11 followers
January 2, 2017
Ich habe ein Buch erwartet, dass mich umhaut. Ein Buch, dass sogar ein bisschen weh tut. Aber dann lese ich eine Krankengeschichte und spüre: nichts.
Es heißt ja oft, der Autor mache sich bei diesem Buch nackig, ich hatte nicht das Gefühl, leider. Die meiste Zeit wurden nur Peinlichkeiten erzählt, die ihm, durch seine Manie, passiert sind und auch das wurde dann versucht es mit Humor zu überspielen, sich regelrecht dahinter zu verstecken à la: ha ha, guckt euch den mal an, der wird gerade völlig verrückt! Das wurde irgendwann nach 210 Seiten zwar etwas weniger, viel mehr in die Tiefe ging es aber trotzdem nicht. Für mich kam der Schmerz, den diese Krankheit eigentlich mit sich bringt, und auch während er erzählt, wie er komplett aus dem Leben gerissen wird, nicht genug rüber. Selbst die Selbstmordversuche werden mal eben in ein paar Sätzen abgehandelt. Ich fand das sehr schade, finde immer noch, das Buch hätte sehr viel Potential, aber er vermittelt einem nur die Scham, die bei ihm übrig bleibt, vielleicht auch um sich selbst zu schützen, aber trotzdem: Bipolarität ist ja wohl mehr als einfach nur Scham.
Profile Image for Inka.
15 reviews7 followers
January 31, 2024
Ein Buch, das eigentlich nicht bewertbar ist, da es sich um die Schilderung einer psychischen Erkrankung mit autobiografischem Hintergrund handelt.
Ich habe sehr mit Thomas Melle mitgelitten, der mich sprachlich hier völlig überzeugt hat.
Es hat selten ein Buch gegeben, das ich so schwer aushalten konnte und welches mich teilweise verstört aber auf jeden Fall traurig, hilflos und fassungslos zurückgelassen hat.
Profile Image for Eny Rebel.
135 reviews66 followers
October 6, 2019
Сэтгэлзүйн өвчин, bipolar disorder буюу номонд томьёолсноор хөөрөл гутралын эмгэг өвчний талаар зохиолчийн өөрийг туулж өнгөрүүлсэн амьдрал мэдрэмжийн талаао маш сонирхолтой боловч хэт нуршуу маш уйтгартай нои байлаа. Залхаалаа сүүлдээ . 400 биш 60 хуудас байхад л хангалттай байж
Profile Image for frausarahsarah.
88 reviews
November 12, 2023
Ich wurde gefragt, wie ich das Buch finde. Ich konnte nicht in einem Satz antworten. Ich fürchte fast, dass ich gar nicht in der Lage dazu bin, zusammenzufassen, wie ich mich während des Lesens gefühlt und besonders auch jetzt 12 Stunden nach Beenden des Buchs fühle.

Thomas Melle erzählt so schonungslos, so nah von seinen Erlebnissen und dieser Krankheit und ist dabei auch so verdammt ehrlich und so lustig, dass ich zwischendurch nicht wusste, ob ich laut lachen oder weinen soll. Ich hab dann einfach beides getan.

Wichtig: Dieses Buch bitte nur lesen, wenn es dir gut geht!

TW: Explizite Beschreibungen von psychischen Problemen, Selbstverletzung und Suizid
Profile Image for Gilfschnitte.
73 reviews
August 29, 2025
Geschenk eines Stationsarztes auf der Psychiatrie, die genauen Umständen sollen hier nicht Thema sein, aber sehr passende Lektüre.

So intim mit Manie, Depression und Psychose konfrontiert zu sein, auf eine Art und Weise einzigartig. Geständnisse menschlicher Tiefpunkte sind schmerzhaft und echt. Soziale Konsequenzen kratzen auf. Gewissheit von Rezidiven schlägt die Luft aus den Lungen. Kurze Lichtblicke nur als kleines Aufflackern im Angesicht der Krankheitsfülle. Empathiezunder höchster Qualität
Displaying 1 - 30 of 118 reviews

Can't find what you're looking for?

Get help and learn more about the design.