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184 pages, Paperback
First published January 1, 2000
Rezension: "Marilyn Manson – Seziert" von Gavin Baddeley
Man mag von Marilyn Manson halten, was man will – und genau das macht dieses Buch so wertvoll. Denn egal, ob man ihn bewundert oder ablehnt: Marilyn Manson – Seziert von Gavin Baddeley zwingt den Leser dazu, seine vorgefertigten Meinungen zu hinterfragen. Es ist kein reißerischer Skandalbericht, keine Lobeshymne auf einen Rockstar, sondern vielmehr eine akribische, fast schon forensische Studie über ein kulturelles Phänomen, das man unmöglich in eine Schublade stecken kann.

Marilyn Manson - Seziert ♦ Gavin Baddeley - Eine Rezension
Gleich zu Beginn macht Baddeley deutlich, dass Manson – oder besser gesagt: Brian Warner, wie er mit bürgerlichem Namen heißt – weit mehr ist als nur ein Musiker oder Provokateur. Er ist ein Spiegel gesellschaftlicher Abgründe, ein Spiel mit Identitäten und Ängsten, eine Kunstfigur, die so vielschichtig ist, dass sie sich jeder eindeutigen Interpretation entzieht. Baddeley nähert sich dieser Figur mit dem nötigen Respekt, aber auch mit einer gesunden journalistischen Distanz. Er stellt Fragen, ohne einfache Antworten zu liefern – und genau das macht sein Buch so spannend.
Der Aufbau des Buches ist dabei besonders gelungen. In klar gegliederten Kapiteln führt der Autor durch die wichtigsten Stationen in Mansons Leben – von seiner Kindheit in Ohio, über seine Entwicklung in der Untergrundszene, bis hin zu seinem Aufstieg zum internationalen Schockrocker. Besonders eindrucksvoll ist, wie tief Baddeley in die Psyche und Vergangenheit des Künstlers eintaucht. Es geht nicht nur um Eskapaden und Schlagzeilen, sondern um Einflüsse, Philosophien und die Widersprüche, die Manson so faszinierend machen.
Für manche Leser mag der Detailgrad mitunter zu viel des Guten sein – Baddeley spart nicht an Informationen und geht teilweise sehr ins Eingemachte. Doch gerade diese Akribie ist notwendig, um die Kunstfigur Marilyn Manson in ihrer Gesamtheit zu verstehen. Ohne die dunklen Ecken in Brian Warners Leben zu kennen, ohne seine frühen Erlebnisse, seine Faszination für Religion, Gewalt und Tabus zu begreifen, wäre die Figur Manson schlichtweg nicht erklärbar. Jedes noch so kleine Detail trägt zum großen Bild bei – und genau deshalb lohnt sich die Lektüre auch für Leser, die sonst vielleicht wenig mit Manson anfangen können.
Was das Buch außerdem besonders macht, ist seine visuelle Aufmachung. Die vielen Illustrationen, Skizzen und teils farbigen Fotos schaffen eine zusätzliche Ebene der Annäherung. Man sieht nicht nur, man liest nicht nur – man erlebt ein Stück weit die Welt, in der sich Manson bewegt und die er mit erschaffen hat. Diese grafische Komponente verleiht dem Buch eine Intensität, die man selten in Musikerbiografien findet.
Insgesamt ist Marilyn Manson – Seziert ein durchdachtes, fesselndes und teilweise verstörendes Porträt eines Künstlers, der sich immer wieder neu erfindet und dabei stets auf der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn balanciert. Gavin Baddeley gelingt es, diese Gratwanderung auf ebenso kluge wie packende Weise einzufangen. Die einzige kleine Schwäche liegt vielleicht in der Überfülle an Informationen – man muss schon bereit sein, sich auf dieses Detailniveau einzulassen.
Ein Muss für Fans und für alle, die Marilyn Manson jenseits von Schlagzeilen wirklich verstehen wollen. Wer sich auf dieses Buch einlässt, wird feststellen: Hinter dem Make-up, dem Blut und dem Chaos steckt ein verdammt kluger Kopf – und eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.