Die Welt ist eine Zumutung, jedenfalls für Kress. Wohin er sieht, Mittelmaß, Dummheit, Ignoranz. Einzig die Universität ist in Grenzen ein erträglicher Ort, dort studiert Kress die Großen, Goethe, Kleist, Kant, eben was im 19. Jahrhundert Rang und Namen hatte. Nach dieser glanzvollen Epoche ging es im Grunde bergab, steil, für Kress bis nach Berlin-Neukölln. Dort lebt er in einer winzigen, unsanierten Hinterhofwohnung und führt bei Ketchuptoast und Multivitamintabletten philosophische Gespräche mit dem Tauberich Gieshübler, dem Einzigen, der ihn versteht. Aber dann geschieht etwas Kress verliebt sich. Und sieht sich auf einmal gezwungen, all das zu tun, was andere in seinem Alter anscheinend so Wochenendausflüge, Partys, Small Talk. Kress scheitert grandios, an der Welt, an sich selbst. Aber er macht weiter, scheitert wieder, scheitert besser, und am Ende gibt es selbst für jemanden wie ihn noch Hoffnung. Mit dunkler Komik und zarter Melancholie gelingt Aljoscha Brell ein beeindruckendes Debüt – und ganz nebenbei ein wunderbarer Berlin-Roman.
Wenn ich dieses Buch nicht als Hörbuch gehört hätte, hätte ich es definitiv abgebrochen. Kress hat mich ursprünglich hauptsächlich interessiert, weil der gleichnamige Protagonist den gleichen Studiengang wie ich an der gleichen Uni studiert. Und ja, es war irgendwie cool bekannte Orte in dem Buch wiederzufinden, aber das war’s dann auch schon. Ich hatte mir erhofft, dass hier wohlmöglich ein Studentenleben beschrieben wird, mit dem ich mich halbwegs identifizieren kann. Stattdessen waren einige Aspekte einfach nur lächerlich unrealistisch. Das Buch spielt ca. 2010, Kress ist Ende 20, studiert seit geschlagenen 8 oder 9 Jahren an der Uni, kann allerdings keinen Computer bedienen und schreibt alle seine Hausarbeiten auf einer alten Schreibmaschine. Aaah ja, ist klar. Ich weiß nicht in welchem alternativen Universum sich die Version der Uni befindet, aber das ist einfach nur unrealistisch. Auch 2010 kommt man an der Uni nicht mehr weit ohne wenigstens zu wissen, wie man Google benutzt (was, wie in einer Szene in einem Internetcafé demonstriert wird, Kress nicht weiß). Abgesehen davon hat sich der Plot, der eigentlich ganz vielversprechend klang, ziemlich schnell in Belanglosigkeit verloren, es war bestenfalls mittelmäßig geschrieben und auch wenn sich das ganze Buch um Kress dreht, hatte ich nicht das Gefühl diesen Charakter auf irgendeine Art und Weise besser kennenzulernen. Klar, Kress ist ohne Frage ein extrem komischer Kauz, aber das ist ja auch in diesem Zusammenhang kein Hinderungsgrund. Es gibt viele andere Beispiele von Charakteren in der Literatur, die exzentrisch und auf den ersten Blick nicht gerade sympathisch sind, bei denen die Autoren es aber dennoch schaffen ihnen wenigstens stellenweise eine andere, eventuell zugänglichere, charakterliche Dimension zu verleihen. Stattdessen war ich mir die ganze Zeit unsicher, ob man jetzt mit Kress mitfühlen, ihn verabscheuen oder wohlmöglich sogar über ihn lachen soll. Letztendlich war ich die ganze Zeit nur leicht bis mittelschwer irritiert von ihm und habe mich ihm auch nach 6 Stunden Hörbuch auf keine Art und Weise näher gefühlt. Auch insgesamt habe ich nicht wirklich das Gefühl irgendetwas von diesem Buch mitnehmen zu können.
Zuallererst, ich finde es sehr schade, dass dieses Buch mittlerweile ein Mangelexemplar ist. Ich würde mich wirklich sehr gerne mit mehr Menschen über "Kress" unterhalten. Was den Inhalt des Buches angeht, bin ich nämlich hin- und hergerissen. Die erste Hälfte des Buches war wirklich unterhaltsam und als Leser konnte man direkt in das Leben des Protagonisten, Kress, einsteigen. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass man als Leser mehr von seiner Vergangenheit erfährt, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass das, was kurz von seiner Familie erwähnt wurde, viel mit seiner Charakterentwicklung im Laufe des Buches zu tun hat. In der anderen Hälfte des Romanes war ich hingegen äußerst verwirrt von Kress. Ich habe mich gefragt, ob seine Persönlichkeit die ganze Zeit über einen Hang zu unmoralischen Entscheidungen hatte, oder ob er sich in dieser kurzen Zeit dermaßen Verändert hatte. Diese Entwicklung seiner Persönlichkeit fand ich höchst interessant. Besonders gelungen fand ich hierbei, dass Kress nicht nur anfing, anders zu handeln, sondern auch die Art und Weise, wie er mit den Menschen umging (Mona, die Verspätung etc) und welche Ausdrücke Kress sowohl beim Denken als auch beim Sprechen benutzte, sich veränderte. Dies wurde durch den Schreibstil des Autors sehr gut deutlich.
⚠️ SPOILER ⚠️ Dennoch kriegt "Kress" nur 3/5 Sterne, obwohl ich das Buch durchaus gelungen finde. Es ist ein Pageturner und als Leser ist es einfach, sich in die Problematik/Geschichte einzufinden. Allerdings lässt mich dieses Buch auch mit einer gewissen Verwirrtheit bezüglich Madeleine, Mona und Kress`Gedanken zurück. Bereut er es wirklich, dass er in Madeleines Wohnung eingebrochen ist? und wird sie es je erfahren? Wie läuft es jetzt mit Mona weiter? Verändert sich seine Persönlichkeit weiterhin oder kehrt er zum anfänglichen, konventionellen Kress zurück?
Anfänglich recht ungewöhnlich, Kress ist ein ziemlich starker Charakter, was aber für mich im Laufe der Geschichte etwas abnimmt. Ich hätte tatsächlich gerne noch mehr über seinen Hintergrund erfahren wollen, der blieb aber unklar. Flüssig geschrieben, man gerät nicht ins Stocken. Wohl ein typischer "Berlin -Roman", durchaus aber zu empfehlen. Ich hätte ihn zwar im Laden wahrscheinlich nicht in die Hand genommen, weil die Beschriebung für mich zu dürftig ist, er war aber eine Leihgabe einer Freundin und sobald man in der Geschichte ist, bleibt man auch dabei.
Einfach komplett drin versunken. Faszinierend: man kann den Hauptprotagonisten überhaupt nicht leiden, und erkennt sich doch irgendwie immer mal wieder selbst in ihm wieder. Am Ende bleibt einem nichts übrig, als dem Strudel der Ereignisse zuzuschauen & doch Mitleid zu haben.
Es ist eine Geschichte über einen Menschen, der Probleme hat, sich in die Gesellschaft zu integrieren. (Muss man das überhaupt?) Er ist sehr ambitioniert, träumt davon, der größte Goethe-Forscher zu werden, doch... er lebt nicht in der heutigen Welt. Er besitzt kein Handy und keinen Computer... Gibt es für solche Menschen noch Platz in der Gesellschaft? Doch! Eine positive Lektüre für einen Winterabend!