Gewalt gegen Frauen ist ein alltägliches Phänomen, auch wenn sie nur selten öffentlich wird. »AktenEinsicht« erzählt Geschichten von Frauen, die körperlicher und sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, und vermittelt überraschende, teils erschreckende Einsichten in die Arbeit von Justiz und Polizei. Nach den neuesten Zahlen des BKA ist jede dritte Frau in Deutschland von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Welche Lebensgeschichten sich hinter dieser erschreckenden Zahl verbergen, davon erzählt die Strafrechtsanwältin Christina Clemm, empathisch und unpathetisch. Alina ist nach Deutschland gekommen, um Geld zu verdienen. Sie wusste, dass sie wahrscheinlich nur als Prostituierte wird arbeiten können, und kommt gut damit zurecht. Mit Vielem hat sie gerechnet, aber nicht damit, dass ein Bekannter ihres Bruders ihr nachstellt und – als sie ihn abweist – versucht, sie auf offener Straße zu töten. Eva verlässt ihren Freund, der sie in den Bauch tritt, als sie schwanger ist. Er verfolgt sie, schickt Morddrohungen. Siebzehn Mal hatte sie ihn vergeblich bei der Polizei angezeigt, als ihre Tochter sie tot in ihrer Wohnung findet. Faizah wird von ihrem deutschen Ehemann schwer misshandelt. Einmal gelingt es ihr, sich nach draußen zu retten. Er folgt ihr, prügelt weiter, würgt sie, bis Passanten ihn festhalten und die Polizei holen. Wie gewinnt man nach einer Gewalterfahrung die Selbstachtung zurück, die Selbstbestimmung über das eigene Leben? Wie geht man damit um, dass die Polizei einen angekündigten Mord nicht ernst nimmt? Dass man einem Richter gegenübersteht, der auf dem rechten Auge blind ist? Was macht es mit den Betroffenen, die Täter wiedersehen zu müssen und sich bohrenden Fragen zur Tat zu stellen? Christina Clemm nimmt uns mit auf eine Reise in die Gerichtssäle der Republik, an die Tatorte, in die Tatgeschehen. Es sind Geschichten, die man nicht mehr vergessen wird.
In ihrem Buch "AktenEinsicht: Geschichten von Frauen und Gewalt" erzählt Christina Clemm von den Schicksalen verschiedenster Frauen, sie macht begreifbar, was Misogynie und patriarchale Strukturen vor allem in unserem Rechtssystem anrichten können und sensibilisiert gegenüber diesem Thema. Im Buch werden zwar fiktive Geschichten erzählt, diese sind aber an wahre Begebenheiten angelehnt und berichten diese teilweise nach.
Christina Clemm ist selbst Fachanwältin für Strafrecht und Familienrecht in Berlin und kann so einen sehr präzisen und auch glaubwürdigen Bericht über ihre Arbeit und ihr Arbeitsumfeld abgeben. In die verschiedenen Erzählungen mischt sie immer wieder Abschnitte (gekennzeichnet mit einer anderen Schriftart), in denen sie Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Themen liefert, gefüttert mit Statistiken und vielen Quellenangaben am Ende des Buches.
Ich war beim Lesen permanent angespannt, war erschüttert und schockiert von den Geschichten der Frauen und musste das Buch immer wieder bei Seite legen - überrascht haben mich die Erzählungen aber nicht. Gerade in meiner Instagram- und Twitter-Blase werde ich (zum Glück!) immer wieder auf Missstände und Ungerechtigkeiten aufmerksam gemacht und viele Themen, die mir also sozusagen im Alltag auch schon auf Augen und Ohren gedrückt werden und mich da schon zur Weißglut bringen, habe ich in ähnlicher und teilweise noch schockierenderer Weise im Buch wieder gefunden.
Richter*innen, die auf dem rechten Auge blind sind, Polizist*innen, die ihre Machtpositionen schamlos ausnutzen, Opfer häuslicher Gewalt, die vor Gericht gezwungen werden, wieder mit dem Täter zusammenzutreffen, Geflüchtete, die keinen Schutz und keine Hilfe erhalten - das sind nur einige Beispiele von Fällen, die Claudia Clemm in ihrem Buch aufgreift. Dabei schildert sie sachlich und mit einem angenehmen Schreibstil, der für mich das Lesen manchmal noch härter gemacht hat.
Ich kann das Buch sehr empfehlen. Es macht auf die riesigen Mängel aufmerksam, die in Bezug auf Frauen* und Gewalt herrschen. Und es ruft dazu auf, Gewalt in keinster Art und Weise zu akzeptieren - auch nicht in Form von Mikroagressionen. Wenn euch die Themen im Buch nicht triggern, dann lest es und verschenkt es am besten auch gleich noch weiter.
Zum Schluss noch ein Hinweis: wer eine günstige Alternative zu dem Hardcover aus dem Kunstmann-Verlag sucht, wird derzeit bei der Bundeszentrale für politische Bildung fündig. Es gibt dahingehend also keine Ausrede, das Buch nicht zu lesen.
»Es sind kaum erträgliche Fälle, von denen hier erzählt wird, aber genau deswegen müssen wir hinsehen. Man kann das Elend nicht bekämpfen, wenn man es nicht kennt.« - Margarete Stokowski
Dieses Buch hat mich traurig, wütend, aber auch hoffnungsvoll gemacht. In den Geschichten der Frauen sieht man, dass kaum eine Frau freiwillig und bewusst zur Polizei oder zu einer Anwältin gegangen ist, um ihren gewalttätigen Partner anzuzeigen. Mit einer Trennung, und eben auch mit einer Anzeige, riskieren sie ihr Leben. Deshalb bleiben Frauen auch so häufig / lange in dieser Beziehung. Ebenso zeigt »AktenEinsicht«, dass die Gewalt nicht zu Ende ist, nur weil man sich trennt. Alle Frauen sind traumatisiert und müssen sich in ein normales Leben kämpfen.
Bitte lest alle dieses Buch!🤍 Gewalt an Frauen und Mädchen betrifft uns alle. Jeden Tag werden Frauen geschlagen und getötet. Wir müssen hinschauen und darüber sprechen!
Ich musste oft beim Lesen an das Zitat denken, welches fälschlicherweise Joseph Stalin zugeschrieben wird: “Ein einzelner Tote ist eine Tragödie, eine Million sind eine Statistik”.
Das Buch unterstreicht die Einzigartigkeit der Erfahrung vieler Betroffenen von (häuslicher) Gewalt. Es war für mich das erste Buch, das ich lese, welches sich mit Einzelschicksalen von betroffenen Frauen beschäftigt und zwar aus ihrer Perspektive. Das Buch personalisiert die Statistiken und die Zahlen, und zeigt auf wie groß die Defizite im gesellschaftlichen und dem Juristischen Umgang mit häuslicher Gewalt bis heute noch sind.
Das Buch ist wahrscheinlich für viele weibliche Leserinnen "nichts besonderes", weil es nicht unbedingt neue Perspektiven zeigt und Ihnen neue Gedanken mitteilt. Für einen Mann wie mich ist das allerdings besonders, weil ich wie ganz viele andere Männer sich noch nie die Frage stellen musste, was es heißt, in einem Raum gefangen zu sein von einer Partnerin, der man körperlich unterlegen ist und finanziell abhängig ist, und wie grausam es für einen enden kann.
Für mich ergaben sich aus dem Buch sehr viele Misstrauen und sehr viele Gedanken, die ich für erstaunlich beängstigend hielt, und mich den Glauben an die Gesellschaft verlieren ließen, die sich wahrscheinlich für jedes Mädchen allerspätestens mit 15 ergeben.
Die Opfer- sowie die Täterprofile sind sehr vielfältig. Opfer kann die Hausfrau, die Prostituierte, die Managerin, die Tochter und die Geflüchtete sein. Täter kann der Pfarrer, der Mitarbeiter, der Vater oder der Polizist sein.
Die Autorin, die gleichzeitig als Anwältin am Familiengericht arbeitet, zeigt das Spannungsfeld zwischen rechtsstaatlichen Prinzipien wie der Unschuldsvermutung und der damit einhergehenden Belastung von Überlebenden von körperlicher und sexueller Gewalt.
Ich glaube, dass kaum jemand in Deutschland in einem Land leben würde, wo die Beweislast beim Angeklagten liegt, dennoch wirft die Autorin an sehr vielen Stellen die Frage auf, wie man auch rechtlich Opfer besser schützen und unterstützen kann.
Wie mein Schwester sagen würde: Viel mehr XYs sollten das Buch lesen 5/5
Puuuuh, heftiges Thema. Aber die Fälle waren alle super spannend geschrieben und ich fand es sehr cool, dass es am Ende von jedem immer so einen kleinen Hoffnungsschimmer gab und alle Frauen in diesem Buch super starke Personen waren, die um ihr Recht und gegen geschlechtsspezifische Gewalt gekämpft haben. Echt noch mal erschreckend zu sehen, wie viele Frauen von Gewalt betroffen sind und was für krass viele verschiedene Arten von Gewalt es auch gibt. Nieder mit dem Patriachat!!!
in „akteneinsicht“ erläutert die autorin, die sich als anwältin auf fälle von gewalt gegen frauen spezialisiert hat anhand von realen fällen, wie problematisch sich genderspezifisch ungleich verteilte machtstrukturen auf frauen auswirken und welche großen defizite diesbezüglich in der justiz vorherrschen. dabei schildert sie in einfach verständlicher sprache wie einzelne fälle zustande kamen und vor gericht abliefen, fügt aber auch immer wieder einzelne passagen ein, in denen sie wissenschaftliche erkenntnisse z.B. in form von studien erklärt. sie sagt:
„geschlechtsspezifische gewalt gegen frauen ist ein immanenter bestandteil unserer immer noch patriarchalen gesellschaft, um macht über frauen auszuüben. dies zu verstehen ist wichtig und bedeutet auch, dass es nicht ausreicht, nur selbst keine gewalt auszuüben.“
Ein unglaublich schwer zu lesendes, wichtiges Buch. Aber von denen, die es wirklich lesen sollten, wird es wohl nicht gelesen... Das beeindruckendste ist es eigentlich, sich bei diesem Buch selbst beim Lesen zu beobachten. Selbst ich, die einiges an der Willkür und gerade Racial Profiling an eigener Haut erlebt hat, wehre mich dagegen, manches, was klar als Gesetzestext oder Statistik da steht zu glauben - weil es ein Grundvertrauen untergräbt, das ich so gerne hätte. Und das natürlich eine absolute Illusion ist.
Frauen und Gewalt; ein Thema, das in unserer Gesellschaft längst nicht umfassend genug diskutiert wird. Dabei werden jährlich 100.000 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt. Wenn Frauen aufgrund ihres Geschlecht getötet werden sprechen die Medien von Familiendrama anstatt von Femizid. Misogynie hat in unserer patricharlischen Gesellschaft und besonders für marginalisierte Gruppen kein Ende und ich danke Christina Clemm für dieses starke und lehrreiche Buch, das langfristig etwas bewirken kann. 💫
Zeigt dieses Buch jedem, der behauptet, es gäbe keinen Sexismus mehr in Deutschland! Der Hass und die Gewalt gegen Frauen zieht sich durch jede Gesellschaftsschicht und durch so viele Aspekte des alltäglichen Lebens und so sehr ich auch wünschte sagen zu können, dass auf die Justiz und den Rechtsstaat Verlass ist, ist dies einfach in vielen Fällen nicht der Fall. Opfern glauben, Frauen* zuhören und Augen offen halten!!!
Aufgrund des leichten Schreibstils angenehm zu lesen und nicht so emotional einnehmend, wie zuvor vermutet (trotz der erschütternden Ereignisse und der durchaus komplexen Thematik der Rechtsgrundlagen). Ihre sachliche Beschreibung hat mich in das Jurafeld eintauchen lassen, in die einerseits gerechten aber auch unglaublich ungerechten Gerichtsverhandlungen. Obwohl ich vorher kein Kontakt zu juristischen Inhalten hatte, konnte ich alles nachvollziehen und war motiviert, weiter in die Materie einzusteigen. Sie erzählt die Geschichten von Frauen, die Gewalt erlebt haben. Mit Studien belegt sie ihre Aussagen und fügt in die jeweiligen Kapitel zahlreiche juristische und statistische Hinweise hinzu. Ein gelungenes Buch, das ich sehr empfehlen kann.
Eins dieser Bücher, von denen ich befürchte, dass es vor allem die lesen, bei denen die Botschaft schon angekommen ist. Würde es aber versehentlich in die Hände von einem halbwegs offenen, reflektierten Menschen fallen, dem nicht ohnehin klar ist, dass Gewalt an Frauen die tatsächliche Norm ist, vielleicht würde er es daraus mitnehmen. Geschickt finde ich dafür die Aufmache des Buchs, das eben nicht trocken ist, sondern vor allem mit Beispielgeschichten arbeitet und in diese juristische und statistische Fakten einfliecht.
Worum geht´s? Gewalt gegen Frauen ist nachwievor ein Tabuthema. Femizide werden in der Öffentlichkeit kaum thematisiert und in Fällen von Häuslicher Gewalt wird die Frau, die als Opfer jegliche Unterstützung verdient hätte, gern als Täter dargestellt. Aussagen wie “Selbst schuld…” sind gesellschaftlich mehr akzeptiert, als die Verurteilung der wahren Täter. In dem Buch zeigt Clemm Fälle von Frauen auf, die Opfer von Gewalt wurden und deren Leidensweg damit nicht beendet war.
Meine Meinung: Jede dritte Frau ist von Gewalt betroffen. Jede DRITTE! Das heißt, wir alle kennen Frauen, die Erlebnisse durchlitten haben und dennoch wird dieses Thema tabuisiert, totgeschwiegen und der Frau in vielen Fällen schlichtweg nicht geglaubt oder das Gefühl vermittelt, dass sie die Schuldige ist. Christina Clemm ist Strafrechtsanwältin und hat viele Schicksale von Frauen begleitet. Nicht immer reagieren Justiz, Polizei und andere Behörden korrekt und die betroffenen Frauen leiden nach der Tat oftmals noch schlimmer. Clemm schreibt hier verschiedene Schicksale auf, die sie so oder ähnlich im Rahmen ihrer Arbeit als Rechtsanwältin erlebt hat. Diese Fälle machen wütend und es frustriert, dass immer noch nicht verstanden wurde, dass NIEMAND Schuld hat, wenn er/sie Opfer einer Straftat wird. Natürlich kommen einige Behörden in Clemms Buch nicht gut weg, in einigen Fällen stimme ich ihr eindeutig zu, jedoch sollte auch nicht vergessen werden, dass auch innerhalb der Strafverfolgungsbehörden gute Arbeit geleistet wird und nicht alles rechtlich möglich ist, was man gern durchsetzen möchte. Mich berührten die Fälle sehr, und ich empfehle dieses Buch jedem, der sich ein Bild über Opfer von Gewalt machen möchte, um einige Handlungsweisen verstehen zu können! Niemand sollte sich das Recht herausnehmen, über eine Frau zu urteilen, die Gewalt erlebt hat. Clemm beschreibt innerhalb der Fallanalysen sehr gut den Lebensweg der Opfer und erzeugt so Verständnis für diese. Clemm sensibilisiert zu einem Thema, welches kaum Anklang findet und aufgrund patriarchaler Strukturen ungemein eingefahren ist.
Fazit: Wichtiges Buch zu einem Tabuthema, bei dem zu gern schnelle Urteile gefällt werden. Lesen, Nachdenken und dann eine Meinung bilden!
Christina Clemm schildert in Form von individuellen, der Realität nachempfundenen, Einzelfällen die diversen Aspekte von Gewalt gegen Frauen.
Gut - durch Ihre Schilderungen der Fälle erlebter Gewalt durch Männer an FLINTA* und immer wieder innerhalb der Fallschilderungen Ausflügen in die juristische Materie - wird die strukturelle Gewalt gegen Frauen, die weiterhin im deutschen juristischen System vorherrscht, sichtbar.
Aus meiner Sicht kann man den fehlenden Opferschutz, der häufig zu Retraumatisierung führt, fehlende verpflichtende Fortbildungen für Richter*innen zu Themen wie der Gewalt gegen Frauen* etc. bereits als Form der weiteren Gewalt gegen Opfer sexueller Gewalt beschreiben.
Wer viel über dieses Thema dazulernen möchte und dies gleichzeitig anhand der Realität nachempfundenen Fälle tun möchte, dem ist dieses Buch stark ans Herzen zu legen. Christina Clemm ist es tatsächlich faszinierend gelungen ein so schwer verdauliches Thema durch das Verflechten von Fallgeschichten und kleinen Ausflügen in die juristische Materie auch für Laien greifbar und verständlich zu machen.
Die Wut der Autorin hat sich direkt auf mich als Leserin übertragen, ohne aber, dass dadurch in irgendeiner Weise die Sachlichkeit und gleichzeitig (harte) Realität der einzelnen "Fälle" Einbußen erfahren. Gerade diese Balance ist der Autorin meines Erachtens wahnsinnig gut gelungen. Es ist immens wichtig, sich mit diesem Thema zu befassen und hinzuschauen, zumal man hier auch nochmal einen guten (und leider traurigen) Einblick in deutsche Gerichtssäle erhält. Man muss sich der traurigen Realität stellen.
Die Rechtsanwältin Christina Clemm berichtet von Fällen von Gewalt gegen Frauen. Ganz unterschiedliche Begebenheiten, die alle auf ihre Art erschreckend sind und von den Benachteiligungen und Belastungen für Gewaltopfer im Justizsystem erzählen.
Eindrücklich, beängstigend - und doch (teilweise) ermutigend und hoffnungsvoll.
Absolut spannende Einsichten! Wer das Buch lesen möchte und sich aber noch unsicher ist, unbedingt lesen! Ich denken generell, dieses Buch sollte man gelesen haben, da es einen Teil unserer Gesellschaft widerspiegelt. Eine absolute Empfehlung!
Es fühlt sich falsch an, dieses Buch mit Sternen zu bewerten. Es hat mir nicht gefallen, im Gegenteil. Es hat mir unglaublich wehgetan, aber genau das sollte es auch und genau deshalb ist es so ein gutes und wichtiges Buch.
Uff. Also das Buch hat mich Safe noch mehr radikalisiert. Es macht mich wütend diese Fälle zu lesen und wie das Patriarchat sich mit seiner schlimmsten fratze im Gerichtssaal zeigt. Aber es ist wichtig dieses Buch zu lesen, informiert zu sein und auch zu wissen, dass es Anwält*innen gibt die dieses System von innen heraus zu reformieren versuchen.
Geschichten, wie es sie halt gibt - grausam, frauenfeindlich, menschenverachtend. Und so unnötig wie ein Kropf. Wann hören Männer endlich auf, sich eine schwächere Person zu suchen oder sie durch Drohungen und Gewalt zu schwächen? Die sachliche Erzählung und die eingeschobenen rechtlichen Informationen sind sehr gut lesbar - eine 5er Empfehlung. Aber die Frage bleibt: warum?
Von Staunen, Überraschungen oder viel Neuem kann ich persönlich nicht berichten. Doch aber von wichtiger Beteuerung, öffentlicher Beachtung und sehr anschaulicher Aufarbeitung von Gewalt an Frauen und den unendlich vielen Baustellen, die es anzugehen gilt. Das Buch ist alles, was ich mir darunter vorgestellt und davon erhofft habe - nicht mehr und nicht weniger.
Das Buch habe ich mir 2020 direkt gekauft, weil mir klar war, was das für ein wichtiges Buch ist. Erst dieses Jahr habe ich damit begonnen, es zu lesen. Ich denke, es lag daran, dass anhand von Fallgeschichten beschrieben wird, wie geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft auftreten kann und wie wenig dafür getan wird, diese zu bekämpfen - auch rechtlich. Ich wusste, dieses Buch wird mich berühren, deswegen habe ich das Lesen so lange aufgeschoben. Ich konnte es auch nicht in Einem durchlesen. Die Geschichten waren zu brutal - nicht unbedingt im Sinne der Gewaltbeschreibungen, sondern der unzulänglichen gesellschaftlichen Unterstützung der Betroffenen. Es ist sehr gut, dass es dieses Buch gibt. Das es die heterogenen Lebenrealitäten und damit auch Gewalterfahrungen von Frauen in Deutschland erzählt. Es erzählt von den stigmatisierenden Erfahrungen einer Sexarbeiterin, Unsicherheiten hinsichtlich der deutschen Asylgesetzgebung und wie ein deutscher Mann dies ausnutzt, von rassistischen Vorurteilen seitens Richter*innen und Anwält*innen und generell der Diffamierung von Betroffenen vor Gericht. Die Erzählungen sind nie eindimensional, immer respektvoll. Es ist noch viel zu tun - hinsichtlich der Prävention, aber auch des gesellschaftlichen Umgangs mit Betroffenen. Das Buch bestärkt den Willen, sich für eine gleichberechtige und gewaltfreie Geselldchaft einzusetzen.
Da es sich hierbei um ein deutsches Buch und den Kontext der deutschen Gesellschaft handelt, verfasse ich meine Rezension ebenfalls in deutsch.
Christina Clemm, die selbst Fachanwältin für Strafrecht und Familienrecht in Berlin ist, zeigt in diesem Buch in authentischen und sehr unterschiedlichen Fällen, wie problematisch sich genderspezifisch ungleich verteilte Machtstrukturen auf Frauen (und generell Personen, die nicht cis männlich sind) auswirken und welche großen Defizite diesbezüglich in der Justiz vorherrschen.
Vieles, von dem sie in ihrem Buch berichtet, ist mir nicht neu - aber das Ganze noch einmal kompakt gesammelt und mit Fakten unterlegt in einem knapp 200 Seiten langen Buch zu lesen war dann doch eine Hausnummer. Ihr Schreibstil war leicht zu verstehen, die Hintergrundinformationen gibt es immer wieder häppchenweise in einer zweiten Schriftartt. Am Ende des Buches sind desweiteren noch einmal Quellen zu wirklich geschehenen Fällen verzeichnet, die auch dem allerletzten Menschen zeigen sollen: Das ist keine feministische Fantasie, sondern der traurige Alltag innerhalb unserer Gesellschaft.
Ich habe mich wirklich sehr gefreut, dass das Buch durchgängig mit der Gender-Stern gendert und auf diese Art zeigt, dass der Schreibfluss auch bei einem solch ernsten und wichtigen Thema durch diese Sprachanpassung keineswegs gestört wird. Auch ihren Disclaimer auf Seite acht fand ich wichtig und gut, sodass ich mich als nicht binäre Person gesehen und mit einbezogen fühlte.
Zusammenfassung: Ein sehr wichtiges Buch, das man nicht in einem Rutsch durch lesen sollte (es ist und bleibt kein einfaches Thema) und das ich jeder Person empfehlen möchte, die sich mit Feminismus, dem patrichalen System, in dem wir leben und genderspezifischen Machtstrukturen auseinander setzen möchte. Das Buch ist einfach verständlich und benötigt weder Vorwissen hinsichtlich Rechtssprechung noch zum Thema Feminismus/Gender etc.
Das Buch „AktenEinsicht. Geschichten von Frauen und Gewalt“ von Christina Clemm erzählt Geschichten von Frauen, die verschiedenen Arten von Gewalt ausgesetzt waren. Die Autorin beschreibt alltägliche, aber auch erschreckende Einblicke in die Arbeit von Justiz und Polizei.
Die Geschichten einzelner Frauen werden detailliert vom Beginn bis zum Ende geschildert. Besonders wichtig ist dabei, was die Frauen empfinden und fühlen, ein Aspekt, der sonst häufig verloren geht. Nach den neuesten Zahlen des BKA ist jede dritte Frau in Deutschland von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Welche Lebensgeschichten sich hinter dieser erschreckenden Zahl verbergen, davon berichtet die Strafrechtsanwältin Christina Clemm.
Die Autorin geht besonders auf das größte Problem ein, das alle Frauen trotz ihrer unterschiedlichen Geschichten teilen: den mangelnden Schutz. Frauen werden selbst während ihres Aufenthalts in Frauenhäusern von ihren Männern gestalkt. Ihnen wird geraten, mit ihren Kindern den Standort zu wechseln, was bedeutet, dass sie auch die Schulen wechseln müssen und dadurch ihre sozialen Kontakte verlieren, oftmals mehrfach.
Clemm zeigt außerdem, dass es nicht einfach ist, sich vom Partner zu trennen oder ihn wegen Gewalt anzuzeigen. Solche Schritte können neue oder weitere Gewalt auslösen und die Gefahr für die Frauen sogar erhöhen, bis hin zum Risiko, ihr Leben zu verlieren. Darüber hinaus schildert sie, wie Verhandlungen ablaufen und wie Verteidigerinnen, Richterinnen und andere Beamt*innen mit unmenschlichen Kommentaren und Verhaltensweisen Betroffene zusätzlich retraumatisieren können.
Bereits zu Beginn macht Christina Clemm deutlich, dass Gewalt jede Frau treffen kann, unabhängig von Herkunft oder Religion. Das finde ich persönlich bemerkenswert, da in vielen Büchern über Gewalt gegen Frauen muslimische Frauen besonders hervorgehoben und als gesonderte Opfer dargestellt werden. Diese Perspektive halte ich für wichtig, weil sie sich von einer westlich geprägten Sichtweise löst und versucht, den wahren Kern des Problems zu beleuchten, ohne dabei neue Ismen zu produzieren.
Das Buch ist sehr klar strukturiert. Während der einzelnen Geschichten werden Begriffe erklärt und mit wichtigen Zahlen und Fakten ergänzt, sodass auch Leser*innen ohne Hintergrundwissen einen guten Überblick bekommen. Es hätte mir persönlich mehr an tiefe der Emotionen der einzelnen Frauen geben können, teils waren die Geschichten nach intensiver Begleitung vom Prozess plötzlich vorbei. Einige Schilderungen sind sehr eindringlich und können schwer zu verkraften sein, deshalb sollte man unbedingt auf die Triggerwarnungen achten.
Dieses Buch ist eine klare Empfehlung! Lest es, denn jeden Tag werden Frauen und Mädchen geschlagen oder getötet.