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Malé: Roman

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Longlist - nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020Alle Versuche, die Malediven vor dem steigenden Meeresspiegel zu retten, sind gescheitert, Pauschaltouristen haben sich neue Ziele gesucht, und der Großteil der Bevölkerung musste die Inseln verlassen. Gleichzeitig ist die heruntergekommene Hauptstadt Malé zum Ziel all jener geworden, die nach einer Alternative zum Leben in den gentrifizierten Städten des Westens suchen. Und so wird die Insel für die kurze Zeit bis zu ihrem Untergang zur Projektionsfläche für Aussteigerinnen, Abenteurer und Utopistinnen, zu einem Ort zwischen Euphorie und Albtraum, in dem neue Formen der Solidarität erprobt werden und Menschen unauffindbar verschwinden. Mit "Malé" fängt Roman Ehrlich die komplexe Stimmungslage unserer Zeit ein und verwebt die Geschichten rund um die Sehnsüchte und das Scheitern seiner Figuren zu einem Abbild all der Widersprüche, die das Leben zu Beginn des 21. Jahrhunderts ausmachen.

Kindle Edition

First published September 9, 2020

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About the author

Roman Ehrlich

10 books6 followers
Roman Ehrlich, geboren 1983 in Aichach, aufgewachsen in Neuburg an der Donau, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin. Bislang sind von ihm die Bücher ›Das kalte Jahr‹ (2013), ›Urwaldgäste‹ (2014), ›Das Theater des Krieges‹ (2017, mit Michael Disqué) und ›Die fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens‹ (2017) erschienen.

Literaturpreise:

Bremer Literaturpreis (Förderpreis) 2014
Robert Walser-Preis 2014
Ernst Toller-Preis 2016
Alfred Döblin-Medaille 2017

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Displaying 1 - 17 of 17 reviews
Profile Image for Meike.
Author 1 book4,961 followers
September 10, 2020
Longlisted for the German Book Prize 2020
Roman Ehrlich has written an edgy climate dystopia: No, there's no war in which people are battling for the last remaining resources; instead, there is a bunch of dropouts and adventurers from all over the world who travel to Malé, the capital of the Maldives, to witness the atolls drowning in the floods of the Indian Ocean. While the waters are rising, they are making plans for the future, tell stories, take drugs, and look down upon past generations (yes, guys, those people are us). On the shoreline, militias patrol with a luxury cruiseship, a relict of the old times of mass tourism, and they trade goods with and produce drugs for the international visitors.

Water, decay and doom are the setting in which the vast cast of characters exchange stories, dreams, visions, fears. People disappear in the disappearing city and are sought after, causes of death become metaphors, and it appears less and less certain what's more relentless: The rising waters or the character's determination to enjoy this mixture of angst and spectacle. What remains very dry is the language, it's almost like a matter-of-fact account of events - the narrator is the one remaining clear-sighted while recording, but not explaining!, events.

And thus the whole book becomes a puzzle of stories and motives: The moon appears again and again, we are shown maps, there's the blue flower of German romanticism popping up etc. But as this is the record of the world turning into ruins, the rubble cannot be put together again into a coherent whole. The world stops making sense as fact and fiction collapse into each other.

So in case someone didn't notice yet: This is a challenging text, Ehrlich makes his readers work and ponder and puzzle. I was quite surprised that some people found rather accessible texts like Serpentinen already too challenging (oh no, there are time jumps! How confusing! *sigh*), so if you have low tolerance for postmodern narrative games and ambiguity, stay away from "Malé". But the jury made a good call to nominate the book, of course: This is young, complex, and daring, this is a text that wants to be arty and smart and gives zero fucks about pandering to popular taste. Kudos, Roman Ehrlich.

You can learn more about the book in my radio piece and the Papierstau Podcast Book Prize Battle Royale #3.
Profile Image for Eileen.
765 reviews30 followers
September 18, 2020
"Sie denkt, dass alles, was hier an diesem Ort passiert, das Vergehen von Zeit ist. Das Meer und seine unermüdliche Vertilgungsarbeit sind die wahrhaftige Entsprechung der vergehenden Zeit." [5%]

Mir fehlen gerade ein wenig die Worte, nicht aus dem Grund, weil mir das Buch so gut gefallen hat, sondern weil ich fassungslos bin, wie gekonnt man eine Geschichte gegen die Wand fahren kann...
Ich lese gerne Zwischendurch Literatur, ich liebe wunderschöne Phrasen, die quasi nach Markieren schreien, Worte, die mich innerlich erschüttern, mich wieder neu zusammensetzen, eine neue Perspektive zeigen, aber dieser Schreibstil war einfach...furchtbar. Meine ehemalige Deutschlehrerin hätte Freude oder auch nicht, an diesem furchtbaren Schreibstil gehabt. Wortwiederholung über Wortwiederholung (nervig!), vielleicht habe ich es nicht verstanden, aber es war langweilig, trocken und unglaublich schwer zu lesen. Die fast 300 Seiten haben sich nicht wie 300 Seiten gelesen, sondern wie 900. Ich bin einfach nicht vorangekommen! Es gibt keinen für den Leser ersichtlichen roten Faden, es sind einfach nur Szenen aneinandergereiht, die nichts gemeinsam haben, außer, dass sie auf Malé oder in der Nähe angesiedelt sind.
Ich konnte leider nichts aus der Geschichte mitnehmen, außer das Zitat da oben, welches ich eigentlich ganz gelungen finde! Das ist in diesem Zusammenhang auch das Tragische! In manchen Sätzen haut er etwas Tiefgründige raus, aber einfach nicht genug!
Duzente Fragmente,wirre Gedankengänge, Langeweile und einfach ein dreckiges heruntergekommenes Malé, in dem sich quasi seltsame Menschen vor der Welt verstecken.
Vielleicht bin ich mit falschen Erwartungen an das Ganze herangegangen, aber die Bewertungen, die ich gesehen habe, klangen auch nicht viel besser.
Ich habe einen kontinuierlichen Erzählstrang erwartet, einen Protagonisten, der mich mitreißt, eine Zukunftsvision, die mich wachrüttelt, aber dennoch authentisch ist. Bekommen habe ich einen langweiligen, komischen, harten Knochen Literatur.
Keine Bewertung. Danke und es tut mir schrecklich leid, ich hätte es gerne gemocht...
Profile Image for Buchdoktor.
2,363 reviews188 followers
September 9, 2020
Das Leben in Städten ist in der nahen Zukunft unerträglich geworden und für einige Medienschaffende wird die Hauptstadt der Malediven zum Fluchtpunkt. Die Klimakonferenzen unseres Jahrzehnts sind längst Vergangenheit. Über den Ruinen der Stadt scheint eine dichte Staubschicht zu liegen, während der ölig schillernde Wasserspiegel stetig steigt. Die Inselbevölkerung teilt sich in eine herrschende Schicht, einfache Arbeitskräfte, Nachkommen der Ureinwohner, Miliz und wohlhabende weiße Nichtstuer, die offensichtlich bisher in der Mangelwirtschaft überleben konnten. Der Fährmann für Abfall und Leichen bringt es auf den Punkt: „Diese Gesellschaft unterscheidet sich nicht von der, die vorher hier Müll produziert hat.“ Die Versorgung wird zukünftig davon abhängen, wie lange noch die Hauptinsel per Boot angefahren werden kann; denn das Meer überspült bereits den Hafen.

Elmar Bauch kommt in die Stadt, um endgültig mit dem Tod seiner Tochter Mona abzuschließen, der für ihn immer noch unbegreiflich scheint. Er hofft auf die Hilfe Verbündeter, die Licht in das Rätsel bringen können. Ein betagter Professor dient Bauch als Bezug zur einheimischen Kultur und könnte den Besucher wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Zugleich mit Mona verschwand ein amerikanischer Lyriker. Elmar will sich mit der US-amerikanischen Lyrik-Expertin Francis Ford treffen, die zum Thema der Epoche nach 9/11 mit dem Nachlass des verschollenen Judy Frank arbeitet. Sie bezweifelt zwar, dass sie Bauch helfen kann, hofft jedoch auf Überschneidungen, die ihrer Arbeit nützen. An anderem Ort trifft sich der Schriftsteller Adel mit einem Finnen, einem Jugendlichen und einem nigerianischen Schiffskoch, um deren Lebensgeschichten als Romanstoff zu verwerten.

In einer postapokalyptischen Szenerie beschreibt Roman Ehrlich Malé als Fluchtpunkt der Aussteiger und Verlorenen, als Ruinenlandschaft, über die eine Miliz bereits zu viel Macht ausübt und in der sich zu wenige Bewohner an der Versorgung und den Gemeinschaftsaufgaben beteiligen. Außerhalb des intellektuellen Wolkenkuckucksheims denkt allein die Niederländerin Hedi darüber nach, wie in Zukunft Menschen an und auf einem vermüllten Meer leben werden. Verwoben ist die Handlung mit der Inselsituation Berlins vor 1989 samt deren unangepasster Zuwanderer und den Mythen der Ureinwohner der Inselgruppe, in denen sich Handlungsanweisungen für den geschundenen Planeten verbergen könnten. Bis auf Hedi, die Konkretes bewirkt, wirkten auf mich alle Figuren wie Unfiguren, deren Schicksal in ihrer Blase mir gleichgültig blieb. Grund dafür ist die elitäre Sprache des Erzählers, die ich in der Situation des gemeinsamen Überleben-Müssens in der Postapokalypse so unrealistisch wie irritierend fand.
Profile Image for Conny.
616 reviews86 followers
September 17, 2020
Für viele einst das Paradies auf Erden, sind sie mittlerweile heruntergekommen, verdreckt und stehen kurz vor der Überflutung: Die Malediven. Die Pauschaltouristen haben ihren Müll ins Meer gekippt und sich neue Ziele gesucht, ebenso die Einwohner. Nur Malé, die einstige Hauptstadt, lockt noch Menschen an: Aussteiger und Gestrandete, die keinen Bock mehr auf das Leben im gentrifizierten Westen haben. Während das unappetitlich riechende Wasser steigt, schaffen sie sich hier ihren kleinen Mikrokosmos.

Klingt romantisch? Nope. Die Aussteiger leben in einer Ruinenlandschaft, alles ist schäbig und feucht, Keller und Erdgeschosse sind schon nirgends mehr nutzbar. Sie sind von einer Miliz abhängig, die sie nach Lust und Laune mit Lebensmitteln versorgt. Pläne, wie die Inseln zu retten sein könnte, macht schon lange keiner mehr – lieber schaut man gemütlich dem Verfall zu, während man sich ein paar Drogen reinpfeift. Und selbst hier bleibt man vor dem Westen nicht verschont: Nämlich spätestens dann, wenn ein studentischer Filmtrupp auftaucht, der die ganz grosse Story sucht.

Roman Ehrlich erzählt in «Malé» aus der Perspektive verschiedener Figuren, die aus irgendwelchen Gründen auf dieser Insel gelandet sind: Ein Vater hofft, seine verstorbene Tochter doch noch lebendig vorzufinden; eine Literaturwissenschaftlerin begibt sich auf die Spuren eines Lyrikers; eine Holländerin versucht, eine schwimmende Insel aus Plastikmüll zu bauen. Immer wieder fliessen auch historische Fakten oder lokale Mythen in ihre Geschichten ein. Allerdings ist der sehr nüchterne, von vielen Wiederholungen durchzogene Schreibstil manchmal etwas anstrengend. Vielleicht soll damit eine Art dokumentarischer Effekt erzielt werden. Auf jeden Fall ist es aber mal eine andere Art von Öko-Dystopie, ohne grosse Katastrophe und totalen Zusammenbruch – sondern vielmehr ein schleichender Niedergang, dem die Menschen mit maximaler Gleichgültigkeit entgegensehen. Äusserst realistisch also, leider.
Profile Image for wortvielfalt.
226 reviews18 followers
March 24, 2021
Ich wollte 'Malé' von Roman Ehrlich so gerne mögen. Mich hat der Klappentext und das Thema des Buches sofort angesprochen...

Leider konnte mich das Buch absolut gar nicht erreichen. Mehrfach habe ich an einen Abbruch des Buches gedacht, da es aber nicht so seitenstark ist und ich auf Besserung hoffte, habe ich weiter durchgehalten und das Buch beendet.

Worum es geht? Die Malediven sind mittlerweile nicht mehr vor dem steigenden Meeresspiegel zu retten, der größte Teil der einheimischen Bevölkerung hat sie verlassen und auch Touristen verirren sich selten noch hier. Ein paar Aussteiger jedoch habe Malé, die Hauptstadt, als Ziel erkannt. Es ist ein Kontrast zur restlichen 'neuen' Welt. Als Leser*in begleiten wir die Geschichte der toten/verschwunden Mona Bauch wie auch auszugsweise die der anderen Inselbewohner.

tja. Was soll ich noch sagen. Ich hab das Gefühl, dass es eigentlich ein ganz tolles und wichtiges Buch ist, in dem Umwelt eine große Rolle spielt. Der Schreistil konnte mich leider so gar nicht erreichen. Die Sprünge zwischen den einzelnen Charakteren hat dafür gesorgt, dass mich keine der einzelnen Handlungsstränge wirklich mitnehmen konnte. Zwischenzeitlich kam es mir wie eine Aneinanderreihung von Sätzen ohne tieferen Sinn vor. Das liegt vermutlich an mir als Leserin, ich habe das Buch einfach nicht verstanden. So gar nicht. Nicht mal ein bisschen... Ich bin wirklich etwas enttäuscht.

Deswegen: für mich war es wirklich ein Totalausfall - das muss aber nicht für jeden so sein. Wen das Thema interessiert, dem rate ich: lest die Leseprobe! Das hätte ich vermutlich auch tun sollen...
Profile Image for Katrin Faulhammer.
50 reviews6 followers
September 10, 2020
Der Klappentext verspricht eine Art Dystopie über den Inselstaat der Malediven in einer fernen Zukunft, als die Insel aufgrund der steigenden Meeresspiegel für den Tourismus nicht mehr zu gebrauchen ist. Das Buch handelt also von einer Gruppe von Menschen, auf der einen Seite eine Art Miliz, die die Insel beherrschen und auf der anderen Seite eine Gruppe von Aussteigern, die dort ihre Ruhe haben wollen. Treffpunkt ist die Kneipe der Blaue Heinrich und der heimliche Chef dieser Gesellschaftsform ist der Professor. Als Hauptfiguren haben wir unter anderem Elmar Bauch, der mit dem Tod seiner Tochter abschließen möchte, oder den Lyriker Francis Ford der auf der Suche nach Inspiration für einen Roman ist.
Was erstmal sehr vielversprechend klingt, konnte mich leider nicht überzeugen. Ich fand die Geschichte nicht spannend, fesselnd, teilweise sind es für mich persönlich auch vielleicht zu viele Metaebenen, die ich nicht greifen konnte. Ich sehe dadurch das Potential dieses Buches durch die Themen Klimawandel, Konsumkritik und Massentourismus nicht ausgeschöpft. Auch der Stil des Autors ist für mich persönlich etwas gewöhnungsbedürftig, einerseits beschreibt er manche Figuren namentlich und ausführlich, andere Figuren wie Elmar Bauch fast immer nur als der Vater. Des Weiteren kommen immer wieder Passagen, die eine Aufzählung von Begriffen beinhalten, zum Beispiel Fischen.
Alles in einem, ein Buch was mich leider ratlos zurücklässt und ich mir mehr erhofft habe. Bin gespannt wie es anderen Lesern gefällt und ob die Reise beim Deutschen Buchpreis weitergeht.
Profile Image for Wandaviolett.
468 reviews68 followers
October 2, 2020
Erinnert mich stark an Edelbauers "Flüssiges Land".


Kurzmeinung: Die Idee dahinter ist gut. Aber .. der Weg dahin, sie zu entdecken, zu beschwerlich und kostet viele bunte Smarties.



Noch nie habe ich nach der Lektüre eines Romans so lange gezögert, eine Rezension dazu zu schreiben und auch jetzt, wo ich es versuche, fürchte ich, ich werde weder dem Roman noch dem Autor noch meinem eigenen Empfinden durch die Rezension wirklich gerecht werden können.




Was ich als erstes ganz sicher sagen kann: Dieser Roman ist kein einfach zu lesender, sondern ein schwierig zu verstehender Roman. Herausfordernd in jeder Hinsicht, inhaltlich und sprachlich.

Sprachlich bekomme ich das Buch am leichtesten zu fassen: Überbordend. Schachtelsätze. Normative Einschübe ohne Ende. Diese Einschübe, diese Zusatzinformationen, diese Details vermögen es mit Leichtigkeit, eine bestimmte Atmosphäre zu vermitteln. Moder. Schimmel. Ein paar verrückte Aussteiger tummeln sich in Bars. Eine Gruppe Menschen irrt in einem verwahrlosten Museum herum und sieht Gespenster. In Sichtweise liegt ein gestrandetes Kreuzfahrtschiff im Meer.

Man befindet sich auf einer Insel auf den Malediven. Der Meeresspiegel ist angestiegen. Man watet in Gummistiefeln oder barfuß durch die Straßen, mitunter hüfthoch im Wasser. In einem Keller eines wahrscheinlich öffentlichen Gebäudes ist ein Mensch an einen Stuhl gefesselt, während das Grundwasser allmählich steigt. Emotionslose Betrachtungen und Gedanken desselben. Assoziationen. Erinnerungen. Hier hätte ich Emotion und Todesangst erwartet. Ist nicht.

Was ich als zweites sicher sagen kann, ist, dass die gefühlt Hundertausende an Details, die der Autor in seine Schachtelsätze packt, für mich keinen (Mehr)Wert haben. Nach einiger Zeit beginne ich den Satz, stochere mich durch das Wortgestrüpp, suche den Hauptsatz. Was heißt das? Im Deutschen steht das Verb am Satzende. Man liest also den Anfang des Satzes, ignoriert den ganzen Einschubkram bis man das Verb findet (das dauert! Findet Nemo.) und liest dann den Satz zu Ende. Die Einschübe vermitteln vorrangig Atmosphäre. Mehr nicht. Man bräuchte sie nicht. Ich brauche sie nicht. Wer braucht sie? Ach ja, stimmt, sie vermitteln Atmosphäre.

Während der Lektüre empfinde ich dasselbe Lesegefühl, das mir auch „Flüssiges Land“ von Raphaela Edelbauer bescherte: Kafkaeske Sinnlosigkeit. Fluides Schweben im Raum. Weg als Ziel. Kein Ziel in Sicht.

Was ich also als drittes sagen kann, ist, dass hier eine surrealistische Umgebung, ein surrealistischer Aufbau und eine kafkaeske Annäherung an Literatur vorliegt. Nun, ich habe Kafka immer schon abgelehnt. Aber bei aller Ablehnung, ist Kafka und auch seine Schüler sind es, in irgendeiner Weise auch faszinierend, experimentell und neugierig machend. Vielleicht sogar aufregend? Gut, es ist eine gemilderte Ablehnung, vielleicht nur eine persönliche Abneigung.

Zum Inhalt, das ist mein vierter Beitrag. Er nicht entscheidend. Das Meiste, was passiert, bleibt unklar, es wird angedeutet, nichts gesagt, worauf man den Finger legen könnte. Man rät und interpretiert. Und das ist

fünftens das, was ich rate und interpretiere: Auf der Insel herrscht Endzeitstimmung. Die Welt geht unter. In dieser aufgeladenen Atmosphäre von Verzweiflung, unbegründeter Hoffnung, Glaube an irgendwas, Geister? der Atmosphäre von Moder und Betäubung (es kommt nicht mehr darauf an, was man tut) theoretisieren die üblichen Spinner und beruhigen sich mit ihren Weltverschwörungsfantasien. Andere suchen Dinge oder Menschen, die sie nicht finden können.

Denn in Wirklichkeit herrscht eine Diktatur einer nicht näher bestimmten Miliz, die sich durch den Drogenverkauf von „Luna“ bereichert. Und die auf ihrem Kreuzer ein Massengrab errichtet haben. Dort werden alle Leute hingebracht und hingerichtet, die in irgendeiner Weise die Wege dieser Gruppe queren. Basta. Das alte Lied von missbräuchlicher Macht.

In summa: zu wenig.

Wer der Kerl im Keller ist, bleibt offen, gut, man hat seine Vermutungen, aber keine Evidenz.

Fazit: Ich schätze die Idee. Doch für mich war das nichts. Ich gebe einen persönlichen Einzelpunkt. So wenig, vornehmlich aufgrund des "irren" Wortgestrüpps. Wäre der Roman sprachlich straighter aufgestellt und damit besser lesbar geworden, wäre ich mit meiner Bewertung sehr viel höher gegangen, denn je länger ich über den Roman nachdenke, desto besser finde ich ihn dann doch. Vielleicht gerade wegen seiner Desillusionierung. Aber Lesbarkeit geht vor! Ich habe mich durch den relativ kurzen Roman gequält als ob er 900 Seiten hätte.

Malé ist experimentelle Literatur, die wie die experimentelle Malerei auch durchaus ihre Berechtigung hat. So kommen zwei weitere blaustrümpfige Anerkennungspunkte dazu.



Kategorie: Moderne und anspruchsvolle Literatur
Verlag: Fischer, 2020

Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2020
Profile Image for Protagonist Places.
124 reviews2 followers
November 3, 2020
Inhalt
Schauplatz Malediven. Einst war die Insel eine der beliebtesten Urlaubsorte für Touristen, nun ist sie dem Klimawandel zum Opfer gefallen. Der steigende Meeresspiegel frisst die Insel langsam auf, die Bewohner mussten flüchten. Nur in der ehemaligen Hauptstadt Malé finden sich ein paar einsame Leute, die dem Zustand der Insel trotzen. Aussteiger der Gesellschaft, Abenteurer, eine bunte Mischung an Individuen. Was ist das Geheimnis der Insel?


Meinung
Ein dystopischer, ein fast endzeitlicher Roman, der doch so nah an der Wirklichkeit zu sein scheint. Das versprach der neue Roman von Roman Ehrlich, den man auf der Longlist des Buchpreises 2020 finden konnte. Sich auch mal mit schwierigen Themen auseinander setzten wird mir immer wichtiger in der Literatur, die ich lese. Und deswegen war Malé schnell ein absolutes Lese-Muss für mich.

Der Schreibstil ist für mich persönlich einfach grandios gewesen. Ich muss aber gleich dazu sagen, dass es sehr besonders und speziell war. Lange, verschachtelte Sätze. Wiederholungen der Worte, ganze Gruppen von Aufzählungen. Es ist ein Buch, das man nicht nebenbei lesen kann, weil einem dann viele Informationen verloren gehen. Man kann es nicht überfliegen, nicht querlesen, nicht Minuten vor dem Einschlafen noch schnell ein paar Seiten lesen. Aber dafür wurde ich belohnt. Ein bisschen haben die Satzkonstruktionen an Tolkien erinnert – aber an den Tolkien von damals, nicht den, der überarbeitet wurde. 😉

Zu den Figuren habe ich eine geteilte Meinung. Ich fand sie durchaus interessant konstruiert und mochte es, dass es so wenige Klischees gab. Aber ich hatte nicht zu allen Charakteren eine richtige Bindung und fand manche dann leider doch sehr blass. Eine richtige Handlung zu definieren ist an dieser Stelle ziemlich schwer, denn es gibt sie einfach nicht. Es sind vielmehr verschiedene Stränge von kleinen Erzählungen, die alle auf und in Malé wirken. Das war auf der einen Seite sehr gelungen, auf der anderen Seite aber auch etwas verworren. Man muss das mögen, denke ich, und ich persönlich bin etwas zwiegespalten. Das Ende jedoch mochte ich gerne, war es doch so geheimnisvoll wie das ganze Buch. Denn eins kann man wirklich sagen: Das Buch ist sich selbst unheimlich treu geblieben und das finde ich toll.

Fazit
Ein Buch, das in einem wunderbaren Ton die Probleme unserer Zeit aufgreift, aber leider an manchen Stellen doch etwas zu unpersönlich ist.

3 von 5 Buchherzen ♥♥♥
Danke an den Verlag und NetGalley für das Rezensionsexemplar!
Author 2 books30 followers
September 13, 2020
Die Malediven sind heut zutage ein beliebtes Urluabsziel. Traumhafte Strände, eben ein echtes Touristenparadies: Nun wirft Roman Ehrlich ein Blick in die nahe Zukunft. Der Wasserspiegel steigt täglich, Menschen flüchten und nur noch ein kleiner Teil bleibt in der Hauptstadt. Ein Queerschnitt unterschiedlicher Schichten, doch wie so treffend erwähnt wird: Sie unterscheiden sich nicht vom vorherigen Folk. Elmar Bauch(verzweifelter Vater der verstorbenen oder verschwunden Schauspielerin Mona Bauch) sucht nach antworten. Antworten, die er hofft auf dieser Insel zu finden. Gemeinsam mit einer Lyrikerin versucht er Antworten zu finden. Ein anderer Schriftsteller sammelt Stimmen auf der Insel. Es sind Menschen, die oft in der Hafenkneipe abhängen und aus einzelnen Fetzen formt Roman Ehrlich ein zunächst interessantes Bild. Der Autor springt hin und her und behält eine enorme Distanz zu den einzelnen Figuren. Mir ging ehrlich gesagt, die ständige Verwendung von Repetitio auf den Wecker. Ich habe nach dem zweiten Mal verstanden, das Elmar Bauch verzweifelt ist und dass seine Tochter (Schauspielerin Mona Bauch) verschwunden ist. Faszinierend fand ich den “Gefesselten” und was es mit ihm auf sich hat. Man muss zwischen den Zeilen lesen und doch sind manche Szenen einfach wirr. Besonders Bauchs Rolle, der betont, dass er nach seiner Tochter sucht und dann höher stehen will, als sie. #Malélesen war ein interessanter Genuss. Ehrlichs Sprachgewalt (abgesehen von den Wiederholungen) hat mir sehr gefallen. Leider hat mir die Nähe zu den Figuren gefehlt. Nette Lektüre.
Profile Image for yellowdog.
850 reviews
September 9, 2020
ausgeklügelte Sprachbilder

Roman Ehrlich siedelt seinen Roman auf den Malediven an und arbeitet mit ausgeklügelt erstellten Sprachbildern.
Zu seinen Figuren hält er eine gewisse Distanz. So heißt es immer “der verzweifelte Vater, “der übergewichtige Schriftsteller” usw.
Als Charakterisierung wirkt das einschränkend.

Der Vater der Schauspielerin Mona bauch kommt nach Malé, um den Suizid seiner Tochter dort zu verstehen. Sie lebte zusammen mit einem Lyriker, der verschwunden ist. In verschiedenen Gesprächen versucht der Vater den Vorgängen auf die Spur zu kommen.
Außerdem gibt es eine Droge auf der Insel, um der sich verschiedene Interessengruppen auseinandersetzen.

Als Leser bleibe ich ratlos! Es ist aber ein Text, der sich lohnt, darüber nachzudenken.
3 reviews
September 26, 2020
Die Geschichte dient meiner Meinung nach ausschließlich als Instrument zur Darstellung der verschlüsselten lyrischen Passagen. Die Handlung selbst verläuft sich rückblickend sehr früh und lässt den Leser bis zum Ende im Dunkeln zurück.
Dennoch fällt die Bewertung des Romans gut aus, denn die Art und Weise, in der Roman Ehrlich die Klimakrise und (linksorientierte) zukünftige Gestaltung von Gesellschaft darstellt ist gelungen und lässt einen dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Profile Image for Sophie.
18 reviews
September 16, 2020
Dieser Roman malt ein Bild der Zukunft, von dem wir vermutlich gar nicht so weit entfernt sind – der steigende Meeresspiegel ließ sich nicht aufhalten, die Malediven konnten nicht gerettet werden und die Touristen sind verschwunden. Stattdessen ist die Hauptstadt Malé für die kurze Zeit bis zur endgültigen Überschwemmung Ziel für Abenteuerlustige und Aussteiger*innen geworden.

Diese Aspekte des Buchs fand ich total spannend – Was passiert mit den Tourismusparadiesen, wenn wir so weitermachen wie bisher? Und wie verquer ist eigentlich unser Drang zur Flucht vor den eigenen Herkunftsverhältnissen in ein inszeniertes Paradies? Vor allem mit dem Wissen, dass diese Illusion nicht mehr lange aufrecht erhalten werden kann?

Das Leben der Menschen auf dieser heruntergekommen Insel und fand ich also total interessant, die Hauptstoryline, in der es um eine tote Schauspielerin und einen verschollenen Lyriker geht, konnte mich jedoch nicht so mitreißen. Da ist es mir oft schwergefallen, mich zu fokussieren.

Alles in allem aber schon eine gelungene Reflexion über die Auswirkungen unseres heutigen Handelns und ein durchaus denkbarer Blick in die nahe Zukunft.
17 reviews1 follower
January 11, 2021
Tolle Idee, die aber grossteils in der Bedeutungslosigkeit endet. Personen schwach aufgebaut, Schreibstil sprunghaft, geprägt von unendlichen vielen Aufzählungen.
Profile Image for Xerxessia.
330 reviews
August 9, 2025
Hä!? Lauter angerissene Geschichten und nix ist fertig erzählt. Gut, das Leben ist auch nie fertig erzählt, aber als Buch hat mich das nun doch sehr ratlos zurück gelassen
Profile Image for Jörg.
479 reviews51 followers
September 24, 2023
I got attracted to this book by the post-apocalyptic theme. The Maldives are sinking beneath the sea. The original inhabitants have mostly left Malé and tourism is a thing of the past. Instead, modern hippies, dropouts and enlightenment seekers gather in this place. A fragile society with informal leadership and dubious external relationships to a pirate group consisting of former natives forms. People lose themselves and each other. Some disappear and others seek them.

What I liked about this book, was its world-building and the dystopic atmosphere. But single original scenes, ideas and many characters are not enough to form a consistent whole. Malé has a surprising and unconvincing "German-ness" to it with references like the blue flower of romanticism and too many Germans in key roles. I never got drawn into it. A quick read with some memorable parts that remain. Not as bad as the average rating suggests but not great either.
Displaying 1 - 17 of 17 reviews

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