What do you think?
Rate this book


220 pages, Hardcover
First published January 1, 2010
[ein] Land, in dem mehr Götter und Göttinnen als irgendwo sonst ihren himmlisch-kindischen Simsalabim treiben.
Als die Kommunisten 1950 das zukünftige »Autonome Gebiet Tibet« überrannten und annektierten, nahmen sie 1,5 Millionen Quadratkilometer in Besitz, deren Infrastruktur der einer Bananenrepublik glich. Kaum Straßen, keine Krankenhäuser, keine nicht-religiösen Schulen, dafür Analphabetentum, hohe Kindersterblichkeit, Bettelarmut, Bonzen-Korruption und untereinander verfeindete Klöster. Das entschuldigt die chinesischen Barbareien in nichts, aber es wirft kein strahlendes Licht auf eine Weltanschauung, die angetreten ist, Eigenverantwortung zu lehren.
Ist es so miserabel, unser Dasein, dass alles erstrebenswerter scheint, als auf der Welt zu sein?
Ich will meine Jahre nicht mit der Verwaltung von "Konsumgütern" vergeuden, mich erschöpfen bei der Suche nach "Service Centern", wo sie den Schrott reparieren, den ich nicht brauche.
Wer liebt, der schreibt keine Liebesgedichte. Er liebt ja...
Nehmen wir die Weisheit des französischen Philosophen Blaise Pascal, 364 Jahre vor Goenka wusste er bereits: »… Die Gegenwart ist nie unser Ziel (…) Die Zukunft allein ist unser Ziel. Also leben wir nie, aber wir hoffen zu leben. Und da wir uns immerzu vorbereiten, glücklich zu sein, ist es unvermeidlich, dass wir es niemals sind.«
Meist fällt mir am Ende eines Tages, wie jetzt, mein Lieblingssatz von Karl Kraus ein: »Gibt es ein Leben vor dem Tod?« (Er fällt mir jeden Tag ein.) Ein Weckruf wie ein Peitschenknall.
Nicht der Weg ist das Ziel, welch Eso-Tinnef, sondern das Ziel ist das Ziel: »lebenstüchtiger« zu werden, lebensmutiger, sich endlich einmal auf der Höhe dieses Geschenks – seines Lebens – zu bewegen.
Dann kam der Krebs. Der Roshi wurde noch tapferer, mit einem meisterlichen Zen-Lächeln sah er den Tod näherrücken. Nah bis ans Totenbett, so nah, dass sich der Kranke endlich inne wurde, was es bedeutete, die Welt, die Frau und alle anderen Freunde zu verlassen. Und er die Hand eines Schülers ergriff und leise sagte: »Ich will nicht sterben.« Ein halbes Jahrhundert hat er sich auf diesen Moment vorbereitet und bei der Premiere fällt er durch. Wie menschlich. Beim Sterben ist jeder der Erste und auch Vipassana (oder Zen) wird uns die scheußliche Angst davor nicht nehmen. Doch sie eindämmen, den Level der Bedrohung runterfahren, das scheint durchaus möglich. Ist es doch ein Unterschied, ob ich gefasst und trocken meinen Unwillen kundtue, weil nun mein Leben aufhören muss, oder ob ich unversöhnt und höllisch verängstigt abkratze.