Polizist als Hooligan entlarvt – diese Schockmeldung erschütterte 1996 die ganze Nation. Nach einem Fußballspiel hatten Hooligans in der Bielefelder Innenstadt eine Straßenschlacht mit 55 Verletzten angezettelt – an vorderster Front dabei: Stefan S., Polizist. Acht Jahre lang hatte der Polizeiobermeister in zwei Welten gelebt: Während er unter der Woche in Uniform auf Streife ging, zog er am Wochenende deutschland- und europaweit durch die Stadien. Hart und ehrlich berichtet Stefan Schubert von dem süchtig machenden Rausch der Gewalt und deckt zugleich das Versagen der Polizei auf, die ihn unbehelligt ließ, obwohl sie von seinem blutigen Hobby wusste. Nach einem geheimen Deal zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und Polizeiführung schied er aus dem Polizeidienst aus – jetzt packt er aus.
Ich schließe mich da eher den zitierten Worten von Günther Jauch an: "Ein interessantes Buch".
Wenn du etwas über die Blue Army Bielefeld/den Ostwestfalenterror (in den 80ern und 90ern) oder Hooligans im Allgemeinen lesen möchtest, dann bist du hier richtig. Sonst nicht.
Das Buch ist kurz und wer nach purer Unterhaltung oder einem nüchternen Erfahrungsbericht sucht, wird sicher nicht enttäuscht. Es wird auf zu grafische Darstellungen von Gewalt - zumindest nach meinem subjektiven Empfinden - verzichtet.
Leider wird daneben auch weitestgehend auf Reflexion verzichtet. An manchen Stellen redet der Autor - nachdem er eine Straftat begangen hat - davon, dass er sich "wie" ein Straftäter verhält oder "wie" ein Straftäter behandelt wird, statt davon, einer zu sein. Der Autor redet ehrlich und offen über seine Hooliganzeit. Dabei ist nichts beschönigendes dabei und er versucht nicht, seine Rolle kleinzureden.
Bis zum Schluss kam aber bei mir nicht das Gefühl an, dass er irgendetwas aus dieser Zeit bereut - ausser die Tatsache, dass er am Ende erwischt wurde.
Generell bekam ich den Eindruck, dass stets die anderen Schuld an seinem Werdegang waren. Seine erste Gewalterfahrung provoziert von anderen (was ich nach seiner Schilderung auch gleich sehe). Seine Bekräftigung die Polizeiausbildung. Bei einer explizit erwähnten Situation die Polizei, die unverhältnismässig stark eingegriffen hat (was ja auch sein mag in dem geschilderten Fall, leider gab es keinen einzigen "Gegen"-Fall). Bei der Barschlägerei der andere, der natürlich angefangen hat. Bei der Silvesterschlägerei die andere Gruppe, die angefangen haben (dass er selbst mit mit dem Ziel einer Schlägerei diese Party besucht hat und danach mit Verstärkung zurückgekehrt und "neu" angefangen hat, das scheint für den Autoren irrelevant zu sein). Sein nicht-Ausstieg war nur darum, weil er die SEK-Aufnahmeprüfung knapp nicht bestanden hatte.
Mir fehlt bei dieser sehr einseitigen Darstellung seiner acht Jahre in der Hooliganszene durch das Rauspicken weniger Situationen die Auseinandersetzung damit, dass es - zumindest in seinem Fall - eine freie Entscheidung war, sich bewusst in diese Schlägereien einzumischen oder sie anzuzetteln. Dass es jeder Mal seine bewusste Entscheidung war, mindestens mitzumachen bei schweren Körperverletzungsdelikten, Landfriedensbruch usw. und dass er bewusst als Polizist weggesehen hatte, wannimmer er Straftaten in der Szene beobachtet hatte.
Deshalb aus meiner Sicht ein Werk, dass Einblicke in die Hooliganszene bietet, sich damit aber nicht kritisch auseinandersetzt.
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Wer sich wirklich für die Hooligansubkultur und Fußball interessieren, der ist hier falsch. Stefan Schubert erzählt in "Gewalt ist eine Lösung" emotional sehr nüchtern von seinem angeblich geheimen Doppelleben. Seine rechtskonservativen Ansichten werden dabei bereits zu Anfang sehr deutlich. Bereits ab Seite eins werden klare Feindbilder benannt: Ausländer (besonders "die Türken"), Autonome, allgemein linkspolitisch aktive Menschen und so ziemlich alles und jeder, der mit der DDR zu tun hatte. Auch sind und waren personelle Kontakte diverser OWT-Mitglieder in Neonazikreise absolut kein Geheimnis.
Viele der Geschichten über Straßenschlachten und seine Gewalterfahrungen wirken maßlos überzogen und haben immer das Ziel, dass der werte Herr Schubert sich selbst beweihräuchern kann. So beispielsweise die Beschreibung einer Außeinandersetzung, in der er selbst auf einer Demo angeblich gegen 25 Autonome kämpfte und diese in die Flucht schlug. Auch ist es absolut unrealistisch, dass sich Schubert an jede Schlagfolge erinnert, die er angeblich ausgeteilt und eingefangen hat. Die Recherche über die Hooligan-thematik, die ich bereits vor dem Lesen des Buches betrieb wiederspricht auch massiv vielen Erfahrungen bezüglich des Ablaufs, der Fanfreundschaften und Fanfeindschaften der Arminia Bielefeld und anderer Details, die Schubert schildert. Auch ist es irritierend, dass er mehrfach behauptet sein Doppelleben sei geheim gewesen, wenige Seiten später jedoch erwäht wie viele Arbeitskollegen zu welchem Zeitpunkt bereits wussten, was er in seinem Privatleben trieb. Auch betont der Autor immer wieder, dass er Arbeit und Hobby voneinander trennen würde, beschreibt gleichzeitig aber unzählige Male wie geil er auf die Gewalt im Dienst war.
Inzwischen hat Schubert diverse Bücher im Kopp Verlag veröffentlicht, welcher vorrangig rechtspopulistische und verschwörungstheroretische Bücher publiziert, war Interviewpartner für bekannte Medien aus dem rechten Verschwörungsmetier und hat eine Telegramgruppe gegründet in der er Verschwörungsinhalte teilt.
Verschwendet eure Zeit einfach nicht mit diesem Buch!