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Ein Hof und elf Geschwister

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Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen, zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.

Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung – der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit. Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Staunend blickt man zurück, so still war der Wandel: "Mein Gott, das hab ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert." Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.

191 pages, ebook

First published February 16, 2023

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About the author

Ewald Frie

17 books

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2 (<1%)
Displaying 1 - 30 of 54 reviews
Profile Image for nettebuecherkiste.
684 reviews178 followers
December 16, 2023
4,5
Der Historiker und Autor des diesjährigen Gewinners des Deutschen Sachbuchpreises ist mit seinen zehn Geschwistern, zwischen denen es erhebliche Altersunterschiede gibt, auf einem norddeutschen Bauernhof aufgewachsen. Nur einer der Brüder, der älteste, ist heute noch Landwirt, alle anderen haben andere Wege eingeschlagen. Anhand der Geschichte seiner Familie erzählt uns Ewald Frie von drastischen Änderungen der ländlichen Lebensweise während des Lebens seiner Eltern und Geschwister stellvertretend für eine (bzw. zwei) ganze Generation, die diese miterlebt hat. Das liest sich richtig unterhaltsam und zeigt mir wieder einmal, dass die Geschichte der „einfachen Leute“ mindestens genauso spannend ist wie die der großen Politik. Ich komme selbst aus einer Arbeiterfamilie, die letzten in der Landwirtschaft tätigen Vorfahren hatte ich in der Urgroßelterngeneration und so hat mich dieses Leben, das ich selbst überhaupt nicht kenne, besonders interessiert. Ich empfehle das schmale Buch herzlich weiter.
Profile Image for Great-O-Khan.
467 reviews126 followers
November 18, 2023
In "Ein Hof und elf Geschwister" schreibt der Geschichtsprofessor Ewald Frie über das bäuerliche Leben seiner Familie. Er hat dafür den Deutschen Sachbuchpreis 2023 erhalten. Ziel des Autors war es "die Geschichte der Bundesrepublik, aus dem ungewöhnlichen Blickwinkel einer katholischen Bauernfamilie jenseits des Dorfes" zu erzählen. Das ist ihm nicht ganz gelungen. Dafür ist das Buch zu persönlich und zu kurz. Trotzdem hat er ein interessantes Buch vorgelegt. Er bezeichnet seinen Text am Ende als "171 Seiten Gratwanderung zwischen Wissenschaft und Familiensinn". Besser kann man es kaum charakterisieren.

"Ein Hof und elf Geschwister" ist eine persönliche Familienchronik mit Schlaglichtern auf die zeitgeschichtlichen Rahmenbedingungen und Entwicklungen. Es beschreibt die Wandlung des landwirtschaftlichen Betriebes vom personalintensiven zum industriellen Wirtschaften. Die Bedeutung von Religion und Politik wird ebenso behandelt wie die Rolle der Bildung (von der Diskriminierung der Bauernkinder in der Schule zum Bildungsaufstieg, der ohne BAföG nicht möglich gewesen wäre). Auch die Bedeutung von Radio, Fernsehen, Musik, Zeitungen kommen zum Zuge. Man bekommt einen guten Überblick über das Leben auf dem Hof.

Grundlage des Buches sind neben Chroniken und Zeitungen aus Archiven vor allem Interviews, die Ewald Frie mit seinen im Buch anonymisierten Geschwistern geführt hat. Es ist ein Buch über Herkunft, aber auch ein Buch über Abkehr. Denn mit Ausnahme des ältesten Sohnes der Familie haben sämtliche Kinder die Landwirtschaft verlassen.

Das Buch hätte ruhig etwas ausführlicher sein dürfen. Vielleicht hat Frie sich an seine Erziehung erinnert: "Meine Mutter legte eine Obergrenze an Büchern fest, die ich pro Woche lesen durfte. Sie war in Sorge um meine Gesundheit." Wenn man sich ein Buch länger wünscht, spricht es aber immer für das Buch. Daher gibt es von mir vier von fünf Traktoren: 🚜🚜🚜🚜
Profile Image for Lies.l.
117 reviews2 followers
February 25, 2023
Leider viel zu kurz. Super interessant.
Profile Image for Daniel.
520 reviews67 followers
June 24, 2025
Familiengeschichte der Familie Frie und deren Hof. 11 Geschwister und ein Hof, wie es halt im Titel steht. Ein Teil für den Vater, ein Teil für die Mutter und dann der Auszug der Kinder.
Gut zu lesen, hat mich aber nicht umgehauen!
Profile Image for Kaltmamsell.
231 reviews55 followers
September 1, 2023
Neben den derzeit zahlreichen autofiktionalen “Romanen” auf dem Lese-Markt also die Familiengeschichte eines universitären Historikers, Fakten- und Quellen-basiert – sehr gerne gelesen.

Bei allem Historikertum schafft Frie erst einmal einen menschlichen, persönlichen Bezug: Er steigt mit den einzigen drei Familienfotos ein, von 1947, 1960 und 1969, inklusive Geschichte der Aufnahmesituation.

Seine Methodik und die besondere Erzählsituation macht Ewald Frie anfangs transparent: Dass er Teil der Geschichte ist und damit voreingenommen, dass er Distanz zu schaffen versucht durch geschichtswissenschaftliche Techniken, Interviews, Archivrecherchen, Lektüre zeitgenössischer Literatur, Sichtung der Forschung zu dem Thema. Er nennt seinen Text einen „Grenzfall, von Wissenschaft wie Familiensinn“. Und äußert die Hoffnung, „dass er Gutes aus beiden Welten zusammenbringt, um ein besonderes Licht auf die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu werfen“.
Das ist ihm gelungen: Genau diese Mischung macht das Buch in meinen Augen so einzigartig und charmant.

Die Struktur, die Frie seiner Erzählung durch Großkapitel gibt:
– “Familie, Bauernschaft und Dorf”
– “Die Jahre meines Vaters” (der deutlich älter als die Mutter war)
– “Die Jahre meiner Mutter”
– “Auszug”
– “Nachwelten”
Vieles in den historischen Beschreibungen des Hof-Alltags sagte mir etwas, zum Beispiel die Fachsprache des Viehhandels – ich habe in meinen Lokalredaktionszeiten Ende der 1980er, Anfang der 1990er immer gerne die Landwirtschaftsspalte verantwortet.
Doch am spannendsten waren für mich die Unterschiede zu dem Wenigen, was ich an landwirtschaftlicher Struktur kenne: Bayern unterscheidet sich völlig von Westfalen. So konnte mich überraschen, dass es im Münsterland einen Unterschied zwischen Hof und Dorf gab: Die titelgebenden elf Kinder wuchsen auf einem von vielen alleinstehenden Höfen auf, kamen kaum in Kontakt mit anderen Familien, ins Dorf musste eigens gefahren werden, und das geschah nur zum Kirchgang am Sonntag. In meinem Bayern waren Landwirtschaft und Dorf deckungsgleich, eine Ansammlung von Höfen ergab ein Dorf, Einsiedlerhöfe waren eine so große Ausnahme, dass sie eine eigene Bezeichnung bekamen. Doch so wie ich das in der Vergangenheitsform schreibe (Dörfer bestehen auch in Bayern nur noch zu einem Bruchteil aus Landwirtschaft), beschreibt Frie eine vergangene Struktur: Schon die jüngeren der elf Geschwister (unter anderem er selbst) mussten dank techni-schem Fortschritt nicht mehr so viel auf dem Hof arbeiten und sein, engagierten sich in Gemeinde und Vereinen, hatten eine Gemeinschaft außerhalb der Familie. Auch war mir nicht bewusst, wie neu die Selbstorganisation der Jugend in Verbänden und Vereinen ist: Sie begann erst im Nachkriegs-Deutschland.

Frie beschreibt und analysiert die strukturellen wie die sozialen Veränderungen seiner Herkunftsgegend, ihre gesellschaftlichen und politischen Ursachen (u.a. hätte ohne die Einführung von BAföG Anfang der 1970er niemand von den elfen mehr als Volksschule und Ausbildung absolvieren können, keiner und keine studieren; ohne staatliche Förderprogramme gäbe es den Frie-Hof seit Jahrzehnten nicht mehr), aber auch die menschlichen und ganz individuellen Auswirkungen auf die Familienmitglieder.

Viel Raum nimmt die sich verändernde Rolle von Frauen auf dem Hof ein, die mir in diesen Details neu war.

Im letzten Kapitel “Nachwelten” denkt Frie darüber nach, ob diese Bildungs-Entwicklung der Kinder einen “Aufstieg” darstellt – er bezweifelt das: Er besitze “kein Land, kein Haus, keine Tiere, keine Apfelbäume, keine Feuerstelle” wie seine Eltern. Und auch nicht das Fachwissen seines Vaters zu Vererbungsqualitäten von Bullen, nicht dessen Ansehen auf DLG-Schauen, könne nicht das Wetter aus dem Zug der Wolken und der Farbe des Sonnenuntergangs ablesen. Sein Vorschlag: “Umstieg statt Aufstieg?”
Profile Image for Buchdoktor.
2,363 reviews188 followers
April 26, 2023
Als Ewald Frie die Biografie seiner Familie und des Hofs Horst Nr 17 bei bei Nottuln im katholischen Münsterland verfasst, geht er davon aus, dass die Leistung seines Vater als erfolgreicher Züchter rotbunten Milchviehs für ihn als Historiker umfassend dokumentiert ist, nicht jedoch das Leben seiner Mutter. Am Ende seiner spannend zu lesenden Dokumentation eines Bauernlebens könnten seine Leser:innen das anders sehen.

Die Eltern heirateten 1943 (Vater *1910, Mutter *1922), die jüngste Tochter wurde 1969 geboren. Ähnlich wie die Kinder der Fries in kleinen Gruppen verantwortlich Arbeiten auf dem Hof übernahmen, teilt Frie seine zehn Geschwister in drei Altersgruppen ein: die vier in den 40ern geborenen Ältesten erzählen das Leben des Vaters, die drei in den 50ern Geborenen das Leben der Mutter und die Jüngsten, Kinder der 60er, vermitteln die Umbrüche ihres Jahrzehnts, die so manchen Lesern Fries vermutlich noch in Erinnerung sein werden. Aus der Distanz strukturierter Interviews entsteht so das Bild eines besonderen Familienbetriebs, der 1880 noch 28 Bedienstete beschäftigte, die mit den Fries unter einem Dach lebten. Ungewöhnlich war neben der Zahl lebender Kinder u. a. die Religiosität der Familie, die abgelegene Lage des Hofes und dass Ewald Fries Mutter sofort nach ihrer Heirat die Organisation des Haushalts übernahm, ohne sich unter dem Regime ihrer Schwiegermutter hochdienen zu müssen.

Die älteren Söhne erzählen ungeschminkt von der Plackerei, mit dem Vater gemeinsam zu arbeiten und klagen über die Knauserigkeit der Nachkriegsgeneration, während die Töchter über die Versorgung kleinerer Geschwister stöhnen und dagegen an schuften, dass Frauen für weniger Wert gehalten werden. Die Töchter berichten von der Ermunterung ihrer Mutter, unbedingt einen Beruf zu lernen, damit sie nicht wie andere Bauerntöchter „zuhause sitzen und auf einen Ehemann warten“ müssten. In den Biografien aller Kinder ist die Unterstützung ihres Bildungshungers zu verfolgen. Bildung erforderte in den 50ern in einer Zeit ohne Schulbusse neben der Erlaubnis der Eltern ein Fahrrad, um überhaupt in den nächsten Ort mit Höherer Schule zu gelangen. Das in vielen Bauernfamilien konfliktgeladene Kapitel Hofübergabe erfolgt in den 70ern im Licht von Bafög, Kindergeld und Altersgeld, die die Verpflichtung des Erben ablösten, Eltern und evtl. ledige Geschwister auf dem Hof mit zu versorgen. Ewald Lie und seine Geschwister waren in vielem die Letzten ihrer Art (…die andere Bauernkinder heirateten, … die noch schwer körperlich arbeiteten), zugleich auch die Ersten in der Familie mit höherer Bildung und Berufen außerhalb der Landwirtschaft.

Vor dem Hintergrund eines rasanten Strukturwandels hin zur Spezialisierung und zum Ein-Ehepaar-Betrieb hat mich besonders die Weitsicht der Mutter beeindruckt, alle Kinder auf nicht immer geraden Berufswegen stets zu ermuntern. Auch wenn sie keine Urkunden hinterlässt, eine beachtliche Lebensleistung.

Gemessen an der enthaltenen Menge an Fakten, Zahlen und Quellen lässt sich Edward Lies Familien- und Sozialgeschichte erstaunlich flott weglesen.
Profile Image for Bridgeelke.
45 reviews1 follower
July 25, 2023
Ein sehr interessantes Sachbuch. Ich habe immer wieder genickt und gesagt: ja, so war es.

Auch ich komme von einem Hof – allerdings mit deutlich weniger Geschwistern. Aber unsere Geburtsjahre liegen fast 21 Jahre auseinander (bei Frie sind es 25 Jahre) und so kann ich bestätigen: die Wahrnehmung des Hofalltags ist bei der Ältesten (mir) und bei der Jüngsten total unterschiedlich.

Die Erntearbeit mit Mähbinder; das Rübenhacken; das Plumpsklo mit Zeitungs-Klopapier beim Misthaufen; die Errungenschaft der Zentralheizung und die Gefriertruhen bei der Gefriergenossenschaft - beides Mitte der 60er Jahre eingeführt; das Gänsehautgefühl beim Einzug in die Kirche nach einer Prozession mit dem Lied ‚Ein Haus voll Glorie schauet‘; die tägliche Maiandacht im Mai und das Rosenkranzbeten im Oktober; Jungen aus dem Dorf im bischöflichen Internat, die dennoch nicht Priester wurden - die aus all diesem resultierende ‚Überdosis Katholizismus‘; der ‚real auftretende Nikolaus mit erzieherischer Aufgabe‘ – nur den älteren Kindern noch bekannt; hach, es war schön, das alles zu hören.
Profile Image for Kathrin Passig.
Author 51 books475 followers
August 19, 2023
Alles daran war interessant, aber am besten gefiel mir die kurze Bemerkung darüber, wie schon bei Geschwistern, die im Alter nur wenige Jahre auseinanderliegen, der Begriff "früher" ganz unterschiedliche Bedeutungen hat. Alle glauben, dass sie eine bis dahin lange Zeit statisch gewesene Vergangenheit beschreiben, dabei ist es überhaupt nicht so.
Profile Image for Bine.
803 reviews111 followers
December 15, 2025
War mega interessant. Ich liebe solche spontanen Überraschungen. Hätte ich mir nie angeschaut, wäre es nicht in der Onleihe gerade verfügbar gewesen. War aber voll gut gemacht: die Familiengeschichte aus der Sicht eines Historikers. Diese Gesellschaftswandel, die sich auf dem Land vollzogen haben, so persönlich aufgearbeitet und doch professionell eingeordnet. Richtig gut!
Profile Image for Franziska Nyffenegger.
213 reviews49 followers
December 30, 2023
Ich lese selten und ungern Sachbücher und noch ungerner, wenn mir gesagt wird: „Das musst du lesen!“ – Dieses hat mir vermutlich auch so gefallen, weil es mir in keinem Moment vorgekommen ist, wie ein Sachbuch. Trotz Fussnoten und Bibliographie. – Ein Historiker erzählt eine Geschichte, die Geschichte seiner Familie, seiner Geschwister. Er ist ein guter Historiker, einer, der seinem Gegenstand zugleich sehr nahe und sehr fern ist, ihn mit einer gewissen Verwunderung betrachtet und beschreibt und dabei manchmal einen wunderbar trockenen Humor aufscheinen lässt. Nur der letzte Abschnitt wirkt auf mich unnötig pathetisch. – Lieblingsstelle: „In den Augen meines Vaters waren das [Bücher lesen, Theater spielen, Gedichte aufsagen, den Conferencier geben] lauter schöne und beeindruckende, aber auch völlig nutzlose Fähigkeiten. Die üblichen Haus- und Hofarbeiten machte ich nicht gut. Ausserdem hatte ich Angst vor Tieren. Nach dem Abitur gab er mir den Ratschlag, reich zu heiraten.“
Profile Image for Wandaviolett.
468 reviews68 followers
June 21, 2023
Von Viechern, dem Katholizismus und dem Landleben.
Von den 1950ern bis zur Jetztzeit.
Die Fries gelten was in der Gegend um Nottuln herum, es sind freie Bauern, die erfolgreich wirtschaften. Warum die Bauernschaft und das Dorf, das Nottuln damals in den 1950ern war, zunächst kaum Berührungspunkte miteinander hatten, die Bauernschaft aber die Tonangebenden waren, weil sie wirtschaftlich die Oberhand hatten, und wie sich dann das Machtverhältnis, wenn man es so nennen will, allmählich umkehrte, davon erzählt Ewald Frie in seinem Buch, einer Mischung aus Erlebnisbericht und Sachbuch. Ein reines Sachbuch ist das Werk nicht mehr und ein Roman noch nicht.

Der Kommentar:
Das Büchlein liest sich leicht, ich mag es, und es erhielt aufgrund seiner Thematik den Deutschen Sachbuchpreis 2023. Dieser Preis existiert erst seit 2021, er war überfällig. „Ein Hof und elf Geschwister“ von Ewald Frie hat den Preis verdient, auch wenn ich das Buch nicht uneingeschränkt empfehlen kann. Die Thematik ist wichtig und spannend und geht uns alle an, weil sie unsere Vergangenheit spiegelt, im deutschen Literaturraum wird das bäuerliche Leben unterbelichtet behandelt.

Dennoch: als Sachbuch fehlt mir ein weiterer Blick in das Bauernwesen und als Roman ein tieferer Blick in das Geschwisterleben. Sehr schön herausgestellt ist, wie das Elternhaus seine Kinder loslässt und in die weite Welt hinaus freigibt; dass Eltern ihre Kinder dazu ermutigen, ihre eigenen Wege zu gehen, ist keineswegs selbstverständlich, um so mehr, wenn sie eigentlich zuhause gebraucht würden. Zu gerne hätte man aber mehr erfahren von den Geschwistern, es ist gut und schön, mitzuverfolgen wie ihre Berufswahl stattfand, aber sonst so? Insgesamt ist es doch magere Kost, was Ewald Frie liefert. Vielleicht ist er zu nah dran.

Fazit: Leicht zu lesender, netter Erfahrungsbericht darüber, wie sich eine bäuerliche Großfamilie verändert. Aber ein bisschen magere Kost ist das Büchlein schon. Ich will mehr.

Kategorie: Sachbuch. Lebenswelten
Sieger Deutscher Sachbuchpreis, 2023.
Verlag: C.H. Beck, 2023

Profile Image for Pascal.
309 reviews54 followers
March 18, 2024
Ein Hof und elf Geschwister bringt die persönliche Nähe ins Sachbuch; je nach Betrachtungswinkel steht es aber auch etwas ungelenk zwischen Belletristik und Wissenschaft. Zumindest ist es arg anekdotisch für ein Buch, das zumindest irgendwo den Anspruch hat, historisch repräsentativ für eine größere gesellschaftliche Entwicklung zu stehen. Gleichzeitig macht es nie einen Hehl daraus, dass es einzig den – zugegeben sehr interessanten – Fall dieser einen spezifischen Bauernfamilie untersucht und diese Familie keinesfalls das Schicksal aller deutschen Bauern zur Mitte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.

Auf den gerade einmal 190 Seiten tummelt sich (für meinen Geschmack) dennoch zu viel biografisches Wissen, das zum schnellen Überblättern einlädt. Das liegt vor allem daran, dass die Familie selbst – trotz ihrer zentralen Rolle und aller prosaischen Beschreibungen – zu unscharf bleibt. Sie wird nie mehr als ein Vehikel, um die Historie zu erzählen, nimmt dafür aber wiederum zu viel Raum ein.

Was bleibt also neben den biografischen Anekdoten? Das Highlight ist der Blick in eine oft missachtete andere Welt direkt um die Ecke und vor gar nicht allzu langer Zeit. Dieser Aspekt der verblüffenden Nähe ist für mich das faszinierendste am Buch: „Wow, so war das noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts, gleich hier in NRW!“

Gleichzeitig sind viele der Fakten bereits grob im Allgemeinwissen verankert und verblüffen vor allem im Detail. Zumindest diese Detailtiefe erreicht Ein Hof und elf Geschwister mühelos – und das nicht zuletzt eben durch seinen sehr unmittelbaren prosaischen Ansatz. Denn insbesondere der biografische Charakter der „Erzählung“ macht einige der größeren sozialen Entwicklungen nahbar und anschaulich.
Profile Image for anna.
92 reviews
Read
June 1, 2023
herzlichen glückwunsch an ewald frie zum erhalt des deutschen sachbuchpreises :)
Profile Image for Martin Riexinger.
298 reviews29 followers
September 16, 2025
Ein Historiker macht sich an seine Familiengeschichte und rückt damit einen weitgehend übersehen Aspekt des sozialen Wandels in den Mittelpunkt des Interesses: das Verschwinden der bäuerlichen Lebenswelt. Am Beispiel seiner Eltern im Münsterland zeigt Frie, wie die Bauern ihre dominierende Stellung im Dorf in dem Maße verloren, wie die allgemeine Zunahme des Wohlstands den unterbäuerlichen Schichten ermöglichte sich eine Existenz jenseits der Landwirtschaft aufzubauen. Von 11 Kindern blieb nur der älteste bei der Landwirtschaft, die anderen nutzten die Möglichkeit zu Ausbildung und verließen die dörflichen Umgebung. Mit der Landwirtschaft verschwand auch die traditionelle katholische Frömmigkeit, wobei der Reformkatholixismus Mutter und Schwestern ermöglichte sich vom traditionellen Rollenbild zu entfernen.

Der Autor versteht es hervorragend das anekdotische Wissen seiner Geschwister mit seinem Wissen über die Veränderung der Gesellschaft auf dem Lande zusammenzuführen, und letzteres so für den Leser lebendig zu machen. Manches ist allgemeingültig, anderes wird sich in Regionen mit anderen Besitzstrukturen oder konfessionellen Verhältnissen auf andere Weise vollzogen haben.
Profile Image for Moritz Fritschle.
52 reviews2 followers
September 13, 2024
Fertig, und ich fand das Buch klasse. Natürlich habe ich selber über meine Arbeit und Familie einen Bezug zur Landwirtschaft. Doch Teil meines Alltags war die Arbeit in der Landwirtschaft nie. Ich glaube aber, dass ich durch das Buch so einiges gelernt habe.
Profile Image for Kathrin Olzog.
231 reviews17 followers
April 14, 2023
Sehr interessante Biografie einer Bauernfamilie aus dem Münsterland. Der Stil war mir etwas zu nüchtern, aber es war sehr informativ.
Note: 3
Profile Image for Dirk Schmücker.
121 reviews
January 21, 2024
seltene Kombination aus biographischen Inhalten, Fakten und einer konsistente n Darstellung
Profile Image for Domic.
896 reviews17 followers
February 27, 2025
Solche biographischen Bücher mag ich ja sehr, und das hier spielt im Münsterland, das ist gleich um die Ecke von Paderborn, wo ich herkomme. Ich habe es auch sehr gern gelesen, allerdings liest es sich eher wie ein historisches Fachbuch, was ja weiter nicht verwundern sollte, wenn der Autor Geschichtsprofessor ist.

Deshalb fand ich, dass es sich nicht ganz so flüssig lesen lies, alles sehr nüchtern und wenig emotional. Die Geschichte - nein, da sollte ich wohl eher "der Bericht" sagen - beginnt kurz nach dem Krieg, als das erste der zahlreichen Kinder geboren wird, und wird weitererzählt, bis das jüngste Kind aus dem Haus ist.

Zunächst konzentriert der Autor sich auf die Erfahrungen des Vaters als Rinderzüchter von 1946 bis ca. 1960, dann auf die der Mutter, die als Vollzeit-Bäuerin die Haus und Kinder "unter sich" hatte, aber auch in diversen sozialen und kirchlischen Funktionen aktiv war.

Der Autor schafft es trotz - oder vielleicht gerade wegen - des nüchternen Erzähltons, die Handlungen von Eltern und Geschwistern sehr nachvollziehbar zu machen. Vor allem die Mutter hat mich beeindruckt, die ihre Kinder immer ermutigt hat, zu lernen und zur Schule zu gehen, auch wenn das vor allem als die älteren Kinder klein waren, sicher noch nicht allgemein akzeptiert war, dass es sich auch für Töchter "lohnt", gut ausgebildet zu sein, auch wenn sie "dann ja eh heiraten".


Ich fand es wie gesagt sehr interessant zu lesen, zumal ich einige Elemente aus den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern wieder erkannt habe. Die waren allerdings nie Vollerwerbs-Landwirte, sondern hatten bis Ende der 60ger "nur" eine Kuh und ein paar Schweine "nebenbei" zur Schreinerei.

Hat mir ganz gut gefallen, aber wegen der eher drögen Erzählweise gibt es nur knapp 4 von 5 Sternen.
Profile Image for Johanna.
9 reviews
May 2, 2024
Sehr unterhaltsam und kurzweilig zu lesen. Vieles Geschildertes erinnerte mich an die eigene Familiengeschichte, darunter auch tatsächlich einige Ah-Ha-Momente, wie die Diskussion zum Ende des Buches, ob man in den Biographien den Kinder wirklich einen „Bildungsaufstieg“ feststellen kann.

Am Ende bleibt jedoch auch das Gefühl, dass das Buch eigentlich zu kurz war und viele wichtige Aspekte des Umbruchs auf dem Land (und vor allem darüber hinaus) nicht angesprochen hat. Gerade da der Autor Historiker ist, hätte ich mir persönlich noch mehr einordnende Informationen und Analysen gewünscht, die über die subjektive Beschreibung der Familiengeschichte hinausgehen.
Profile Image for w. t..
14 reviews
May 31, 2025
Schnell gelesen, weil es mich berührt hat und mir eine Seite deutscher Geschichte gezeigt hat, die mir bisher nicht so bekannt war. Absolut zu empfehlen.
Frie schafft dabei die Brücke, die viele „migrantische" Autoren nicht einmal wagen zu überqueren in ihrer autofiktionalen Billigliteratur. Er erzählt seine Familiengeschichte und zeigt an ihr auf, wie der Wandel der Zeit/Politik eine Bauernfamilie verändert.

Er geht dabei mit seiner Expertise als Historiker sehr wissenschaftlich an das Thema (Interviews, Quellen, gesamtgesellschaftliche Schlussfolgerungen) ohne dabei die zutiefst menschlichen Schicksale in unbeachtet zu lassen.
Profile Image for Hannifee.
36 reviews1 follower
November 1, 2025
Bei der Autobiographie "Ein Hof und elf Geschwister" handelt es sich um eine Familienerzählung. In dem Ewald Frie mit Hilfe seiner Geschwister seine Kindheit und das bäuerliche Leben seiner Eltern erzählt.

Es handelt um das Bauerntum, Modernisierung und wie der Wandel einer Gesellschaft.
Mich persönlich hat das Buch sehr geprägt, da meine Mutter in ähnlichen Verhältnissen, ebenfalls mit zehn Geschwistern, aufgewachsen ist und mir eine Zeit nähergebracht hat die heute so weit entfernt scheint.
27 reviews1 follower
June 16, 2025
Interessante, fast sachbuchartige Beschreibung des Übergangs Deutschlands von einem Agrarstaat zu einem industrialisierten Staat am Beispiel einer Bauernfamilie.
10 reviews
November 20, 2025
Ein wunderbar erzähltes, zugleich historisch eingeordnet und kommentiertes Stück Geschichte. Sehr lesenswert und angenehm kompakt.
Profile Image for Peggy F.
151 reviews
December 13, 2023
Auch wenn ich mir jede Menge Anekdoten versprochen hatte, das Buch war völlig anders.
Geschrieben hats ein Wissenschaftler, der viel Literatur hierzu verwendet und mit allerhand Verweisen versehen hat. Seine 10 Geschwister kommen auch zu Wort, aber eher um die von ihm zitierten Werke mit persönlich Erlebtem zu untermalen.
Profile Image for Marie Belcredi.
190 reviews1 follower
March 26, 2024
Just loved reading this book. The mainly autobiographical story is about the author and his ten siblings growing up on a small farm near Munster Germany between 1944 to 1970s. The story encompasses the family and the changes that took place after the war and the coming of the Germany's economic miracle.
The author's mother had 12 children in 25 years but managed to do all the work expected of her as a farmer's wife. Both she and also her husband are heroes of this book. His mother manages to move from continuous hard work on the farm to guiding her children into professions selected by taking into account the wishes and talents of each of her children. Eventually , there is only 1 son left on the farm and the farm has changed radically.
The author traces the family's ownership of the farm to 1837. Since then it had been handed down to each generation. However, the changes in the 1950s, 1960s and 1970s are radical and wide ranging. Whereas in the 1950s the farm children would come to school embarrassed that they might give off the smells of the farm and not having the right clothes by the 1970s the youngest children did not need to help around the farm, their lives being more in tune with the outside world. According to the author they are both "the last generation" and "the first generation".
Beautifully written with a keen historian's eye, Frie describes the road to modernisation in an unsentimental but sympathetic way.
Profile Image for Anni Kramer.
Author 3 books2 followers
January 4, 2024
The sub-title of this account of rural agricutlture in North-Rhine Westphalia is "Silent farewell to farm life". Frie talks of his life as son of a farmer. He is one of eleven children and describes life on his parent's farm in the post-war years, and through the fifties and sixties. His father is a committed farmer, has been so all his life. His mother would have wanted to pursue a career in teaching, but then committed herself to the tasks and challenges of a farmer's wife and her eleven childen. Proud rural agriculture with livestock markets, self-sufficiency and hard backbreaking work disappeared at a rapid pace and yet very quietly during the 1960s. Frie tells the story of this major turning point using his family as an example. Little by little, the prosperous respected farmers are suddenly considered poor and backward despite all the modernization, their childfren are ashamed because they carry the smell of cattle and stables about with them. Ewald Frie asks his ten brothers and sisters, who were born between 1944 and 1969 what they remember about that time. And in the end, Frie thinks to himself: "My God, I lived through that, it seems like another century."
The book is excellently written, though there are some parts in which the author delves a little too much into figures. But that does nothing to disrupt the sometimes heart-rending, yet unsentimental, succint exploration of rural life decades ago. I enjoyed this book tremendously and am more than happy to give it five stars.
258 reviews2 followers
May 25, 2023
Niemals hätte ich gedacht, dass mich ein Buch über die Entwicklung der Landwirtschaft im Münsterland so begeistern könnte, vor allem, da es in meiner Familie seit mehreren Generationen keine Landwirte mehr gab. Aber Ewald Fries Herangehensweise an das Thema hat mich wirklich beeindruckt und ich habe sein Buch „Ein Hof und elf Geschwister“ sehr gern gelesen. Der Historiker hat seine eigene Familiengeschichte, die des Hofs Horst Nr. 17 bei Nottuln im katholischen Münsterland, in die allgemeine Geschichte des Wandels eingeflochten und eingeordnet, wodurch Zeitgeschichte ein Gesicht bekommt (die Namen seiner Familienangehörigen hat er anonymisiert, ihre Geburtsjahrgänge sind allerdings authentisch). Als Rahmen dient ihm eine Sammlung transkribierter Interviews, die er mit seinen Geschwistern geführt hat, seine Eltern sind inzwischen verstorben und kommen nur aus zweiter Hand zu Wort. Sein ältester Bruder ist im Jahr 1944 geboren, die jüngste Schwester 25 Jahre später, von zwölf Kindern haben elf überlebt – auch im 20. Jahrhundert keine Selbstverständlichkeit.
Ging das bäuerliche Leben in der Nachkriegszeit zu Ende? Man könnte es so oder so sehen. Es wandelte sich auf jeden Fall grundlegend. Ehemals hochangesehen, haben die Bauern lange auf die Bewohner der Siedlungen hinabgesehen – die Hierarchien innerhalb der Gemeinschaft waren klar. Und dann wurde plötzlich alles anders, denn auf einmal wurden Bauern als ungebildet, ärmlich und rückständig angesehen, da halfen auch alle Modernisierungen nicht. Die Betriebe veränderten sich natürlich, aber auch das Leben der Menschen, die die Höfe führten und auf ihnen lebten. Die Zeiten der kleinen Höfe ging zu Ende, die meisten Höfe spezialisierten sich auf ein bestimmtes Gebiet (die Familie des Autors auf die Zucht rotbunter Rinder und Kühe, sein ältester Bruder Hermann später auf Schweine und Ferkel), aus den Höfen wurden „Einmannbetriebe“. Arbeitspferde wurden durch Traktoren ersetzt, oft verfolgten die Kinder der Bauern andere Lebensentwürfe und manchem mögen die Eltern sogar mit der Zeit peinlich geworden sein. Tatsächlich haben auch in Fries Familie die meisten Kinder die Landwirtschaft verlassen. Nach einhelliger Aussage aller Geschwister standen ihnen die Eltern bei der Berufswahl nie im Weg, nein, vor allem die Mutter bestärkte sie darin, ihren eigenen Weg zu gehen. Vor allem für die Töchter sah sie eine Heirat nie als Lebensziel an.
Den Wandel im bäuerlichen Leben gab es überall, dennoch empfand ich das, was Frie beschreibt als etwas völlig anderes als das, was ich beispielsweise aus dem Schwarzwald oder der Eifel kenne. Vor allem, so scheint es, war Ewald Fries Vater gegenüber dem Fortschritt eher offen. Der Hof wurde in den 1960er-Jahren vom Pferd auf den Traktor umgestellt, elektrische Haushaltsgeräte wurden angeschafft und der Hof bekam eine Heizung. Das Leben wurde ein wenig einfacher und schlicht anders. Heute sind die Erinnerungen der Geschwister an die Eltern und ihre Kindheit geprägt von einer Mischung aus Respekt und Dankbarkeit. Die Söhne erinnern sich zwar daran, dass es eine Plackerei war, dass es nicht einfach war, mit dem Vater zusammen zu arbeiten und die Töchter, dass sie sich schon früh um die kleineren Geschwister kümmern mussten. Sie erinnern sich aber auch daran, dass die aufrechte Haltung ihrer Mutter ein Zeichen dafür war, dass sie sich trotz der harten Arbeit nicht „krumm“ schuften musste.
In Ewald Fries Brust scheinen zwei Herzen zu schlagen. Das des Historikers Frie und das des Bauernsohns. Und so schafft er ein mehrdimensionales Werk, in dem er Hofgeschichte, Lebensgeschichte und Zeitgeschichte miteinander verflicht, zusammen einordnet und alles in allem ein interessantes und informatives Werk schafft, das mich in seiner Intensität und Dichte begeistert hat. Von mir fünf Sterne.

Profile Image for Melanie.
444 reviews4 followers
January 12, 2024
Ich habe das Buch von meinem Schwager, einem Landwirt, zu Weihnachten geschenkt bekommen und es direkt lesen müssen trotz hohem SUB.

Aktuell demonstrieren Landwirte in ganz Deutschland und sind daher sehr präsent, aber ich habe durch meine Heirat in eine Bauernfamilie schon seit über 20 Jahren Bezug zu dem Beruf und dem Leben der Landwirte in Deutschland.

Vor diesem Hintergrund das sehr persönliche Sachbuch von Ewald Frie zu lesen, war spannend und unterhaltsam.

Der Autor ist als einer der jüngeren von 12 (!) Kindern eines Bauern-Ehepaares geboren und aufgewachsen und hat seine Geschwister einzeln zu ihrer Geschichte befragt. Herausgekommen ist ein gut lesbares Buch, aufgeteilt in 5 Überkapitel, die jeweils andere Schwerpunkte legen - Familie, Bauerschaft und Dorf, die Jahre des Vaters, die Jahre der Mutter, Auszug und Nachwelten.
Mir gefiel vor allem die unaufgeregte und teilweise distanzierte Herangehensweise des Autoren mit den Themen seiner eigenen Kindheit und Familie. Bei dem, was er über seine Eltern schreibt, spürt man eine tiefe Liebe, aber auch die Distanz durch den großen Altersunterschied zum Vater.
Die Familiengeschichte und damit der Wandel in der Landwirtschaft und die jeweiligen Auswirkungen auf die Kinder und Eltern der Familie wird im zeitlichen Ablauf dargestellt. Es war sehr lesenswert, zu sehen, welche Entwicklungen sich wie ausgewirkt haben und - das gefällt mir immer sehr, wenn das in Sachbüchern nicht zu kurz kommt - es wurde auch Zitaten und Gefühlen der betroffenen Geschwistern Raum gegeben.

Vieles kam mir bekannt vor, auch wenn mein Mann deutlich jünger als der Autor ist, anderes war mir neu und hat mich sehr berührt - wie das Gefühl der Scham, wenn den Bauernkindern klar wurde, dass sie durch ihre Arbeit stinken und ihre Schulkameraden sie darauf hinwiesen.
Sehr beeindruckt bin ich von der Mutter, die ihrer wirklich großen Kinderschar scheinbar sehr gut gerecht wurde und die alle unterstützt und begleitet hat.

Ich kann das Buch wirklich empfehlen, es vermittelt einen liebevollen und authentischen Blick auf eine Welt, die viele von uns nie kennengelernt haben.
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