Osteuropa-Literatur discussion
Dostojewski "Böse Geister"
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Abschnitt 1
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Habe also doch noch angefangen und hoffe, ich halte das ganze Programm durch. ;-) - Fand gleich auf den ersten Seiten den ganzen Dostojewski in seiner vollkommenen Art "zu erzählen". Herrlich die überschäumende Ironie, in der jede der eingeführten Personen als ein ganz anderer, dem Selbstbild quasi entgegengesetzter Charakter entlarvt wird. Eine klassische Introduktion ohnehin. Man lernt einige Personen kennen, die wohl im weiteren Verlauf noch eine Rolle spielen werden, ahnt aber noch nicht im Mindesten, worum es eigentlich gehen wird. Natürlich hat sich der Autor, der so raffiniert vorgeht, dafür entschuldigt, dass es ihm an Talent zum richtigen Erzähler mangele. Dostojewski ist ein Fuchs und ich bin schon wieder ganz dabei und interessiert, wer nun die Hauptfigur kommender Verwicklungen sein wird. Freu' mich aufs Weiterlesen!
So, jetzt auch mein erster Eindruck... :) Ich war auch gleich von Anfang wieder sehr von der charmanten, ironischen Erzählerstimme angetan... ich mag es sehr, dass der Erzähler auch Teil der Geschichte ist, bin aber gespannt, wie er das löst, wenn die Figuren sich dann im Verlauf vielleicht trennen... ich mag auch dieses Gefühl der Aversion und Zuneigung, dass er gegenüber den Figuren in mir auslöst... irgendwie waren sie mir bei ihrer Einführung alle unangenehm, und trotzdem hat sich dann schnell ein gewissen Mitgefühl bei mir eingestellt (teilweise trifft es "Mitleid" wahrscheinlich sogar besser).
Ein bisschen überfordert fühle ich mich gerade mit der angerissenen Politik, da ich über die Hauptthesen der damaligen Strömungen kaum informiert bin (insbesondere nicht über die russischen Besonderheiten).
Und: Weiß jemand, was der "Große Tag des 19. Februar" ist, der da offensichtlich feierlich begangen wurde? Dazu habe ich weder in meinen Anmerkungen noch bei Wikipedia etwas gefunden...
Ach, ihr habt ja schon geschrieben, Goodreads hat sich am Sonnabend entschieden, mir keine Nachrichten mehr zukommen zu lassen ;-( Ich hoffe, das ändert sich bald wieder.Mir ging es ganz ähnlich, ich mochte diesen ironischen und ausschweifenden Stil sofort, aber mir fehlen ebenso politische Hintergründe. Durch die Biografie, die ich schnell noch im September las, wird die Situation in Russland zu der Zeit etwas klarer, aber ich konnte mir auch nicht so viel merken ;-( Soweit ich es verstanden habe, will Dostojewski in diesem Buch die politische Situation beschreiben, also kann man noch hoffen, dass das Verständnis wächst.
Der Große 19. Februar wird vermutlich der Tag der Aufhebung der Leibeigenschaft durch Alexander II. 1861 sein (bei mir unter Anmerkung 21 zu finden).
Die Unterschiede sind im Land anscheinend gewaltig. Schon in den anderen Büchern war mir aufgefallen, dass die handelnden Personen meist keiner Arbeit nachgehen, wie wir Arbeit kennen. Gut, Stepan ist Erzieher von Warwaras Sohn, aber mittlerweile scheint dieser erwachsen zu sein und Stepan lässt sich aushalten von seiner Gönnerin, die unter einer Art Helfersyndrom leidet, das sich auch an Schatow zeigt, den sie nicht leiden kann, weil er sich nicht unterstützen lassen will. Das gefiel mir gut. Jetzt ist erstmal abzuwarten, wohin sich die Geschichte entwickelt.
Dann melde ich mich auch zu Wort. Wie schon von jeden beschrieben hat mich Dostojewskis ironischer Schreibstil direkt mitgerissen, und ich konnte mich anfangs vor Lachen kaum halten. Ich mag es wie er Charaktere mit all ihren Schwächen und Narrheiten beschreiben kann, ohne sie dabei wirklich zu verurteilen.
Sozusagen als eine Ode an die russische Seele.
Allerdings zog das Tempo ganz schön an, und ich konnte ebenfalls nicht viel mit den ganzen politischen und sozialkritischen Hintergründen anfangen. Es wird vll doch Zeit für mich etwas extensiver in Sekundärliteratur zu stöbern.
Für einen Kenner gab vermutlich viele schöne Anekdoten zu entdecken...


(S. 52) bis ca. 4.10.