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Böse Geister
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Dostojewski "Böse Geister" > Abschnitt 19 Resümee

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Babette Ernst | 1619 comments Abschließende Einschätzungen


Frank (cromus) | 971 comments Ich finde interessant, wie ein in vielerlei Hinsicht (rein technisch!) misslungener Roman, der in sich diverse Spuren mehrfacher Neukonzipierung (Brüche in der Erzählhaltung!) trägt, trotzdem so einen Sog entfalten kann! Obwohl das Ganze absolut nicht befriedigt, fesselt den Leser jede Einzelheit der Binnenstruktur. Jede handelnde Person ist für sich genommen interessant und ein wenig geheimnisvoll/ unverständlich. Deshalb bleibt ihr Handeln überraschend und weil der Leser eben mit diesem Handeln und den daraus folgenden Ereignissen mit fiebert, entrollt sich das Romangeschehen wie das "richtige Leben selbst". Von dessen unverhofften Wendungen sind wir ja auch betroffen ohne ein Ende, ohne einen Sinn zu erkennen. Dem Leser treten Romanfiguren gegenüber, in denen ein unerkannter Rest schlummert, über den nachzudenken ist. Das führt zu viel differenzierteren Haltungen dem Gesamtgeschehen gegenüber, als es gelungene Hollywood- Filme evozieren könnten. Und deswegen hat man am Ende eher das Gefühl "dabei" gewesen zu sein, als dass man über die Brüche im Roman weiter nachdenkt. Den Leser beschäftigen die Schicksale der Personen, ihre Beziehungen und Motive und er sie denkt nicht in den Kategorien von Literatur und Kunst. Ist das Dostojewskis (womöglich unbeabsichtigte?) Meisterschaft?


Babette Ernst | 1619 comments Bevor ich morgen das Buch wieder abgebe, wollte ich diesen Abschnitt auch noch füllen. letztendlich bleibt mir aber nur, deine Sätze zu wiederholen, Frank.
Mir hat dieses Buch besonders gut gefallen, ich denke schon eine Weile darüber nach, warum das so ist. Es hängt mit Sicherheit auch damit zusammen, dass man Dostojewski besser begreift, wenn man mehr von ihm gelesen hat. Aber der Hauptgrund sind seine facettenreichen Figuren, die man nicht endgültig durchschaut und doch meint man, solche Typen zu kennen. Es ist nie endgültig vorgegeben, wie das Geschehen einzuordnen ist, wie wer zu beuteilen (oder verurteilen) ist. Es bleibt genügend Raum für eigene Gedanken und immer wieder neue Überlegungen. Das ist unbedingt meisterlich, bei aller schon erläuterten Unzulänglichkeit.

Abschließend ein großes Dankeschön an Tee&Tacheles für die Anregung dieser Runde. ich freue mich auf das nächste Werk.


Frank (cromus) | 971 comments Dann bis zum nächsten gemeinsamen Leseerlebnis alles Gute! ;-)


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