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Martyr!
07/2025: Leserunden
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18.07. Märtyrer! - Kaveh Akbar
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Ich teile Zeitnah eine Einteilung. Würde es wie bei anderen Leserunden ohne Zeitlichen Rahmen machen so dass jeder in seinem Tempo lesen kann und jeder über seinen Beitrag seinen aktuellen Abschnitt gut erkennbar kenntlich machen kann.

Ich würde einfach mal die folgende Einteilung in den Raum (und zur Diskussion) stellen:
Abschnitt 1: Start - 6
Abschnitt 2: 7 - 11
Abschnitt 3: 12 - 19
Abschnitt 4: 20 - 25
Abschnitt 5: 26 - Ende
Die einzelnen Abschnitte haben (in der englischen Fassung) so ca. 60 - 70 Seiten und ich denke, dass könnte eine ganz gute Länge sein.



Ich glaube, ich habe eine andere Erwartung an das Buch gehabt. Fand den Anfang ehrlicherweise etwas irritierend, weil ich nicht so ganz wusste, was der Autor eigentlich von mir will. Allein die Charakteranlage von Cyrus ist schon unglaublich schräg, aber die Erklärungen finden sich eben auch in dem, was er erlebt hat.
Was mir gefallen hat, sind die unterschiedlichen Perspektiven, die der Autor einnimmt, und auch, dass er (vielleicht nicht ohne Grund) wiederkehrende Motive in den Strängen verarbeitet. (view spoiler) Und bereits jetzt fand ich es an manchen Stellen gar nicht so einfach, ob wir mit Cyrus' Halluzinationen oder der Realität konfrontiert werden.
Und schön, dass man auch Akbars poetischen Hintergrund ganz gut rauslesen kann. Insgesamt freue ich mich schon auf das, was noch kommt - der Roman hat nämlich, denke ich, durch all die Ebenen eine Tiefe, die sehr viel Spielraum für Interpretationen lässt.
Den Anfang find ich bis hierhin schonmal stark.

Was mich besonders beeindruckt hat, ist, wie der reale Flugzeugabsturz mit den fiktionalen Lebenswegen der Figuren verwoben wird. Es hebt das Buch aus dem rein Persönlichen und verankert es politisch und historisch, ohne ins Plakative zu rutschen. Es bleibt literarisch aber man spürt: Es geht um echte Verluste, um echte Wunden.
Und dann die Mutterfigur. Da ist so viel angedeutet, so viel Schmerz, so viel, was ungesagt bleibt. Der Satz auf Seite 54 hat mich echt beschäftigt: „Der Pass, das Gesicht darin, war wertvoll“. Warum? Was macht diesen Pass so bedeutend? Ist es eine Frage von Identität, von Sicherheit oder steckt noch mehr dahinter – vielleicht Schuld oder eine andere Vergangenheit?
Und Onkel Arash … ich weiß noch gar nicht, wie ich den einordnen soll. Auf Seite 60 wird er „der Engel“ genannt und die Geschichte dahinter ist schon heftig. Die Szene mit der Schwester am Ende des sechsten Kapitels hat mich ehrlich gesagt ziemlich verwirrt. Aber auch da frage ich mich, ob er einfach nur ein einzelner, kaputter Mensch ist oder ob er für etwas Größeres steht.
Und dann natürlich die große Frage: Was bedeutet eigentlich „Märtyrer“ in diesem Buch?
Der Roman stellt viele Fragen und gibt kaum klare Antworten. Aber genau das macht ihn bisher so spannend. Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich all diese Ebenen weiter entfalten.

Die Passage von Onkel Arash als "Engel" hat mich sehr schockiert und zugleich berührt; spätestens ab da habe ich mich gefragt, inwiefern der Roman auch autobiographische Elemente enthält, weil so viele der Charaktere im Buch zwar absurde Dinge erleben es dennoch auf mich authentisch wirkt.
Mir gefallen auch besonders die Traumpassagen von Cyrus, wo er zum Beispiel seine Mutter und Lisa Simpson in einen Dialog bringt; für mich wirkt es ein wenig wie eine Form der Traumaverarbeitung und ein kreatives wie auch sicherlich hilfreich Tool um mit solch schweren Verlusten besser klar zu kommen.

Ich bin bis jetzt extrem begeistert. All diese Perspektiven und kaputte Suchtkranke Characktere verbunden mit dem reallen Flugzeugabstuz und dabei die Absurdität eines Gepräch zwichen Lisa Simpson und der Mutter und generell Cyrus Lebens macht das ganze unglaublich spannend. Ich freue mich richtig weiterzulesen.
Es ist das erste mal seit langem das ich auch das Bedürfniss habe mein Bleistift beim lesen in greifbarer Nähe zu haben, weil doch viele Textpassagen und Aussagen einem zum Nachdenken bewegen.
Das Buch liesst sich sehr gut auf englisch, falls der/die eine oder andere/r überlegt es doch im Orginalen zu lesen

Besonders gefallen haben mir die Begegnungen zwischen Cyrus und Orkideh. Sie brachten eine ganz neue Ebene ins Buch, und zugleich eine gewisse Leichtigkeit, weil kurz einmal die komplexen Verstrickungen der Vergangenheitserzählungen außen vor gelassen werden konnten. Mir kam auch gleich die Parallele zu Marina Abramovic und 'The Artist ist present' in den Kopf. Habt ihr dazu auch eine Verbindung beim Lesen gesehen?

Die Idee finde ich cool dass du die zu den genannten Personen recherchiert hast. Jean d'arc kenne ich noch aus dem Geschichtsunterricht, die anderen erwähnten habe ich schon wieder vergessen. An welcher Stelle wurden die nochmal genannt?

Ich habe den dritten Abschnitt auch beendet. Hier wird nun auch etwas mehr auf den Hintergrund der Mutter Roya eingegangen. Auch wenn mich der Charakter neugierig macht, weil er so ambivalent dargestellt wird, merke ich, dass mich dieser Handlungsstrang bisher nicht so in seinen Bann zieht wie so manch anderer im Buch.
Mich haben auch in diesem Abschnitt die Begegnungen zwischen Orkideh und Cyrus am meisten begeistert; mir fällt zunehmend auf dass ich den Schreibstil des Autors einfach sehr mag und er Situationen auf eine Art beschreibt, dass sie mir gut vorstellbar und authentisch vorkommen.
Bei der Geschichte von Arash die hier nochmal detaillierter beschrieben wird bleibt mir nach wie vor der Mund aufstehen; ich bin weiterhin sprachlos, was der Krieg für absurde "Missionen" schafft...
Zuletzt fand ich noch die Fabel des Interludes interessant, in der es um Ferdowsi, den größten Dichter von Tus geht, der seinem König ein ewig langes Lobeslied schreibt und dann nicht die Entschädigung erhält die ihm eigentlich zusteht. Ich konnte retrospektiv das Kapitel noch nicht so gut in die restliche Handlung einbinden; was waren denn eure Assoziationen dort?



Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Die unterschiedlichen Perspektiven, erörtern von Suchtproblemen, Migration und Iranischer Kulter sind sehr spannende Themen, und dann der Twist mit der Mutter war super.
Ich habe nicht ganz den letzten Kapitel verstanden. Alles ist plötzlich surreal, dass ich erst dachte Cyrus wäre in einem Drogenrausch, aber die Theorie lässt sich nirgends meiner Meinung nach bestätigen. Ist er etwa tod und hat Selbstmord begangen an einer Stelle und wir lesen nur einen letzten Traum?
Das einzige womit ich schwierigkeiten hatte war das deuten der Gedichte, weil hier doch mir die Sprachkenntnisse ein bisschen fehlten. Werde es definitv nochmal lesen und weiter empfehlen

Bei mir sind es am Ende solide 4 Sterne geworden. Für mehr empfand ich tatsächlich den Anfang - also bei uns die ersten beiden Abschnitte - zu verwirrend und auch ehrlicherweise habe ich auch das Gefühl, dass Akbar hier mehr Handlungsstränge aufgemacht als er am abgeschlossen oder zumindest eingeordnet hat.
Für mich lag die Stärke des Buches tatsächlich im letzten Drittel. Auch, wenn ich seinen Schreibstil, die Poetik, die darin steckt, über den gesamten Verlauf des Buchs wirklich mochte, hat sich für mich erst hier irgendwie der Knoten gelöst. Ab der Zeit, in der er in Brooklyn ist und die Gespräche mit Orkideh führt, fühlte sich das weniger sperrig und - obwohl der Roman krass konstruiert ist - eben überhaupt nicht so an.
Bezüglich der Endszene @Matthias:
(view spoiler)
Start: 18.07.2025
Wunsch von Matthias
Mitleser/innen: Julia, Poca, Tom
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