6 Wege, Datenjournalismus zu kommunizieren (Die umgekehrte Pyramide des Datenjournalismus Teil 2)

Datenjournalismus: Daten kommunizieren Visualisiern Erzählen Herunterbrechen Personalisieren Audiolisieren/materialisieren Nutzen bieten

Die umgekehrte Pyramide des Datenjournalismus bildet den Prozess der Datennutzung in der Berichterstattung ab, von der Ideenentwicklung über die Bereinigung, Kontextualisierung und Kombination bis hin zur Kommunikation. In dieser letzten Phase – der Kommunikation – sollten wir einen Schritt zurücktreten und unsere Optionen betrachten: von Visualisierung und Erzählung bis hin zu Personalisierung und Werkzeugen.

(Auch auf Englisch und Spanisch verfügbar.)

1. Visualisieren

Visualisierung kann ein schneller Weg sein, die Ergebnisse des Datenjournalismus zu vermitteln: Kostenlose Tools wie Datawrapper und Flourish erfordern oft nur, dass du deinen Daten hochlädst und aus verschiedenen Visualisierungsoptionen auswählst.

Richtig eingesetzt, kann eine Visualisierung das Engagement deutlich steigern – doch Geschwindigkeit garantiert keine Qualität. Das Aufkommen von „Chartjunk“ – also überflüssigen grafischen Spielereien, die vom Inhalt ablenken – zeigt, dass Visualisierung genauso anfällig für oberflächliche Effekte ist wie andere Formen des Journalismus.

Es gibt eine lange Tradition hilfreicher Prinzipien aus der Print-Visualisierung, die auch für Online-Diagramme, Karten und Infografiken relevant bleiben:

focussiere auf wenige, relevante Datenpunkteverzichte auf 3D-Effektestelle sicher, dass die Grafik auch ohne zusätzlichen Text verständlich ist Junk Charts trifecta checkup:What is the practical question? What does the data say?What does the chart say? Kaiser Fungs Trifecta

Eine hilfreiche Orientierung bietet Kaiser Fungs sogenanntes Trifecta Checkup. Dieses Modell hilft dabei zu prüfen, ob eine Datenvisualisierung gut funktioniert.

Viele Redaktionen haben zudem eigene Leitfäden entwickelt – von der FTs Visual Vocabulary über das BBC Visual and Data Journalism Cookbook bis zum Audiences Tableau Style Guide. Auch Fachautorinnen und -autoren wie Dona Wong (The Wall Street Journal Guide to Information Graphics) oder Alan Smith (How Charts Work) liefern wertvolle Tipps.

Visualisierung kann extrem wirkungsvoll sein – doch gerade deshalb ist es wichtig, strategisch vorzugehen und etwa sicherzustellen, dass jede Grafik einen Link zur Quelle enthält.

2. Erzählen

Das Prinzip „Weniger ist mehr“ gilt beim Schreiben über Daten ebenso wie bei der Visualisierung.

Entscheide vorab, welche Zahlen für deine Geschichte am wichtigsten sind.In manchen Fällen – etwa bei einer reinen Fallstudie – können Zahlen ganz entfallen.Faustregel: Setze nur das absolute Minimum an Zahlen pro Absatz ein. Bei mehr Zahlen lohnt sich eine Tabelle oder ein Diagramm – oder ein Link zu den vollständigen Daten.Mische Absätze mit Zahlen immer mit Absätzen, die Zitate oder Hintergrundinformationen enthalten. So vermeidest du Monotonie.

Zahlen zeigen, was passiert – gute Geschichten zeigen aber auch, warum es passiert (durch Expertinnen und Experten) und warum es relevant ist (menschliche Auswirkungen). Große Zahlen beeindrucken, können aber ohne Kontext leer wirken. Folgende Fragen helfen dir, Kontext zu bieten:

Ist die Zahl ein hoher Anteil am Ganzen?Liegt sie über dem Vorjahr oder im Vergleich zu anderen Orten?Wofür würde der Betrag ausreichen?

Mach Zahlen greifbar, indem du sie pro Person oder pro Tag umrechnest.
Und kürze konsequent: Wichtig ist nicht, wie aufwendig die Datenerhebung war, sondern wie relevant die Zahl für die Geschichte ist. paar Zahlen enthält, sollten Sie ihn aufteilen oder stattdessen eine Tabelle oder ein Diagramm einfügen, damit der Leser diese Zahlen außerhalb des Artikelflusses erkunden kann (Sie können auch zu den vollständigen Daten verlinken).

Allgemeiner gesagt: Versuchen Sie, Absätze über Daten mit Absätzen zu mischen, die Zitate oder Hintergrundinformationen enthalten – diese Abwechslung hilft zu verhindern, dass die Geschichte monoton wird.

Denken Sie auch daran, dass Zahlen uns zwar sagen können, was passiert, aber eine gute Geschichte sollte sich auf Menschen konzentrieren, um zu erforschen, warum diese Zahlen wichtig sind (was sagen Experten), und warum wir uns kümmern sollten (was sind die menschlichen Auswirkungen).

Wie bei jeder Geschichte ist es wichtig, über die Aussagekraft der verwendeten Zahlen und Ihre Ziele bei deren Kommunikation nachzudenken. Große Mengen können beeindruckend sein, aber sie können ohne Kontext auch bedeutungslos sein. Ist diese Zahl ein großer Anteil des Gesamten? Ist sie höher als in den Vorjahren oder als bei anderen Organisationen oder Orten? Wofür würde dieses Geld reichen?

Mach Mengen vorstellbare: Rechne sie pro Person oder pro Tag um, damit deine Leser sich etwas darunter vorstellen können.

3. Herunterbrechen Guardian Datastore Flickr group

Das Kommunizieren von Inhalten hat eine soziale Dimension – sie zeigt sich nicht nur in der Sprache und den Bildern, sondern steckt oft schon in den Daten selbst.
Ein Beispiel dafür ist The Guardian: Rund um den Data Blog und die API hat sich eine lebendige, engagierte Community gebildet. Auch Crowdsourcing-Projekte zur Datensammlung, wie das MPs’ expenses-Projekt, haben gezeigt, wie Daten durch gemeinsames Handeln an sozialer Bedeutung gewinnen können.

Das Web eröffnet neue Wege für datenjournalistische Formate mit starkem Community-Bezug – von Anwendungen wie derjenigen von ProPublica, die Ergebnisse anhand des eigenen Facebook-Profils anzeigen, bis hin zu Angeboten, die auf Quiz, gemeinsames Teilen, Wettbewerb und Zusammenarbeit setzen.
Noch stehen wir hier ganz am Anfang – das Potenzial ist enorm.

4. PersonalisierenDiese Broadcast-Datenjournalismus-Geschichte setzt auf die menschlichen Geschichten

Gerade bei Radio und TV helfen Fallstudien und Personalisierung, zahlenbasierte Geschichten verständlicher zu machen. Vermenschliche die Zahlen: Ein Interview mit einer betroffenen Person kann mehr Wirkung entfalten als jede Statistik.

Computergenerierte Animationen machen es leichter, komplexe Zusammenhänge zu illustrieren. Doch ohne persönliche Bezüge bleiben viele Zahlen zu abstrakt.

5. Sonifikation/materialisierung von Daten

In Radio- oder Podcast-Formaten, in denen keine Grafiken möglich sind, lassen sich Daten als Klänge darstellen (Sonifikation) – das macht Inhalte oft leichter verständlich. Zum Beispiele:

Planet Money: „U.S. Home Prices, Sung As OperaThe World: Musik, um Schwärzungen in einem Bericht zu veranschaulichenReveal: Erdbeben-Statistik in Sound übersetzt

Der Podcast “Loud Numbers” nutzt die Technik in jeder Folge für Geschichten von Kanadas Waldbrandsaison über Bierverkostung bis zur US-Wirtschaft. Er hostet auch eine Community für “Sonifizierer”. Tools zur Umwandlung von Daten in Musik findest du im Data Sonification Toolkit.

A pile of rice with the label Eine Ausstellung von Stan’s Cafe, die mit Reis “Heuschnupfen-Betroffene in England” physisch darstellt.

Daten lassen sich in etwas Handfestes verwandeln. Bei der sogenannten Materialisierung werden sie zu einem realen Objekt. Zum Beispiel zu einem Armband, einer Installation oder einer Skulptur. So können auch Reiskörner die Weltbevölkerung symbolisieren oder gehäkelte Figuren eine Datengeschichte erzählen.

6. Nutzen bieten Screenshot einer Amazon-Suchseite für Badesalz, bei der das erste Ergebnis (Solimo Epson Salt) von der orangen Markierung der Brand Detector App umgeben ist. Über dem Bild im Ergebnis befindet sich ein kleines The Markups Amazon Brand Detector ist eine datengesteuerte Browser-Erweiterung, die erkennt, wo Amazon seine eigenen Produkte bewirbt.

Datenjournalismus kann in Tools übersetzt werden: Rechner, Zähler, Browser-Erweiterungen oder Spiele.

Bei Haushaltsanalysen können Nutzerinnen und Nutzer ihre eigenen Daten eingeben.Bei geografischen Themen zeigt eine Karte, wie sich ein Phänomen lokal auswirkt.Wahl-Quizzes helfen, Positionen zu vergleichen.

Mobile Geräte und soziale Plattformen ermöglichen zusätzliche Personalisierung – etwa durch GPS-Standort oder Profilverknüpfungen.

Can we go beyond ‘Share on Facebook’?
Ein Medium im Wandel

Im Datenjournalismus steckt noch grosses Potenzial:

Die Auswahl passender Fallstudien lässt sich gezielter und vielfältiger gestalten.. Das Publikum kann stärker eingebunden und dauerhaft begeistert werden. Die Möglichkeiten der Gestaltung werden noch nicht optimal eingesetzt.Redaktionen setzen bislang nur selten auf Sonifikation.Auch die Materialisierung steckt noch in den Anfängen.

Wenn du spannende Best-Practice-Beispiele oder Forschung zu diesen Themen kennst, teile sie gern in den Kommentaren oder direkt mit mir auf LinkedIn.

Übersetzt mit Hilfe von Alexandra Stark

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Published on November 03, 2025 04:24
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