Armin’s Reviews > Der Alterthümler: Ein Roman (Classic Reprint) > Status Update

Sollte eigentlich bei Halbzeit pausieren, aber Lovels Flucht durch die Geheim(ein)gänge der Klosterruine und das Belauschen des Schwindels, mit dem der ebenso adelsstolze wie strohdumme Vater seiner Angebeteten endgültig ruiniert werden soll, zog mich schnell übers erste Kapitel von Teil 2 hinweg.

Gibt inzwischen brillante Essays, die E.M. Forsters Betriebsblindheit bei der Analyse des Altertümlers entlarven, aber, wie ich, erst mal durch die Ungerechtigkeit neugierig auf Scotts Lieblingsroman geworden sind, in dem so gut wie alles parodiert wird, für dessen Verherrflichung Mark Twain und Co den vermeintlichen Romantiker gerupft haben. Bis ich mich dem Urteil 1. postmoderner Roman anschließe, dauerts noch.

Wer hätte das gedacht, dass so ein schnarchnasiges Provinzidyll um ein paar Käuze und eine, aktuell noch, aussichtslose Liebesgeschichte eine größere Sogwirkung entwickelt als das Drama um einen abgebrannten Agenten in Afghanistan, der ein Massaker vertuschen soll und dabei seine humanitäre Ader entdeckt? Allerdings wirkt Scotts Personal lebensechter, während bei TRS zu oft Weihnachten und Ostern auf dens. Tag fällt.

Im Vergleich zum gut 50 Jahre älteren Rousseau wird deutlich, wieso Balzac Scott als Türöffner zu einer realitischeren Literatur gesehen hat.
Bei Julie ist alles Haltung und allerbeste Absichten, Scotts Käuze treiben sich aus Rechthaberei oder hochadliger Haltung zu allerlei halsbrecherischen Narrheiten. Tatsächlich sind Balzacs Gestalten mehr Prinzip als die pittoresken Alltagsgestalten seines Vorbilds oder Anregers

Scotts Lieblingsroman wurde von E.M. Forster Aspects of the Novel so ziemlich gerupft, war aber trotzdem immer ziemlich neugierig auf das Werk. Bis jetz viel Charakterkomik und allerlei Originale von denen sich wohl auch Dickens inspirieren ließ. Man folgt gern der sanften Sogwirkung aufs Land und in das vergruschtelte Kabinett des Altertümlers.