All My Friends Are Fictional’s Reviews > Unentdeckt: Roman > Status Update

“Hören wir nie auf zu suchen, was wir waren,
um zu werden, was wir träumen.
In einer Bewegung weg von der Grenze,
diesem Ort zwischen Leben und Tod,
wo ein rechter Abgeordneter die Polizei umarmt.
Europa, in ihren Ländern schießt du auf sie,
in deinen Kolonien schießt du auf sie,
im Wasser schießt du auf sie,
an den Grenzen schießt du auf sie, […]
du schießt in ihr Herz.”

“Jetzt bin ich es, die verloren ist. Das ist die Sackgasse. An diesem Baum gibt es keinen Ast, an dem ich schaukeln könnte. Ich kann es nicht einmal an dem kleinen Bäumchen, das ich mit der Liebe zweier anderer Menschen selbst gesät habe, denn ich bin eine schlechte Gärtnerin, ich habe es mit Säure gegossen, und es ist vertrocknet und mickrig. Auch ein Nachname gibt keine Sicherheit.”

“Es ist furchterregend, aber Eifersucht stirbt erst mit dem Körper. Ich weiß nicht, wie oft ich sterben wollte, um sie nur loszuwerden.
[…] Meine Vertrauenskrisen sind anhaltend, und es genügt mir nicht, dass sie mir versichern, dass sie nicht das tun. Ich weiß, dass meine Zerbrechlichkeit sie forttreibt. Ich weiß, dass mein Weinen sie abkühlt. Ich weiß, dass meine Angst sie verstümmelt.”

“Ich glaubte, eine Macht zu besitzen - nicht die Macht, mehr als einen Menschen zu lieben und zu begehren, das tun ja alle, sondern die, mit Hingabe diese beiden Dimensionen der Liebe zu verbinden, mit all ihrer unterschiedlichen Intensität und Schönheit, ohne fliehen zu müssen, ohne jemanden verlassen zu müssen […]. Aber ich habe diese Macht nicht, und wenn ich sie je hatte, habe ich sie verloren.”

„So wie ich zu spät gekommen bin, verschwand ich eines Tages. Migrantin zu sein heißt auch, ein Doppelleben zu führen. Es heißt, mit einer Augenklappe zu leben. Es heißt, ein Leben anzuhalten, um im anderen zu funktionieren. Die Trauer überwinden, das steht jetzt an, ein Flugzeug nehmen und die Trauer verlassen. Um mich einer anderen Trauer zu stellen und der Ratlosigkeit diesen Kummer hinzuzufügen.“

„Die Fiktion des Vaters könnte sich in die non-fiction der Tochter verwandeln, die Autorin nichtfiktionaler Texte ist. Die Lüge gibt den Impuls, gewisse Wahrheiten zu suchen. Wie kommt man dorthin? Wie konnte er? Von welchem Geist war er besessen? Es sind Fragen der Verblüffung, eigentlich eher ein Stammeln.“

«Der Mutter die Schuld zu geben, war bei Kindesraub immer eine gute Strategie. Ob es nun ein Vater tut, der demokratische Staat oder eine Diktatur, egal, ob es in Käfigen an der Grenze Amerikas geschieht oder ob man migrantischen Müttern an den Küsten Europas das Sorgerecht entzieht. Als suche eine Mutter mit der Überquerung des Meeres oder der Grenze den Tod und nicht das Leben.»

«Sein Wüten ist so grotesk, dass man schon wieder drüber lachen kann. Wenn er für irgendwas Talent hat, dann fürs Beleidigen, würde ich sagen. […] Es gibt Schriftsteller, die der Welt Schönheit geben, und andere, die ihr ihre Hässlichkeit ins Gesicht schreien. Wenn es nur diese beiden Möglichkeiten gibt, dann ist Wiener wohl kein Autor, er ist der Troll einer ganzen Zivilisation.»

„Wie sehr muss Papá meine Mutter geliebt haben, dass er kein neues Leben mit der anderen Frau anfing, die er liebte. Wie sehr seine Geliebte, dass er sie nicht verließ, um ganz bei der Gefährtin seines Lebens zu bleiben. Und auch: Wie lieblos können wir sein, während wir glauben, dass wir lieben. Mir gefällt der Gedanke, dass sich die beiden Lieben in seinem Herzen nicht ausschlossen […].“

„Immer schien er unter der Liebe zu leiden. Er war ein gequälter Liebender, der bei seiner Geliebten nie fand, was brauchte: Sicherheit und Verlangen. Er litt furchtbar unter ihrem Verrat, ihrer Gleichgültigkeit oder ihrem erratischen Verhalten. Vielleicht war es auch nur das Abbild einer Phase, die schon in Auflösung begriffen war, so wie jede Verliebtheit […]. Ich werde es nie erfahren.“